VoD à la carte : Empfehlungen für Netflix, Amazon Prime und Maxdome im April

Mit monatlichen Empfehlungen bieten wir zukünftig eine Orientierungshilfe für den Video-on-Demand-Dschungel. Im April haben wir dafür unter anderem Filme von John Hyams, David Cronenberg, Hubert Frank, Leo McCarey und Jerzy Skolimowski ausgewählt.


Netflix

Spring Breakers

Das amerikanische Portal Netflix ist vor allem wegen seiner Eigenproduktionen – Serien wie House of Cards, Orange is the New Black oder Sense8 – bekannt. Es gibt dort jedoch auch eine kleinere Auswahl überwiegend aktueller Filme, die Sehenswertes bereithält. Im April steht zum Beispiel der bizarre Spring Breakers (2012) auf dem Programm, in dem es sich der amerikanische Regisseur Harmony Korine zur Aufgabe gemacht hat, sein Heimatland vorzuführen. Frédéric Jaeger sah darin eine „rohe Girls gone wild-Exploitation“, eine „Fetischisierung von Partys, Sex und Gewalt, gepaart mit ein wenig postmoderner Satire“. Er schreibt: „Spring Breakers ist natürlich eine Medienschelte, aber eine, die sich der Regression ad infinitum bewusst ist: Was die Bilder der amerikanischen Jugend angeht, stellt sich die Frage nach Henne und Ei nicht mehr. Insofern ist es auch folgerichtig, dass Korine nicht die Ästhetik bricht, sondern sich in ihr suhlt. Und tatsächlich sehen diese Aufnahmen der jungen Mädchen, die für und im Florida-Party-Urlaub zu Gangsterinnen werden, bombastisch aus.“

Godzilla

Ebenfalls angeboten wird Gareth Edwards’ Godzilla (2014), der trotz des großen Spektakels, das er ist, stets stilsicher und geschichtsbewusst bleibt und dabei auch angenehm eigenwillig Prioritäten setzt. Michael Kienzl schreibt dazu: „Mit einer Mischung aus Scheu und Anerkennung treffen sich die Blicke von Kreatur und Mensch, wobei diese Kategorien eigentlich unerheblich sind, weil es für den Film ohnehin nur empfindsame Wesen gibt.“ Im Hinblick auf Edward’s Indie-Hit Monsters (2010) überrasche es nicht, dass die Gefühlswelt der Protagonisten eine ungewöhnlich große Rolle spiele, wobei die größte Attraktion die Monster blieben: „Toll sehen sie aus diese Kreaturen, die ihren japanischen Vorbildern treu bleiben und dabei doch einem zeitgemäßen Design entsprechen.“

Universal Soldier Day of Reckoning

Außerdem bietet sich auf Netflix die Möglichkeit, John Hyams’ ambitionierten Action-Kracher Universal Soldier: Day of Reckoning (2012) zu sehen, den Sebastian Selig in seiner Rezension als „Kino aus einer anderen Welt“ bezeichnet: „Ein gewaltiger Kraftakt. Ein die Grenzen des Bewegtbildes mit hypnotischen Mitteln neu auslotendes Meisterwerk. [...] Ein Film, wie es ihn so noch nicht gegeben hat. Auch wenn er, je nach Lesart, bereits Teil 4 (oder auch 6, rechnet man die beiden Kabelfernsehfilme dazu) einer Serie über amerikanische Zombie Krieger/Kampfmaschinen/Befehlsempfänger ist, die einst unter der Regie von Roland Emmerich Anfang der 90er im Kino ihren scheinbar überschaubaren Anfang nahm, um dann vor zwei Jahren durch John Hyams dahin aufzusteigen, wo die Luft dünn wird.“

Amazon Prime

Love Affair 1

Bisher ist es leider noch weitgehend ein Versäumnis der Video-Portale, neben neueren und größeren Produktionen auch Historisches in ihr Sortiment aufzunehmen. Bei Amazon Prime findet man zumindest einige klassische Hollywood-Filme, etwa Leo McCareys unbedingt empfehlenswerten Ruhelose Liebe (Love Affair, 1939), der elegant von der hohen Kunst McCarey’scher Situationskomik zu einem ergreifenden Melodram wechselt, das einem das Wasser in die Augen treibt. Alles beginnt mit einer unverbindlichen Romanze auf einem Kreuzfahrtschiff, die ein Jahr später auf dem Empire State Building auf ihre Ernsthaftigkeit hin überprüft werden soll (Schlaflos in Seattle lässt grüßen). Doch ein tragischer Unfall verhindert das Treffen, und auch im Nachhinein macht es der Film den beiden Protagonisten nicht gerade leicht, endlich zu begreifen, dass sie füreinander bestimmt sind. [zum Stream]

Silvi 03

Nico Sommers episodenhafter Debütfilm Silvi> (2013) feierte vor drei Jahren in der Perspektive Deutsches Kino der Berlinale seine Premiere, hatte später einen kleinen Kinostart und erschien auch als DVD. Trotzdem hat der Film nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die er verdient hat. Der Film erzählt von der 47-jährigen Silvi, die nach 30 Jahren Ehe von ihrem Mann verlassen wird – und bald mitten im Dating-Wahnsinn landet. Danny Gronmaier schreibt in seiner Kritik: „Scheinbar beiläufige Beobachtung verkehrt sich immer wieder zu einer auf den Punkt gebrachten und mit komischen Momenten gespickten Tragik, die Mechanismen des Sozialen entlarvt und auf den Zuschauer zurückwirft. [..] Jedem Lachen folgt ein unruhig betretenes Herumrutschen im Kinosessel.“ [zum Stream]

Old School

Ein weiterer sehenswerter Film ist eine frühe Arbeit des Hangover-Regisseurs Todd Philipps. Immer wieder sehen wir in amerikanischen Komödien, wie Männer, die das Älterwerden nicht vertragen, sich zum großen Vergnügen des Publikums zum Affen machen. In Old School (2003) ist es ein gebrochenes Herz, das Mittdreißiger Luke Wilson dazu bringt, auf einen Uni-Campus zu ziehen und dort eine schon bald berüchtigte Bruderschaft zu gründen, die allerlei Blödsinn anstellt. Der eigentliche Star des Films ist aber Will Ferrell, der als liebenswürdig trotteliger Frank eine Lehrstunde in entfesselter Körperkomik gibt. Sein unbeholfen artikulierter Freiheitsdrang treibt ihn mithilfe diverser Rauschmittel von einem Fettnäpfchen ins nächste. Am Schluss wird er mit dem für diese Art von Komödien eher unüblichen Privileg belohnt, ein Leben außerhalb des Establishments führen zu dürfen. [zum Stream]

Maxdome

Vanessa 01

Auf der deutschen Plattform Maxdome ist das Programm zwar überschaubar, dafür aber nicht unambitioniert. Neben aktuellen Neuheiten und typischem Videothekenfutter findet sich auch immer wieder Abseitiges. Zum Beispiel Hubert Franks schwüle Erotik-Fantasie Vanessa (1977), die vor zwei Jahren die Besucher des Hofbauerkongresses verzauberte. Michael Kienzl schrieb damals: „Auch wenn man sich manchmal den vielversprechenden Prolog zurückwünscht, in dem die Titelheldin mit ihrer Lebensfreude in einem drakonischen Klosterinternat aneckt, befreit sich Frank immer wieder mit denkwürdigen Momenten aus dem Sumpf geschmackvoller Softerotik. Dabei gibt es fantastische Momente mit einem glubschäugigen Magier, eigenwillige Verführungsszenen und einprägsame Dialoge („Ein Mann ohne Peitsche ist nur ein halber Mann“). Mit seiner charmanten Unbekümmertheit versucht der Film erst gar nicht, die Nacktheit seiner Darstellerinnen zu legitimieren. Wer schön ist, soll sich auch ausziehen, ob für ein Voodoo-Ritual oder einen Slow-Motion-Balztanz im Reisregen.“ [zum Stream]

Shivers 01

Auch im Angebot befindet sich ein Beitrag aus David Cronenbergs genreverpflichtetem und erfreulich ruppigem Frühwerk. Parasiten-Mörder (Shivers, 1975) erzählt zwischen Body-Horror-Extravaganzen und Gesellschaftssatire von einem unpersönlichen, labyrinthischen Apartment-Komplex, dessen gut betuchte Bewohner von einer mysteriösen Bedrohung heimgesucht werden. Blitzschnell verwandeln sie sich durch gezüchtete Parasiten, die wie kleine Kackwürstchen aussehen, in sexhungrige Monster. In einer Nebenrolle ist Barbara Steele, die somnambule Grande Dame des Horrorkinos, zu sehen. [zum Stream]

Essential Killing 1

Zum Abschluss wollen wir noch auf Jerzy Skolimowskis radikal reduzierten Actionfilm Essential Killing (2010) hinweisen, in dem Vincent Gallo als mutmaßlicher Terrorist vom amerikanischen Militär durch polnische Wälder gejagt wird. Sascha Keilholz schreibt dazu in seiner Rezension: „Skolimowski inszeniert die Hetzjagd als existenzialistisches Drama, ist dem Experimentalfilm dabei näher als dem Actionabenteuer. Sein Minimalismus verleiht dem Film eine beeindruckende Konzentration. Wie in einer Versuchsanordnung lässt er den in den Credits „Mohammed“ genannten Mann um sein Leben kämpfen. Seine Stationen sind zum Teil skurril, bizarr, verstörend. [...] Dem polnischen Filmemacher ist ein politisches Kunstwerk gelungen, das gerade durch seine Zeitlosigkeit fasziniert. Und über das man dennoch zunächst sagen kann: Einer der großen Filme unserer Zeit.“ [zum Stream]

Alle vorgestellten Filme sind (auch) in der Originalfassung verfügbar

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