Shandurai und der Klavierspieler – Kritik

Bernardo Bertolucci erzählt geradlinig, scheinbar völlig unbeteiligt und ohne Verve die einer Romanvorlage James Lasduns entsprungene Liebesgeschichte einer flüchtigen Afrikanerin (Thandie Newton) und eines verschrobenen Briten (David Thewlis). Dies geschieht konventioneller und leidenschaftsloser, als man es von dem Granden des italienischen Films erwartet hätte.

Shandurai und der Klavierspieler

Eine Frau uriniert vor Angst und übergibt sich kurz darauf. Dies sind sehr explizite gestische Darstellungen von Emotionen, die sich nicht in das Gesamtwerk Shandurai und der Klavierspieler (Besieged) und auch nicht in das Gesamtwerk des Regisseurs, Bernardo Bertolucci, einfügen.

Explizit, vor allem was Nacktheit angeht, war Bertolucci immer. Der letzte Tango in Paris (Ultima Tango a Parigi, 1972) ist in dieser Hinsicht ein Klassiker und Die Träumer (The Dreamers) aus dem vorvergangenen Jahr verknüpft auf recht elegante Weise Politisches und Persönliches im Rahmen einer inzestuös gefärbten Dreiecksgeschichte. Shandurai und der Klavierspieler entstand bereits im Jahr 1998 und ist, sieht man ihn nun erstmalig in deutschen Kinos, nicht nur chronologisch gesehen ein Rückschritt. Shandurai verlässt nach der Verhaftung ihres Mannes das diktatorische afrikanische Heimatland und wohnt in Koexistenz mit einem Pianisten unter dessen römischem Dach. Er liebt sie, verspricht ihr alles und sie möchte nur eines: Befreiung des Ehemannes. So geschieht es.

Shandurai und der Klavierspieler

Shandurai wird verkörpert von Thandie Newton und man könnte bösartig unterstellen, dass Bertolucci sie in obiger Sequenz derart explizit agieren lässt, da man ihrem Spiel sonst rein gar nichts entnehmen könne. Newton, zur damaligen Drehzeit noch auf dem Weg zum angehenden Filmstar, hat sich mittlerweile durch Auftritte wie in Jonathan Demmes Charade-Remake The Truth about Charlie, in dem sie den undankbaren Audrey Hepburn-Part übernahm, disqualifiziert. Den Klavierspieler mimt David Thewlis (Nackt, Naked, 1993; Harry Potter und der Gefangene von Azkaban, 2004). Beider Beziehung zwischen Liebe, Sexualität, Abhängigkeit, Selbstlosigkeit und Leidenschaft vermag der alternde italienische Großmeister nicht in Zwischentönen zu erzählen.
Sein Film wirkt – das bei diesem Titel – unmusikalisch.

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Kommentare


Christoph

Großartiger Film!






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