Eva – Kritik
Fake-Dramatist trifft Edelprostituierte gerade rechtzeitig zur nächsten Deadline. Benoît Jacquot hat mit Eva einen Roman aus den 1940er Jahren adaptiert, mit für seine Verhältnisse wenig Legato.

Eva geht nicht gern ins Theater. Irgendwann sagt sie, das Theater schläfere sie immer so ein. Da ist es schon eine Weile her, dass sie den armen Bertrand (Gaspard Ulliel) versetzt hat, wobei das eigentlich gar nicht stimmt, wie sie beim enttäuschten Anruf nochmals betont: Ich habe ja nie versprochen zu kommen. Und trotzdem hat Bertrand noch kurz vor der Aufführung seines Stückes in der französischen Kleinstadt Annecy nervös vor dem Theatereingang herumgelungert, hat nachgefragt, ob eine Eva ihren Gästelistenplatz schon eingefordert hat. Vielleicht ist es nicht nur gekränkter männlicher Stolz, der Bertrand von nun an immer weiter Richtung Eva, der Edelprostituierten und Femme fatale, also immer weiter gen Unglück treiben wird, mit dem Ziel oder der Ausrede, ein neues Stück zu schreiben, eines aus seinem Leben. Vielleicht ist es auch der verletzte Stolz des Bühnenautors, und vielleicht sitzt diese Verletzung umso tiefer, weil Bertrand gar kein Bühnenautor ist, weil das Stück, das gerade erfolgreich durchs Land tourt, nicht von ihm geschrieben wurde, sondern von einem Toten, nur weiß das niemand außer uns, die wir den Prolog von Eva gesehen haben.
Crescendo ohne Drive
Die Kunstproduktion als parasitärer Akt, die gelebte Erfahrung des Künstlers als Echtzeit-Vorlage für den kreativen Akt, die geheimnisvolle Frau als Fluchtpunkt – es sind nicht gerade neue Ideen, mit denen Benoît Jacquot in Eva hantiert. Das hat nicht nur damit zu tun, dass der französische Regisseur sich gern an klassischen Motiven abarbeitet und mit diesem Berlinale-Beitrag immerhin schon seinen 25. Film vorlegt. Es liegt auch daran, dass er sich des Romans Eve von James Hadley Chase aus dem Jahre 1946 angenommen hat. Was Jacquots Film letztlich zu einer eher frustrierenden Erfahrung macht, ist, dass das Arrangement dieser klassischen Elemente in einem eigentümlichen Stakkato gehalten ist, dass trotz dramaturgischem Crescendo kein filmischer Drive entsteht, wie er andere jüngere Filme Jacquots wie 3 Herzen (2014) oder Tagebuch einer Kammerzofe (2015) noch getragen hatte.

Kaum Huppert-Aktivität
Selbst Isabelle Huppert, die ja eigentlich in der Lage ist, noch jeden müden Film zu einem Erlebnis zu machen, wird vom Phlegma angesteckt, das Eva heimsucht. Dabei passt diese Rolle eigentlich wunderbar zu einer Schauspielerin, die sich in keinen ihrer Filme einfach einfügt, die immer einen Überschuss produziert, sich niemals instrumentalisieren lässt, sondern stets mit ihren eigenen Instrumenten hantiert. Auch diese Eva lässt sich in Bertrands Fiktion (auf die dessen Gönner schon ungeduldig wartet, das zweite Stück des Starautors nach dem großen Erfolg, auch er weiß ja nichts von der Scharlatanerie des Starautors) niemals einspannen. Bertrand fantasiert sich da zusammen, dass sich diese Eva in ihn verlieben und die Prostituiertenschuhe an den Nagel hängen werde oder dass sich das Publikum im Theater zumindest fragen wird, ob sie das wird – obwohl realiter da auf Seiten der Femme fatale wenig Interesse an Unklarheiten zu bestehen scheint.
Wenn es also auch gegen Ende mitunter Spaß macht, diesen Bertrand, der eben doch nur das eine will, nicht den Sex an sich, sondern die weibliche Abstinenz von Sex mit anderen, in sein Verderben zu begleiten (wobei Bertrands Bartrand zunehmend ausfranst), scheint Eva so niemals richtig zu wissen, was sich sein eigenes Publikum nun eigentlich gefragt haben soll. Und das geht ja eigentlich gerne ins Kino.
Neue Kritiken

Amrum

A Letter to David

Wenn du Angst hast nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst

The Smashing Machine
Trailer zu „Eva“



Trailer ansehen (3)
Bilder



zur Galerie (3 Bilder)
Neue Trailer
Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.