Der Irre vom Zombiehof – Kritik

Neu auf DVD: Der Irre vom Zombiehof (aka Die Totenschmecker, 1979) handelt von Bauern, die in einem surrealen Heimat- und Gewaltwahn eine Roma-Familie auslöschen wollen. Seine schäbige Machart spricht nicht gegen den Film, sondern unterstreicht nur die Abscheulichkeit des Geschehens.

Der Film von Ernst Ritter von Theumer trägt viele Namen. Als Blutrausch wurde er produziert, als Das Mädchen vom Hof feierte er Premiere. Nach und nach wurde er in Das Tal der Gesetzlosen, Die Totenschmecker und schließlich in Der Irre vom Zombiehof umbenannt. Innerhalb kürzester Zeit wurde er mit diesen angepassten Titeln immer wieder veröffentlicht, um doch noch etwas Geld mit ihm zu machen. Er blieb aber erfolglos. Sicherlich war es auch nicht einfach, einen Namen zu finden, der diesem zwischen den Stühlen sitzenden Film entsprach. Wer Das Mädchen vom Hof sehen wollte, konnte von der unversöhnlichen Abrechnung mit der Heimat verstoßen werden. Schaute jemand den Irren vom Zombiehof, musste er damit leben, dass es keine Irre und schon gar keine Zombies gab. Und Die Totenschmecker, der sicherlich kunstvollste der Titel, bereitete eben nicht auf die rustikale Gangart vor.

Eine Welt der Niedertracht und Missgunst

Zu Beginn sehen wir einen Heimatfilm. An einem Hof – eingefangen in sonnigen Bildern von Wiesen, Seen und Bergen – schwelen die Konflikte. Der Bauer (Peter Jacob) möchte trotz fortgeschrittenen Alters sein Gut noch nicht an seine Nachkommen abgeben. Felix (William Berger), der erste Sohn, schiebt die Heirat mit der Magd Rosa (Lore Graf) mit der Begründung heraus, dass er erst als Bauer heiraten will. Die gemeinsame Tochter Anna (Maria Beck) habe er anerkannt, mehr könne man von ihm nicht erwarten. Die Tochter freundet sich wiederum mit dem Roma-Jugendlichen Joschi (Sony Kaikoni) an, dessen Leben ihr im Gegensatz zu ihrem eigenen frei erscheint. Kurt (Herb Andress) versucht, für sich zu rationalisieren und damit erträglich zu machen, dass er als zweiter Sohn keine Ansprüche auf den Hof hat und leer ausgehen wird. Und die Mutter des Bauern lebt ausgegrenzt und fromm in einer Hütte dahin.

Doch Ernst Ritter von Theumers Film geht es nicht zentral um diese Problemlagen. Die Totenschmecker ist gegen den Anschein eben kein Heimatfilm, kein auf sich zurückgeworfenes Drama der Provinz, in die höchstens gelegentlich Städter eindringen. Stattdessen wird eine Welt der Niedertracht und Missgunst beschworen, in der nach außen gebissen und getreten wird, statt sich der eigenen Konflikte anzunehmen. Ein dem Film vorangestellter Lauftext berichtet von einem Fall, bei dem ein Bauer Roma-Frauen tötete. Gemeinde und Verteidigung appellierten, das Gesetz solle sich lieber Verbrechern zuwenden und nicht anständigen Bürgern wie diesem Bauern. Das Entsetzen über diesen Umstand treibt den Film an und setzt den Ton, wenn Menschen porträtiert werden, die im Fremden etwas Minderwertiges sehen, das nur zur Last fällt und an dem der eigene Frust abreagiert werden kann.

Eskalierende Sprache

Für das Fremde im Inneren steht die an Frankenstein (1931) gemahnende Figur des dritten Sohnes. Franz (Claus Fuchs) ist groß, fleischig, geistig behindert und deshalb grundsätzlich suspekt. Als er eines Nachts Anna Blumen ans Bett bringt, bestätigt sich für die Familie, dass er eine Gefahr ist, in ihm ein sexuell übergriffiges Ungeheuer lauert. Ohne viel Federlesens wird er in den Stall geschleppt und gezüchtigt. Der sexuelle Subtext des ganzen Verdrängungshaushalts am Hof bricht hier in seiner grimmigsten Gestalt hervor.

In der Roma-Familie, die für ein paar Tage an einem See ihr Lager aufgeschlagen hat, findet das Fremde von außen Gestalt. Kommen die Ansässigen auf sie zu sprechen, eskaliert die Sprache unmittelbar, und Die Totenschmecker zensiert seine Figuren kein bisschen. Als eine der Roma im Stall nach Eiern sucht oder jemanden, der sie ihr verkauft, trifft sie auf Franz. Der tötet sie versehentlich, weil er wohl Angst hat, wieder Schläge zu bekommen, wenn er eine Frau nur durch seine Anwesenheit zum Schreien bringt. Im Folgenden entledigt sich die Familie des Hofs der Fremden, weil sie keine juristischen Scherereien wegen des diebischen „Gesindels“ bekommen wolle. Sie nehmen deren Leben, als gelte es, Ungeziefer zu beseitigen. Mehr noch: Die Roma werden erschlagen, erschossen, im See versenkt, durch Feuer verbrannt. Sie sollen nicht nur sterben, sondern ausradiert werden.

Das alpine Kettensägenmassaker

Die 16-mm-Bilder sind grob, der nachsynchronisierte Ton hört sich billig und falsch an, die Dialoge sind roh und plump, die Musik plakativ: Doch all das spricht niemals gegen diesen sehr direkten Film, der keinen Hehl aus seiner Verachtung für das macht, für das die Bauernfamilie steht; dieses „Schäbige“ unterstreicht vielmehr noch, wie abscheulich all das Geschehen ist und wie naiv und fragil Annas Träume von Freiheit sind.

Unnachgiebig und unversöhnlich ist Die Totenschmecker, wenn er wie ein griechisches Drama dazu übergeht, dass der Hass sich im Folgenden nach innen richtet. Die schwelenden Konflikte brechen nun aus, Gewalt und Tod übernehmen den Hof. Kein Zweifel kommt dabei auf, dass dies als Abrechnung zu lesen ist, als Bloßstellung der so schon herrschenden Menschenverachtung. Spielten Kettensägen eine Rolle, der zunehmend surreale Gewalt- und Heimatwahn hätte als Das alpine Kettensägenmassaker vielleicht doch irgendwann sein Publikum gefunden und wäre als Vorläufer von Christoph Schlingensiefs Das deutsche Kettensägenmassker (1990) gewürdigt worden.

Und die Roma? Sie bleiben Projektionsflächen – für Annas Freiheit und für den Film, der durch kleine und große Kniffe (durch die traurige Musik Joschis, die auch in seiner Abwesenheit durch die Szenerie der Auslöschung schwingt, durch Franz, der unvermittelt zu dem Monster wird, das alle in ihm sehen, durch die sich ungebrochen durchsetzende Vergeltungslogik) nur zu gern den Eindruck entstehen lässt, dass die Familie einem Fluch zum Opfer fällt. Und doch ist klar, wo die Sympathien des Films liegen, der es sich nicht nehmen lässt, tatsächliche Roma zu besetzen, und sie weder zu gesichtslosen Opfern und Märtyrern verkommen lässt. In seiner vordergründig negativen Atmosphäre hat er eben doch seine Hoffnungsschimmer, die ihn umso wertvoller machen.

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