Zoomania 2 – Kritik

Der Animationsfilm Zoomania 2 entwirft eine tierisch-kindgerechte Noir-Geschichte, ist im Herzen jedoch bunt. Die knuddelige Utopie, die die Regisseure Jared Bush und Byron Howard entwerfen, bleibt leider in einem entscheidenden Punkt unvollendet.

Wie der erste Teil erzählt Zoomania 2 von einer Utopie. Selbst in Unkenntnis des englischen Filmtitels und des entsprechenden Stadtnamens, Zootopia, ist das kaum zu übersehen. Zu tun hat diese Utopie mit einer Form von Nähe, die wir selbst kennen. Wie in unserer immer kleiner werdenden Gegenwart, in der wir in weniger als 24 Stunden an so ziemlich jeder Ecke der Welt sein können und durch Kommunikationstechnik gar in wenigen Sekunden, ist alles zusammengerückt. Wir können mehr übereinander wissen, sind einander näher als jemals zuvor.

Und doch bröckelt der Wunschtraum. In unserer Welt werden gerade Wände aktiv hochgezogen, in Zoomania stehen Trennlinien hingegen notwendigerweise herum: Klimawände durchziehen die Stadt der Tiere, die Sumpf-, Tundra-, Tropen- oder Wüstenviertel und damit das Zusammenleben aller möglichen Spezies auf engem Raum ermöglichen.

Die offensichtlich korrupte Luchsfamilie

Die beiden Zoomania-Filme erzählen jedoch auch von Rissen in der anscheinend utopischen Gemeinschaft. Trennten sich die Tiere im ersten Teil zwischen Raubtier und Beute auf, offenbart sich nun aktive Ausgrenzung. Reptilien gibt es in der Stadt lediglich im Untergrund. Sie sind als Verräter verschrien, und besonders Schlangen wird nachgesagt, dass sie die Zerstörung der Utopie anstreben.

Hasenpolizistin Judy Hopps und ihr Fuchspartner Nick Wilde machen im Zuge ihrer Ermittlungen in einem Fall von Schmugglerei eine Schlange in der Mitte der Stadt ausfindig. Sie begeben sich auf ihre Spur und schnell wird klar, dass etwas gewaltig faul ist. Die Mächtigen und vor allem eine Luchsfamilie sind offensichtlich korrupt. Das Geheimnis hat mit der Trennung zwischen den Spezies zu tun, nicht die Reptilien sind das Problem. Weil der Film wieder in Form eines kindgerechten Noir-Krimis erzählt wird, sind auch Hopps und Wilde bald Gesuchte, denen unterstellt wird, dass sie den Schlangen bei ihren Zerstörungsplänen helfen würden.

Alle Tiere werden Brüder

Ebenso kindgerecht versucht der Film ein simpler Spiegel unserer Zeit zu sein. Hopps sucht in YouTube-Videos von Verschwörungstheoretikern nach der Wahrheit. Der Bürgermeister ist ein kamerageiles, opportunistisches Pferd mit blonder Mähne, das sich in Dienst von Macht, Geld und Unterdrückung stellt. Ganz Utopie wollen die Filme die totale Inklusion. Die Reptilien werden wiederholt als Afroamerikaner dargestellt, die wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Jazzclubs jenseits der „respektablen“ US-amerikanischen Öffentlichkeit Unterschlupf suchen; oder sie werden wie Juden in Ghettos gesteckt. Die klischeehafte Anlehnung an reale Ausgrenzungserfahrungen wird zum sentimentalen Marker, der besagt, dass erst Schluss sein kann, wenn alle Tiere Brüder geworden sind. In einer Post-Credit-Szene landet vielsagend eine Feder auf dem Fenstersims von Hopps und deutet an, wer, sollte es einen dritten Teil geben, in demselben aus seiner bisherigen Ausgrenzung befreit werden wird.

Im Herzen ist der Film bunt, im Noirgerüst steckt eine vielgestaltige Culture-Clash-Komödie. Von den Spitzen der Gesellschaft geht es bis tief hinab in die Armenviertel, von tierischen US-amerikanischen Küstenmetropolen in die Bayou-Sumpflandschaft der Südstaaten, in eine Almhütte, in die Wüste, in die verschneite Tundra. Zoomania 2 wird zur Odyssee durch eine vielgestaltige Welt, bevölkert von unterschiedlichsten Charakteren, eine Welt, in der Klischees nur dazu da sind, um mit ihnen zu spielen.

Wimmeln als Bereicherung

Entsprechend speist sich der Film aus mannigfaltigen Inspirationsquellen und wiederkehrenden Witzen. Gegen Ende humpelt ein irr gewordener Luchs wie Jack Nicholson in das verschneite Labyrinth neben dem Overlook Hotel aus The Shining. Tiere tanzen beim Burning-Mammal-Musikfestival, der Wüstenrennmaus-Mafiapate aus dem ersten Film taucht wieder auf und auch das Faultier aus dem Führerscheinamt bekommt einen neuen Auftritt. Vielleicht ist Zoomania 2 ein wenig einseitig und plump in seinen Anliegen, seine Form jedoch ist das beste Argument für seine Agenda. Wimmeln, zeigt der Film, ist nun einmal grundsätzlich eine klare Bereicherung.

Einzig: So viel muss untergebracht werden, dass es zeitweise etwas gehetzt anmutet. Eine Verfolgungsjagd rast beispielsweise durch eine Küche, wobei durch die Vorbeirasenden einem Löwen die Kochmütze vom Kopf fällt. Darunter kommt eine Ratte zum Vorschein, die ihm vorsagt, wie er zu kochen hat. Die Ratatouille-Referenz huscht so schnell vorbei, dass sie bestenfalls registriert werden kann. Für einen Lacher bleibt keine Zeit. Zu oft werfen die Regisseure Jared Bush und Byron Howard mit Memes um sich, ohne auf Timing zu achten und die Witze über den kleinsten Nenner hinaus auszuarbeiten.

Schlange als Joe Pesci

Im Kontrast dazu lässt der Film sich an anderer Stelle viel Zeit. Lange scheint die Beziehung zwischen Hops und Wilde einfach nur dazu da zu sein, zu verdeutlichen, wie schwer es ist, trotz aller Unterschiede zusammen zu arbeiten. Immer und immer wieder stürmt Hops voran, ohne Rücksicht auf Verluste, während Wilde hinterher schlurft und mit passiv-aggressiven Sprüchen seinem Unmut Luft macht. Die Dysfunktionalität der beiden Polizisten scheint nur ein Running Gag zu sein, eine Parodie auf Filme wie Lethal Weapon – die Schlange zum Beispiel könnte durchaus als Stand-in für die Rolle Joe Pescis gelesen werden, der in Richard Donners Filmreihe ebenfalls zwei dysfunktionale Polizisten mit seinem herzensguten Problemverursachen vor immer neue Herausforderungen stellt.

Nur erzählt der Film tatsächlich eine erstaunlich herzergreifende Liebesgeschichte. Die immer größer werdenden Gräben zwischen den beiden – buchstäblich zerreißt es ein Gebäude und eine Schlucht entsteht zwischen ihnen – werden alsbald umgedeutet: Sie zeigen nur die Angst an, einander zu verlieren. Der Fuchs und der Hase können nicht mehr ohne einander sein, wie Wort, Tat und Mimik mit großen Gesten klar machen. Nur leider schreckt Zoomania 2 vor dem Kuss zwischen zwei unterschiedlichen Spezies zurück und vollendet damit seine Utopie nicht.

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