L.I.S.A. - Der helle Wahnsinn – Kritik
In L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn erschaffen sich zwei junge Geeks die perfekte Frau, um ihre Unschuld zu verlieren. John Hughes' Komödie lässt seine Helden dabei nicht nur hochnotpeinlich scheitern, sondern befreit sie auch von den Fesseln ihres Selbst.

Die beiden Hauptfiguren Gary (Anthony Michael Hall) und Wyatt (Ilan Mitchell-Smith) stehen in der Tür zur Turnhalle ihrer High School und träumen. Der Auftakt von John Hughes’ Weird Science (der etwas ungelenke deutsche Titel lautet L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn) ist äußerst effizient. Zwei Außenseiter befinden sich zwar an der Schwelle zu ihrem Sehnsuchtsort, sind aber bloße Beobachter, während die Beobachteten (junge Frauen) keine Notiz von ihnen nehmen. Die Trennung wirkt noch unüberbrückbarer, da die Bilder der einfachen Turnübungen von den Erzählungen Garys überlagert sind, der die Wunschträume zum Besten gibt, die das Zusehen in ihm auslöst. Wie schön wäre alles, wenn sie nur nicht mehr sie selbst wären. Ein Schritt in die Halle hinein würde sie nicht weiterbringen.
Der Wirklichkeit ausgeliefert

Hinter ihnen wartet eine alptraumhafte Realität. In ihrem Rücken schleichen sich nämlich zwei andere Schüler heran (u.a. Robert Downey jr.), die das Gegenteil von Gary und Wyatt sind. Sie sind beliebt, haben Freundinnen und sind selbstbewusst – und wie wir gleich sehen werden, bauen sie ihren Status auf der Schikane der anderen auf. Sie ziehen den beiden von hinten die Hose herunter, woraufhin die Halle von Lachen erfüllt ist. Aus dem aktiven Umschreiben der Wirklichkeit ist brutales Ausgeliefertsein in dieser geworden.

Nach dieser Bloßstellung setzt der Vorspann ein, und die Wunschträume übernehmen für die restliche Laufzeit den Film. Im neuen Extended Cut von Weird Science wurde die Exposition erweitert und die durch eine Sichtung von James Whales Frankenstein (1931) befeuerten Überlegungen Garys, sich eine Frau zu bauen, wenn es schon mit den echten nicht klappt, bekommen mehr Platz, werden weniger überstürzt eingeführt. Dieser umsichtige Aufbau des Gedankens aus dem Film im Film war aber nie nötig. Einerseits legte der Auftakt ausreichend nahe, dass Gary den Wunsch entwickeln könnte, Dr. Frankenstein nachzueifern, so verzweifelt wirkt er. Andererseits ist Weird Science dermaßen cartoonhaft, dass das Fehlen eines wohltemperierten Aufbaus nicht ins Gewicht fällt.
Vom Lustobjekt zum Lehrmeister

Gary und Wyatt sind Geeks – und im lesenswerten Booklet des Mediabooks wird beschrieben, warum es zentral für den Film ist, dass sie Geeks sind und keine Nerds. Kurz: Sie haben das Potenzial für mehr, werden von ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung aber noch zurückgehalten. Mit Computern kennen sie sich besser aus als mit Frauen. Deshalb füttern sie ihren Rechner mit Informationen eines idealen weiblichen Wesens, das wohlproportioniert, intelligent und cool ist. Ein plötzlich aufziehendes Gewitter später sehen sie sich Lisa (Kelly LeBrock) gegenüber. Sie wird zwar als Lustobjekt eingeführt, mausert sich aber doch schnell zum Lehrmeister der beiden. Was wiederum heißt, dass Weird Science nicht von buchstäblicher Wunscherfüllung erzählt – sonst wäre er wohl ein Porno –, sondern von der Befreiung von den Fesseln des Selbst.

Lisa schnappt sich die beiden und taucht mit ihnen in das Nachtleben der zwielichtigen Innenstadt ein – dem Gegenentwurf zur stillen Vorstadt aus den Hughes-Filmen. Später geht sie mit ihnen in die Mall. Sie organisiert eine Party in Wyatts sturmfreiem Haus und verhindert die unangenehmen Konsequenzen ihres jugendlichen Ausprobierens. Sie setzt die beiden aber auch unter Druck, damit sie aus ihrem Schneckenhaus herauskommen. Und Gary und Wyatt bekommen ausführlich Gelegenheit, ihrer Verklemmtheit freien Lauf zu lassen und an ihren Zielen hochnotpeinlich zu scheitern.
Schreckensvisionen des Erwachsenen

Die Wunscherfüllung ist für sie in erster Linie eine komplette Überforderung. Einerseits weil sie mit dem Anstieg im sozialen Status – der ihnen alleine schon deshalb zukommt, weil sie mit einem Topmodel (Kelly LeBrocks tatsächliche Profession) gesehen werden – nicht zurechtkommen. Andererseits, weil die Welt von Weird Science, die sich vornehmlich durch den Erfahrungshorizont der beiden speist, also durch popkulturelle Referenzen, allmählich eskaliert. So schaut irgendwann auch mal die Postapokalypse von Mad Max 2 - Der Vollstrecker (1981) auf der Party vorbei, damit die beiden zwei jungen Frauen zeigen können bzw. müssen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind.

Zentraler Teil der Veredelung unserer Hauptfiguren sind aber die Schreckensvisionen des Erwachsenen, mit denen Weird Science wie eigentlich alle Hughes-Filme auffährt. Das Arsenal ist eindrucksvoll. Zunächst sind da die Jungs, die eingangs Hosen heruntergezogen hatten. Wenn alle zusammen das Experiment wiederholen, offenbaren sie sich weniger als Gegenspieler denn als Gary und Wyatt nochmal – nur eben strotzend vor Testosteron. Beim Entwurf eines idealen Wesens achten sie nur auf die satte Oberweite. Nach dem Barbesuch benimmt sich Gary völlig abgeschmackt als Zuhälter aus einem Blaxploitationfilm. Bill Paxton spielt Wyatts großen Bruder als Karikatur seiner Rolle aus Aliens, als einem sich an sich selbst aufgeilenden Soldaten mit Bürstenschnitt. Garys Eltern sind gefühllose Couch-Potatoes, die nur allzu gern vergessen, dass sie ein Kind haben. Und irgendwann fährt eine sehr phallische Langstreckenrakete aus dem
Boden hoch und reißt Wyatts Schlafzimmer und die Betten der beiden auseinander. Weird Science und Lisa möchten Gary und Wyatt gerne von Jungs zu Männern machen, aber nicht um den Preis, dass sie die Sackgassen dieser absurden Formen von Männlichkeit betreten.
Wunscherfüllungsmaschinen

Der Film verfolgt dergestalt ein sehr klares Konzept und hat einen sehr klaren Aufbau. Das ist aber zu keiner Zeit spürbar. Vielmehr fühlt er sich, obwohl es gar keine Vorlage gibt, eher wie eine Comicverfilmung an. Wilden Impulsen scheint Weird Science zu folgen, um sowohl das gemütliche Vorstadtheim als auch das Leben seiner Hauptfiguren genüsslich zu zerstören. Irgendwie passiert dies alles im Rahmen einer High-School-Komödie, aber tatsächlich ist es näher an den Versuchen, Wile E. Coyote immer noch absurdere und brutalere Abgründe hinabfallen zu lassen. Wobei aber auch überdeutlich ist, dass der Film von der Empathie mit seinen Helden angetrieben wird. Denn darin ist Weird Science tatsächlich eine Wunscherfüllungsmaschine: Er behandelt Gary und Wyatt mit all der Zuneigung, die sie sonst eben nur von einem künstlichen Wesen aus ihren Träumen bekommen können.
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