Tatort: Schwarzes Wochenende – Kritik

Ein Fass, das ständig überzulaufen droht: In Dominik Grafs, im trüben Ruhrpott angesiedelten Schimanski-Tatort Schwarzes Wochenende gehen westfälische Möbelfabrikanten aufeinander los.

Der Duisburger Kriminalhauptkommissar Horst Schimanski (Götz George) hat wahrlich ein düsteres Wochenende. Am Freitag schon musste er auf einem Bürohausdach miterleben, wie sich ein verzweifelter Angestellter vor ihm mit einer Handgranate in die Luft sprengte. Seine beigefarbene Jacke war daraufhin völlig blutbespritzt und kommt sofort in die Reinigung – das Leben muss schließlich weitergehen. Seelisch scheint es den raubeinigen Cop aber durchaus mitzunehmen, gibt er sich doch erstmal in seinem Hotelzimmer die Kante und tritt weg. Während seines unruhigen Schlafs holen ihn nicht nur die Ereignisse des verpatzten Polizeieinsatzes wieder ein, die Traumschnipsel vermengen sich gleich mit seinem nächsten Fall.

Gegen fünf Uhr nachts fallen Schüsse vorm Hotel, jemand läuft davon. Aufgewacht ist Schimanski davon nicht, hat es aber, wie er später immer mehr kapiert, halbbewusst mitgeschnitten. Am nächsten Morgen wird er unterkühlt von seinem Kommissarkollegen Thanner (Eberhard Feik) empfangen, der einen noch opulenteren und ungleich gepflegteren Schnauzer trägt als er. Klar ist hier bereits, dass ein älterer Herr, Heinrich Hencken, regelrecht exekutiert wurde. Schnell deutet alles auf eine Fehde zwischen zwei konkurrierenden westfälischen Möbelfabrikanten-Dynastien hin. Die Möhlmanns – während des Films verstehe ich konstant Müllmanns – haben Dreck am Stecken und sind von Anfang an darauf bedacht, jeden Verdacht zu zerstreuen. Und auch der alte Hencken war wohl kein Heiliger. Schimanski sucht die Möhlmanns auf, dort ist auch schon Siggi Hencken, der Sohn des Ermordeten. Hubert Möhlmann, seinerseits der Sohn des Patriarchen Heinz, knallt Siggi unter großem Drama ab, als dieser loslegen will, von den Machenschaften der verfeindeten Familie zu erzählen. Der zweite Tod binnen kurzer Zeit, den Schimanski mit ansieht und nicht verhindern kann. Schlimmer geht es wohl kaum.

Die zahllosen Wendungen, die der Krimiplot über das Wochenende hinweg nimmt, kann man schlecht nacherzählen. Es wird jedenfalls verworren; jeder hat gefühlt mit jedem eine offene Rechnung oder gemeinsame Vergangenheit (die Möbel-Mogule sind etwa alte Nazi-Kumpane). Mal geht es um verflossene Liebe und gekränkten Stolz, mal um Geldgier und Holding-AGs. Wenn dieses 80er-Duisburg nicht so von rauchenden Schornsteinen, Waschbeton-Einkaufszonen und charakterlosen Reihenhäusern geprägt wäre, könnte man sich bei diesem Intrigen-Wirrwarr fast wie in einem Noir von Dashiell Hammett fühlen.

Der massige, latent prollige Schimanski ist aber auch zu wenig Stratege, um einen dieser klassischen hardboiled detectives abzugeben. In Schwarzes Wochenende (1986) gleicht er eher einem Fass, das ständig überzulaufen droht. Wenn ihm eine Antwort nicht passt, schreit er rum, haut auf den Tisch, donnert Sachen in die Ecke, reißt gerne Türen auf oder schlägt sie ebenso impulsiv zu, springt durch klirrende Motelfenster.

So wie Götz George permanent rotiert, so stellt auch die Kamera einen konstanten Fluss durch die Büro- und Wohnräume her. Ganz in illusionistischer Genremanier macht sie aber nie durch Kunststückchen auf sich aufmerksam, ist ganz registrierendes Instrument. Der Ton lappt hingegen gerne von einer Szenerie in die nächste über und gibt per Polizeifunk schnell mal handlungsrelevante Informationen weiter. Grafs Spaß an einem dynamischen Storytelling, das sich den Senderdirektiven fügt und sie gleichzeitig mit unorthodoxen Einfällen herausfordert, hat sich offensichtlich von den 80ern bis heute gehalten. Man muss es sich nochmal vergegenwärtigen: ein Thriller, der von Möbelfabrikanten und mies gelaunten Ermittlern bevölkert ist. In dieser trüben Welt gibt es eigentlich nur an zwei Stellen ehrliche Gefühle: zwischen Schimanski und seiner resoluten Freundin und zwischen einem Möchtegern-Reporter und seinem felligen Riesenhund.

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