Dracula - Die Auferstehung – Kritik
Verglichen mit Francis Ford Coppolas wilder, lüsterner Dracula-Adaption von 1992 ist Luc Besson neue Version ein skurriles Pop-Art Ding mit surrealen Frauentürmen, wahnwitzigen Gemütszuständen und unglaublicher Exzentrik. Leider gibt es noch einen priesterlichen Widersacher-Trübling, der den Film manchmal fast cockblockt.

In Luc Bessons Dracula - Die Auferstehung (Dracula: A Love Tale) ist die Titelfigur kein Fürst der Finsternis, sondern ein Liebender, der von seiner Leidenschaft am Leben gehalten wird. Weil er den Tod seiner Geliebten nicht verwinden kann, verharrt er als Untoter, bis sie wiederkehrt. Seine sture, vor Leben berstende Unverschämtheit ist dem Film tief eingegraben. Darin erinnert Bessons Film an die Draculaverfilmung Francis Ford Coppolas (Bram Stokers Dracula, 1992). Doch Besson gibt sich gesetzter; sein Camp ist deutlich cartoonhafter, kindlich naiver und weniger sexuell als Coppolas lüsternes, stilistisch wildes und maßloses Werk. Aber die Lust – zumindest die, jegliche künstlerische Zurückhaltung fahren zu lassen – holt auch Besson ein.
Vlad beißt sich durch den Saal zum Gipfel eines Turms aus Frauen

Nicht erst wenn Vlad, also Graf Dracula (Caleb Landry Jones) den Immobilienmakler Jonathan Harker (Ewens Abid) in seiner exzentrischen Aufmachung auf seinem Schloss willkommen heißt, ahnt man, dass dieser Film ein seltsames Erlebnis wird. So sehr es sich im Kern auch um eine tragische Liebesgeschichte handelt, um Jahrhunderte unerfüllten Lebens und Leidens an einem Übermaß an Emotionen, die wie Gift durch Draculas Venen fließen, ist Dracula - Die Auferstehung doch vor allem ein skurriles Pop-Art-Ding. Besson vermittelt weniger romantische Gefühle als eine überzeichnete, makabre Welt, die von wahnwitzigen Gemütszuständen angetrieben wird.
So läuft Vlad in einer Rückblende durch das Versailles seiner Glanzzeit, tupft sich mit Zeige- und Mittelfinger ein Parfüm an den Hals, das Frauen zu willenlosen Sklaven ihrer Lust macht. Beißt sich enttäuscht durch den Saal, weil auch hier seine geliebte Elisabeta (Zoë Bleu) nicht auf ihn einstürmt. Und steht am Ende auf dem Gipfel eines Turms aus Frauen, die ihn, nach seinem Körper gierend, in die Luft heben. Seine Vasallen sind kleine steinerne Wasserspeier, Gargoyles, die ihm treu in allem dienen. Manchmal bewegt sich der Film in Dimensionen, die man sehen muss, um sie glauben zu können.
Plötzlich blutarm. Tristeste Gefilde.

Der Film beginnt mit Vlad und Elisabeta, die sich im spätmittelalterlichen Transsylvanien durch ihr Gemach rammeln – bis der „Heilige Krieg“ an die Tür klopft und Osmanische Truppen vertrieben werden müssen. Elisabeta stirbt, die Geschichte aus Bram Stokers Romanvorlage setzt ein: Dracula erkennt nach 400 einsamen Jahren in Mina, der Verlobten des Immobilienmaklers Harker, seine lange verlorene Liebe wieder. Er reist zu Harkers Heimatort, wo Leute plötzlich an Blutarmut leiden, bis Mina davon überzeugt ist, dass sie Elisabeta ist und Dracula liebt. Am Ende fehlt nicht viel, bis sie endlich wieder hemmungslos rammeln können. Doch es gibt Widersacher…
Nämlich lustverhindernde Lebensfeindlichkeit, die, wie zu Beginn und am Ende, die Form von Schlachten annimmt, in denen unzählige Soldaten sterben. Wie in Bram Stokers Dracula tritt sie aber auch durch einen Widersacher auf. Nur klopft sie nicht mehr mit dem altbekannten Wissenschaftler Van Helsing an die Tür, sondern mit einem namenlosen Vertreter Gottes (Christoph Waltz) und führt mit ihren Glaubensfragen den Film in seine behäbigsten, tristesten Gefilde.
Das bunte Leiden Draculas

Ist die Unsterblichkeit Draculas eine göttliche Strafe, ein makabrer Witz auf Kosten von jemandem, der Gott verspottete? Oder verlässt uns Gott auch dann nicht, wenn wir uns von ihm abkehren und zu Monstern werden – wir müssten nur zu ihm zurückfinden? Ersteres liegt Besson sichtlich. Die bittere, grelle Komik seiner Inszenierung spricht Bände. Für ihn ist die Geschichte nur ein elaborierter Witz, der Dracula immer im entscheidenden Moment einen Strich durch die Rechnung macht.
Mit dem Priester hingegen weiß der Film nicht umzugehen. So ein besonnener, endlos predigender Hirte mit einem Koffer mit Tränken, Hammer und Stahlpflock passt eigentlich nicht in sein Konzept. Besson legt ihn deshalb als cool an, was in Kombination mit dem Schauspiel von Waltz lediglich eine affektierte Tarantino-Figur ergibt.
Zu schwacher Gegner. Priester auf verlorenem Posten

Coppolas Film zog seine Kraft aus dem Widerstreit eines sexuellen, emotionalen, wilden Lebens und eines rationellen, ordnungsliebenden Todes. Draculas Leben versuchte dabei, der Übermacht der prüden viktorianischen Welt zu trotzen. Besson aber verlegt die Gegenwart seiner Handlung von London nach Paris, einen Sündenpfuhl von Sex, Dekadenz und Drastik, einen Ort wie ein Grand Guignol-Theater, in dem mit der Darstellung von Nekrophilie, Vergewaltigung und Mord geschockt und unterhalten wurde. Eine überkandidelte Welt umgibt Draculas buntes Leiden. Der Priester und die von ihm geschützten bürgerlichen Figuren bleiben auf verlorenem Posten; der Film schleppt sie als leblose, lähmende Masse mit.
So viel Spaß Dracula - Die Auferstehung oft auch macht, so sehr verirrt sich die Handlung doch immer wieder an Orte, wo dieser Spaß, gleich Dracula, immer wieder gecockblockt wird, wie es anschaulich im Englischen heißt. Aber immerhin, und das ist wohl die gute Nachricht: So bieder und selbstverliebt wie in Nosferatu (2024) von Robert Eggers wird die Lust hier nicht zu Grabe getragen.
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