No Way Out – Gegen die Flammen – Kritik

Die Feuerwehrmänner in No Way Out – Gegen die Flammen sind zwar Helden, bleiben dabei aber fest im amerikanischen Provinzalltag verwurzelt. Für ihr Leben interessiert sich Regisseur Joseph Kosinski mehr als für die Katastrophe, die es beendet hat.

Schlampig hängt Brendan (Miles Teller) in seinem Sessel, nur halb anwesend, den Mund leicht geöffnet und den glasigen Blick auf den Boden gerichtet. Für sein junges Alter ist er schon erschreckend gezeichnet von Drogen und Alkohol. Weil er aber gerade einen Sohn bekommen hat, muss sich etwas ändern. Und aus einer Schnapsidee heraus denkt er, ein Job bei der hiesigen, auf Waldbrände spezialisierten Feuerwehreinheit sei eine gute Idee. Nachdem wir nicht nur die zahlreichen Abstürze des Jungen mitbekommen haben, sondern auch etwas vom knochenharten Job der Granite Mountain Hotshots, müsste es eigentlich ein Bewerbungsgespräch zum Fremdschämen werden. Aber während alle anderen in Brendan nur ein großes Risiko sehen, entdeckt der kumpelhafte Patriarch Eric (Josh Brolin) in ihm jemanden, der das Potenzial zum Helden hat.

Heldentum, das erst im Kollektiv entsteht

No Way Out – Gegen die Flammen (Only the Brave) erzählt denn auch von Männern, die zu Helden werden, dabei aber – und das ist entscheidend – weder Übermenschliches leisten noch moralisch erhaben sind. Das Heroische der Hotshots hat nichts mit Auserwähltsein zu tun, sondern lediglich mit der menschlichen, sogar einem hoffnungslosen Fall wie Brendan innewohnenden Fähigkeit, das Beste aus sich herauszuholen. Das klingt ein wenig nach neoliberaler Optimierungsstrategie, aber tatsächlich ist in diesem dünn besiedelten Landstrich Arizonas eine Laufbahn bei der Feuerwehr eine der wenigen Karrierechancen, die jemandem aus einem eher bildungsfernen Milieu bleiben. Klar geht es dabei auch um Ruhm und Anerkennung, aber eben immer nur innerhalb der Grenzen des Alltags, zum Beispiel, wenn die Feuerwehrmänner in der Dorfkneipe ein bisschen besser als die anderen bei den Frauen ankommen.

Regisseur Joseph Kosinski zeigt eine Art von Heldentum, die das Individuum zwar braucht, aber erst im Kollektiv entsteht. Bis die Hotshots von höher gestellten Truppen nicht mehr als jene belächelt werden, die nur den Dreck wegräumen, braucht es neben viel harter Arbeit auch unerschütterliche Solidarität. Es herrscht eine raue, sehr männliche Energie im Team; ein ständiges Spiel aus Protzereien, gegenseitigem Aufziehen und dann auch wieder freundschaftlicher Bestätigung. Hinter der demonstrativen Hemdsärmeligkeit verbirgt sich dabei ein strenges Wertesystem. Ein Neuling wie Brendan darf durchaus gemobbt werden – schon allein, weil ein Kerl so was auch aushalten muss –, aber sobald jemand Witze über seine Frau macht, ist eine Grenze überschritten. Die Familie ist in No Way Out das ultimative Heiligtum, auch deshalb, weil sie für die Hotshots berufsbedingt mehr Sehnsucht als Lebensrealität ist. Das größte Opfer vollbringen jedoch jene, die im Schatten der Feuerwehrmänner stehen, oder wie Erics Frau Amanda (Jennifer Connelly) es einmal ausdrückt: „It’s not easy sharing your man with a fire.“

Ein verhinderter Katastrophenfilm

Nachdem Kosinski mit Tron: Legacy (2010) und Oblivion (2013) zwei elegant designte, von der amerikanischen Gegenwart denkbar weit entfernte Science-Fiction-Filme gedreht hat, widmet er sich diesmal einer wahren Begebenheit: dem Yarnell Hill Fire, bei dem im Sommer 2013 neunzehn Feuerwehrmänner in den Flammen umkamen. Eigentlich wäre das der ideale Aufhänger für einen actionreichen Katastrophenfilm, aber das Feuer nimmt tatsächlich nur einen Bruchteil der epischen Laufzeit von 134 Minuten ein und ist dann auch noch auffällig unspektakulär inszeniert. No Way Out findet stattdessen in der Ruhe zur wahren Stärke. Neugierig und geduldig lässt er sich auf seine Figuren ein, zeigt in allen Schattierungen, wie sie leben, wie sie lieben und auch immer wieder, wie sie feiern. Dafür, dass diese Party-Szenen scheinbar nichts Wichtiges erzählen, dauern sie eigentlich viel zu lange. Man sieht die Hotshots hier beim Flirten und Trinken, wie sie sich gegenseitig verarschen, in einer ruhigen Minute Krisengespräche führen oder auch mal sensationelle Dinge tun wie eine Bierflasche mit einer Motorsäge öffnen. Indem Kosinski solchen erzählerischen Umwegen mehr Bedeutung beimisst als dem tragischen Endpunkt, schafft er eine sehr präzise Textur des (vor allem weißen, männlichen, heterosexuellen, proletarischen) Provinzlebens. Statt den Tod seiner Protagonisten zu beweinen, feiert No Way Out ihr Dasein mit all seinen Komplikationen und Widersprüchen. Er baut ihnen zwar ein Monument, braucht dafür aber keinen Sockel.

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