Historienfilm

Soundtrack für einen Staatsstreich

Mit schwungvollem Agitprop-Gestus verbindet Soundtrack für einen Staatsstreich den Unabhängigkeitskampf des Kongos mit dem Jazz der 60er und den globalen Wirren des Kalten Krieges. Johan Grimonprez’ Dokumentarfilm ist dabei nicht immer souverän, aber auf charmante Art undidaktisch. Filmkritik 

Der Lehrer, der uns das Meer versprach

Gelebte Kleinstadtsolidarität in Sepia gegen die matte Traurigkeit der Gegenwart. In Patrizia Fonts Der Lehrer, der uns das Meer versprach über einen freigeistigen Dorfpädagogen während des spanischen Bürgerkriegs sind die Gegensätze etwas arg grob gezeichnet. Filmkritik 

Der Graf von Monte Christo

Alles funkelt, atmet, malt und spielt. Den Theater- und Filmregisseuren Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte gelingt mit Der Graf von Monte-Cristo ein klassischer Abenteuerfarbfilm mit Feingefühl und Tiefgang. Filmkritik 

Das Mädchen mit der Nadel

MUBI: Charles Dickens trifft David Lynch. Magnus von Horns Film erzählt von einer berüchtigten historischen Serienmörderin, stellt sie aber keineswegs als durchgeknallte Perverse dar. Vielmehr übersetzt sich die Brutalität, die Arbeiter im Kopenhagen des frühen 20. Jahrhunderts tagtäglich erfahren, in den Mord an Kleinstkindern. Filmkritik 

Gladiator II

Auch im Nachfolger zu seinem 2000er-Hit interessiert sich Ridley Scott für Todessehnsucht, blutige Weltlichkeit und den Kampf für die Tugend. Gladiator II wartet mit Seeschlachten im Kolosseum und Denzel Washington im Rampensau-Modus auf, verliert jenseits des Spektakels aber auch immer wieder an Fahrt. Filmkritik 

The Substance

Neu auf MUBI: Nehmt Kotztüten mit. In The Substance wagt eine alternde TV-Moderatorin eine experimentelle biomedizinische Verjüngungskur. Coralie Fargeats Film kombiniert deftigen Body Horror mit enormer Kinetik und klaustrophobischen Effekten. Filmkritik 

Made in England: The Films of Powell and Pressburger

Halb als persönliche Erinnerung, halb als pädagogische Handreichung widmet sich Martin Scorsese den bis ins Abgründige schillernden Filmen von Michael Powell und Emeric Pressburger. Made in England feiert ein Kino, das sich selbst genug liebt, um sich auszustellen. Filmkritik 

Ferrari

Neu auf Amzaon Prime: Hindernissen ausweichen, Kollateralschäden vermeiden. Michael Manns Ferrari ist ein Action-Melodram über einen, der die Technik beherrscht, von Gefühlen aber überfordert ist. Filmkritik 

Gloria!

Margherita Vicarios Film über eine katholische Musikschule für Waisenmädchen 1800 in Venedig ist nicht vom Bild, sondern von der Musik aus gedacht. Trotzdem bleibt Gloria! in einem filmischen Sicherheitsnetz hängen. Filmkritik 

Des Teufels Bad

Agnes betet, dass sie ein Kind bekommt – doch weder ihr Mann noch Gott erhören sie. Des Teufels Bad inszeniert eine Geschichte aus dem 18. Jahrhundert als düsteren Folk Horror zwischen Religion und Wahnsinn, Glaube und Gewalt. Filmkritik 

Hanussen

Neu auf Blu-ray: Die Machtergreifung in der Glaskugel. István Szabós Biografie über den in den 1930er Jahren populären Hellseher erzählt vom langsamen Gleiten in den Abgrund. Dabei erscheint Hanussen (1988) manchmal harmlos versöhnlich, und manchmal voller giftiger Widerhaken. Filmkritik 

The Zone of Interest

Jonathan Glazer befreit Martin Amis’ Roman von allem fiktionalen Ballast und widmet sich ganz dem Alltag eines NS-Lagerkommandanten und seiner Frau. The Zone of Interest ist eine Studie über die Banalität des Bösen, die ihr eigenes Konzept immer wieder aufbricht. Filmkritik 

Air - der große Wurf

In Ben Afflecks Film über den ikonischen Basketballschuh spielt Matt Damon einen Apostel mit Plauze, der in Michael Jordan seinen Messias findet. In der religiösen Erweckungsgeschichte zwischen MTV und Adam Smith schwingt dabei stets eine ironische Note mit. Filmkritik 

Der vermessene Mensch

Wessen Geschichte wird erzählt, wer kommt aufs Filmplakat? In Der vermessene Mensch widmet sich Lars Kraume deutschen Kolonialverbrechen in Namibia – und muss sich auf der Premiere kritische Fragen anhören. Filmkritik 

Die Fabelmans

Auf den ersten Blick erzählt Die Fabelmans von einem jungen Filmemacher und seiner Lust am bewegten Bild. Doch die dahinterstehende Auflösung einer Familie macht den Film zu einem der ernsthaftesten und emotionalsten Werke Steven Spielbergs. Filmkritik 

Seneca

Seneca als nervtötendster Philosoph aller Zeiten, sein Schüler Nero als machtgeiles Riesenbaby und „Mr. President“: Robert Schwentkes Film mit John Malkovich ist am politischsten, wenn er Quatsch macht, und wirkungslos, wenn er politisch wird. Filmkritik 

Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Jeder muss sein altes Leben hinter sich lassen. Emily Atef begibt sich auf einen ostdeutschen Bauernhof im Nachwendesommer und sucht nach so großen Gefühlen und Wendungen, wie es sie nur im Kino gibt. Das Wunder ist, dass das wirklich hinhaut. Filmkritik 

Unruh

Klassenkampf in der Uhrenfabrik: Cyril Schäublin unternimmt eine Reise in das Schweizer Jura der 1870er Jahre und trifft dort auf Anarchist Piotr Kropotkin. Unruh versteckt die historische Brisanz im Beiläufigen und hat Close-ups vor allem für Uhrengehäuse übrig. Filmkritik 

Verlorene Illusionen

Ein ambitionierter Dichter verliert schon zwei Jahrhunderte vor der Fake-News-Debatte den Glauben an die Integrität des Journalismus. Xavier Giannolis Balzac-Verfilmung Verlorene Illusionen versprüht Routine, wäre aber eigentlich gern so wild wie der Wolf of Wall Street. Filmkritik