The Smashing Machine – Kritik

Netter Kampfgigant haut alles zu Klump. Benny Safdies The Smashing Machine unterläuft die Konventionen des Sportfilms, weiß aber oft nicht, was er stattdessen erzählen will.

Regisseur Benny Safdie lässt keinen Zweifel daran, wer hier die smashing machine ist. Mark Kerr (Dwayne Johnsons) betritt gleich in der ersten Szene einen Ring in Brasilien, um seinen ersten Mixed-Martial-Arts-Kampf zu bestreiten. In einem Interview deutet Kerrs bester Freund und Mentor Mark Coleman (Ryan Bader) die Sportart später im Film als Versuch, den besten Kampfsport zu bestimmen. Schließlich treffen Kämpfer mit allen möglichen Hintergründen aufeinander. Karateka gegen Boxer, Kickboxer gegen Ringer: Das hört sich nach Finesse an, nach taktilen Fertigkeiten und Körperbeherrschung. Kerr stürzt in diesem ersten Kampf aber einfach auf seinen Gegner, drückt ihn auf den Boden und schlägt auf den Hilflosen ein, bis dessen Gesicht langsam Mus wird und der Ringrichter nach kürzester Zeit ein Einsehen hat. Kerr gewinnt nicht nur seinen ersten Kampf, sondern gleich das ganze Turnier – indem er seine Gegner brutal malträtiert.

Dass er dabei auch Finger in Augen stößt und auf Köpfe eintritt, ist aber letztlich nur ein Bonus. Dwayne Johnsons Körper ist bereits genug, um seinen Mark Kerr zur smashing machine zu machen. Nicht umsonst war Johnsons Name als Wrestler The Rock. Alles an seiner Statur ist niederschmetternd. Am meisten der Stiernacken, der wie eine Felsformation wirkt. Einzige Ausnahme sind vielleicht die Waden, die erstaunlich schmal sind für all die gestählte Muskelmasse darüber.

The Rock ohne Markenzeichen

Aber The Rock spielt selbstverständlich keinen unsympathischen Schläger. Besorgt vergisst sein Mark Kerr nach dem ersten Kampf zu jubeln, weil er sich um den Gesundheitszustand des Zermalmten sorgt. Die offensichtlichen Oscar-Ambitionen des Hauptdarstellers könnten womöglich gerade daran scheitern, dass er die Verletzlichkeit und die unschönen Seiten seiner Figur doch ein wenig zu sehr abfedert, zu sehr der nette Kumpel bleibt. The Rock verzichtet zwar auf sein Markenzeichen, die ironisch nach oben gezogene Augenbraue, aber dennoch spielt er diesen durchtrainierten Muskelberg als einen langsam sprechenden, leicht tumben Giganten, der zwar an seinem Leben zu scheitern droht, weil er dessen Konfliktlinien nicht wirklich begreift, aber gleichwohl ziemlich süß ist – wenn er nicht gerade jemand zu Klump haut.

The Smashing Machine beruht auf wahren Begebenheiten und ist als Biopic als große Verneigung vor einem Mixed-Martial-Arts-Pionier – dem echten Mark Kerr – gedacht. Auch die Schattenseiten werden nicht ausgelassen. Die Bausteine der Geschichte sind keineswegs originell. Kerr steigt rasend schnell auf, wird nebenher jedoch süchtig nach Opiaten – durch den ständig schmerzenden Körper, wegen der psychischen Unsicherheit. Die große Liebe darf auch nicht fehlen, weshalb es Dawn (Emily Blunt) zum Liebkosen, Streiten und wieder Zusammenraufen gibt. Am Ende findet ein großes Turnier statt, mit dem er die Rückkehr an die Weltspitze feiert.

Sportfilm mit Harfensolo

Doch so generisch Benny Safdie seine erste Soloregiearbeit ohne Bruder Josh anlegt, so kontinuierlich unterwandert er die geschürten Erwartungen. Während eines Turniers wird beispielsweise die US-amerikanische Nationalhymne gespielt. Nur wird sie alles andere als hymnisch interpretiert. Zur Harfen- und Synthiebegleitung haucht eine Frauenstimme fragil und sphärisch den „Star-Spangled Banner“. Statt großem Trara gibt es Einkehr und Zerbrechlichkeit. Überhaupt ist der Soundtrack, wenn nicht gerade Rod Stewart oder My Way auf dicke Hose machen, eher esoterisch. Sachte Saxophon- oder Harfensolos bestimmen das Geschehen und weisen darauf hin, dass es Safdie vielleicht doch nicht um die bekannte Geschichte des amerikanischen Traums geht, in dem jemand zu sich findet und dadurch auch sportlich triumphiert.

Die großen dramaturgischen Punkte der Geschichte werden schlicht ausgelassen. Es gibt kein großes Kennenlernen der Liebenden. Dawn wird nicht einmal richtig eingeführt. Sie spaziert einfach – schon längst ist sie seine Freundin – in die Kabine Kerrs und damit in den Film. Am Ende steht dieser nicht triumphierend im Ring, sondern unter einer Dusche. Nur er allein mit seinem Leben. Dazwischen spart der Film nicht einfach nur die Triumphe Kerrs aus, sondern größtenteils auch seine Kämpfe im Ring.

Immer schon ein Ringen

Mitunter wirkt der Film wie eines jener John-Cassavetes-Dramen, in denen sich Leute für ein einträchtiges Zusammenleben einfach zu sehr selbst im Weg stehen. Die gewollt rumpelige, pseudodokumentarisch-authentische Kameraarbeit passt dazu. Nur fehlt Safdie diesmal das Gespür für das Nervenaufreibende – für das also, was die Filme der Brüder bisher bestimmte. Die Kämpfe des Lebens in The Smashing Machine erscheinen eher dumpf, seicht und kaum pointiert. Es stellt sich ziemlich schnell die Frage, was dieses Biopic, das die Erwartungen an ein solches sanft und doch nachdrücklich unterläuft, denn stattdessen sein will.

In einem der weiteren kurzen Interviews des Films erzählt Kerr, dass die Konzentration eines Kämpfers wie das Licht eines Lasers sein muss und nicht so zerstreut wie das einer Taschenlampe sein darf. Obgleich der Film oft so zerstreut wie eine Funzel wirkt, gibt es doch die eine klar gezogene Opposition, die den Film und Kerrs Leben gliedert. Auf der einen Seite stehen Szenen, in denen er für sich und mit seinen Freunden trainiert, kämpft und ganz bei der Sache des Kampfsports ist. Auf der anderen Szenen mit Dawn, in denen sie fordernd auftritt, umgehend Unbehagen auslöst und in denen Kerrs Leben mehr und mehr zum Trümmerhaufen wird. Nie geht ihre Beziehung in Romantik auf, immer ist es schon ein Ringen.

Nachgeholtes Scheidungsgeschenk

Dawn ist diejenige Figur, die am ehesten den Protagonisten aus Good Time (2017) und Uncut Gems (2019), den vorigen Filmen der Safdies, gleicht, die nichts richtig angehen, sondern sich durchmogeln wollen, die nicht einsehen, dass sie verloren haben und deshalb ihre Welt mit Terror fluten. Sicherlich ist Kerr an den Auseinandersetzungen mit ihr nie unschuldig, und doch trennt der Film klar zwischen der Eintracht ohne Dawn und den bitteren Auseinandersetzungen, sobald sie da ist. Weshalb das offensichtlichste vielleicht gar nicht so offensichtlich ist. Denn die eigentliche The Smashing Machine – des Films und für Mark Kerrs Leben – scheint Dawn zu sein.

Rein symbolisch ergibt das durchaus Sinn und macht den Film halbwegs rund, weil es um einen Sportler geht, der darum kämpft, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, der sich aber von Eitelkeit, Eifersucht, Frust, Angst und den Kleinigkeiten unserer Welt ablenken lässt. Rein menschlich wird es aber ziemlich fragwürdig. Nicht so sehr, weil Safdie kein Auge für die toxische Ausgrenzung der einen Frau des Films aus einer Männerwelt hat, sondern weil dieser Film über einen netten Kampfgiganten wie ein nachgeholtes Scheidungsgeschenk für Kerr wirkt, der im realen Leben Dawn zwar im Anschluss an die Ereignisse im Film heiratete, aber schon lange nicht mehr mit ihr zusammenlebt.

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