Tod im Teehaus – Kritik
Streaming-Tipp: Radikal persönlich, ambitionsfrei, crazy verknallt in Pop. Der genial-dilettantische Animationsfilmer und Ex-Maschinenschlosser Bruno Sukrow wäre diesen Monat 98 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass steht seine charmante Krimikomödie Tod im Teehaus nun gratis auf YouTube.

Geheimnisvolles Japan. Im Rahmen eines Mordfalls um eine verschwundene Geisha reist der britische Punkmusiker und Profi-Ermittler Reno Roc mit seiner reserviert-unterkühlten Assistentin Böker im Auftrag Ihrer Majestät in jenes rätselhafte Land der fleißigen Menschen. Auf der Kundenliste des örtlichen Teehauses stehen der Bürgermeister, der Vorsitzende vom Heimatverein, der Kommandant des Schützenvereins. Doch Böker („Wenn du so lang wärst wie du dumm bist, könntest du kniend aus der Dachrinne saufen“) verfolgt noch eine andere Spur.
Exotische Hotspots von Lüneburg bis Samoa

Bruno Sukrow, 1927 in Berlin geboren, war ein freundlicher und eigensinniger Mann mit viel Schalk im Nacken und viel Erfahrung auf dem Buckel. Bis zu seiner Rente arbeitete er als Maschinenschlosser bei der Firma Prym in Stolberg bei Aachen. Damals filmte er höchstens mal mit Super 8 oder auf Video einige Dokus von Festen und Familienausflügen, mit denen er seine Verwandten zu Tränen rührte. Dann starb seine Frau; ihm fiel die Decke auf den Kopf. Doch ein Computerprogramm für Hobby-Animationsfilmer, auf das er zufällig stieß, öffnete ihm die Tür zu einer lustigeren Welt. Techniktüfteleien und Genrefilme hatten ihn immer schon begeistert; so begann er mit über 80 Jahren in seiner Wohnküche nächtelang originelle animierte old-school Abenteuerfilme zu „basteln“, wie er es nannte: Krimi, Horror, Science-Fiction, Mystery, Rotlichtmilieu. Exotische Hotspots von Lüneburg bis Samoa. Wie die Kinoschlager seiner Jugend, gewürzt mit viel Humor und Handwerkerwitz. („Wer Witwen freit und Würstchen isst, weiß nie, was drin gewesen ist.“)
Lustig wie Helge Schneider oder die eigenen Großeltern

Anfangs sprach er alle Figuren − selbst die schönen jungen Frauen − selbst. Später machten das auch manchmal Freunde (wie zum Beispiel ich als Böker in Tod im Teehaus). In Sukrows letzten Jahren reisten Underground-Filmfans von überallher zu seinen Aachener Filmabenden und schrieben faszinierte Rezensionen. In der Folge liefen seine Filme auf Festivals in Leipzig, Köln und Rotterdam, in Finnland, Madrid, Lissabon, Peru, Kroatien, Serbien und Sibirien. „Manchmal könnte man fast glauben, Bruno Sukrow sei ein kollektiver Traum“, schrieb einer seiner Förderer, der Filmjournalist und -kurator Olaf Möller, „von einer Art Filmemacher, die es mittlerweile kaum mehr gibt: radikal persönlich, ambitionsfrei, arglos und crazy verknallt in Pop. Dabei sind seine Filme auf eine Art lustig, wie man das vielleicht noch von Helge Schneider kennt oder den eigenen Großeltern. Die Witze sind so bescheiden-selbstironisch, dass man denjenigen, der sie über sich zu machen versteht, einfach lieben muss.“ Über 100 Filme wurden es, bis Bruno Sukrow 2022 im Alter von 95 Jahren starb. Der Aachener Filmkritiker Alex Klotz verwaltet nun Sukrows Filmnachlass, präsentiert ihn auf Festivals und veröffentlicht jedes Jahr an Sukrows Geburtstag einen seiner Filme auf YouTube.
Tod im Teehaus kann man hier streamen.
Weitere Filme von Bruno Sukrow gibt es hier.
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