Ein griechischer Sommer – Kritik

Freundschaften zwischen Mensch und Tier im Kinderfilm. Heute: Der Pelikan.

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Pelikane sind nicht unbedingt die Tiere, die man mit Kinderträumen verbindet, keine Lieblingskuscheltiere oder Hauptgrund für einen Zoobesuch. Und auch als Kernstück eines Jugendfilms kann man sich den Vogel mit dem Riesenschnabel zunächst nicht gerade vorstellen. Doch Olivier Horlait hat sich in Ein griechischer Sommer (Nicostratos le pélican), nach dem Roman von Éric Boisset, genau das vorgenommen: die Geschichte der Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Pelikan zu erzählen. Yannis (Thibault Le Guellec) findet das Tier als Junges auf einem griechischen Dampfer und kauft es dem Kapitän ab – gegen eine Erinnerungskette seiner Mutter, die vor zwei Jahren verstorben ist. Seitdem ist auch Yannis’ Vater, gespielt von niemand geringerem als einem herrlich grummeligen Emir Kusturica (nur der skurrilste Part in einem sehr internationalen Cast), nicht mehr der Alte, und das Leben ist für Yannis ein anderes geworden. Es spielt sich übrigens auf der griechischen Insel Zora ab, die aus einem orthodoxen Kloster, ein paar Fischern und einem Café besteht. So wird der Pelikan, bald auf den Namen Nikostratos getauft, zum einzigen wirklichen Freund für Yannis.

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Griechenland als Ort für eine märchenhafte Geschichte, das trägt natürlich nicht gerade zu einer Differenzierung des eh schon arg klischeebehafteten Bildes von diesem Land bei. Zora ist vor allem bevölkert von skurrilen Mönchen und mürrischen Fischern, die zum Teil von französischen Darstellern gespielt werden, und scheint völlig außerhalb der Zeit zu stehen. Andererseits sorgt das Setting von Ein griechischer Sommer für schöne Mittelmeerbilder und den angemessenen Hintergrund für die eleganten Pelikan-Flüge des Nikostratos. Dieser wird natürlich bald entdeckt, und das ohnehin schon gespannte Verhältnis zwischen Yannis und seinem Vater verschlimmert sich. Doch auch der Café-Besitzer Aristoteles (François-Xavier Demaison) bemerkt das stetig wachsende Tier, und dessen schöne Nichte Angeliki (Jade-Rose Parker), aus Athen angereist, um sich im Café ein Urlaubsgeld zu verdienen, macht Yannis auf die Möglichkeit aufmerksam, mit dem besonderen Vogel Geld zu verdienen. Bald darauf ist Nikos die Attraktion des Dorfes und zieht erste Touristenströme an.

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Und so schwingt – vielleicht weniger intendiert denn als stets präsenter Kontext im Kopf des europäischen Zuschauers – die omnipräsente „Griechenland-Krise“ doch noch mit in diesem harmlosen, wenn auch liebevoll produzierten Film, so zum Beispiel bei den Anspielungen darauf, dass Angeliki schwarz arbeitet, oder bei dem nicht gerade nachhaltigen Verlass des Dorfes auf neue Einnahmen durch einen einzelnen Pelikan. Als Nikos mit einem Auto zusammenprallt, bricht nicht nur für Yannis eine Welt zusammen, sondern auch für die gerade erst an die neuartigen Einnahmen gewöhnten Inselbewohner. Und so fällt es doch zumindest auf, dass in einem ansonsten so märchenhaften Kinderfilm der junge Protagonist sich nicht nur das erste Mal verliebt und lernt, mit Verlusten umzugehen, sondern auch einen weitaus weniger nostalgischen Spruch mit nicht minderem Pathos von sich geben darf: „Geschäft ist Geschäft.“

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Kommentare


Michael

Ein wirklich sehenwerter Film! Auch wenn vielleicht nicht gleich einsehbar, so wird beim Hinterfragen dann doch eine latente Tiefe spürbar, die aus dem vermeintlichen Kinderfilm dann doch einen Film der Reife erklärt. Mit wenigen Mitteln wurde eine Geschichte erzählt, die ein Abbild der Menschheit ohne erhobenen Zeigefinger zeigt, in der neben typischen Charaktereigenschaften auch viele Gefühle (ob negativer oder positiver Art) ihren Platz finden. Durch die im Flim enge Mensch-Tier-Beziehung ist ein Kontext geschaffen, der an sich einen respektvollen Umgang mit dem Leben darstellt. Die schöne, heile Welt existiert zwar nicht, sie ist aber durch uns in einem gewissen Rahmen gestaltbar - und wer läßt sich schon nicht gerne positiv überraschen?


Birgit Olker

Ein charmanter Film mit Tiefgang, er touchiert die wirklich wichtigen Dinge im Leben und bringt die Seele zum Schwingen. Wunderschöne Bilder und gute Darsteller runden den Film ab, der wieder einmal mehr zeigt: Griechenland ist eine Reise wert und die Menschen sind liebenswert.






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