Symbol – Kritik

Was auf den ersten Blick aussieht wie eine weitere Fortsetzung der Cube-Reihe (1997 – 2004), entpuppt sich schnell als fantastische Komödie – im doppelten Wortsinn.

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Ein Mann (Hitoshi Matsumoto) erwacht in einem großen weißen Raum ohne sichtbaren Ausgang. Er weiß nicht wie er dort hingekommen ist, läuft irritiert umher und bittet einen vermuteten anonymen Überwacher um Verzeihung – ohne Erfolg. Begleitet von kindlichem Kichern bringen die Wände des Raumes plötzlich eine Unmenge an Putten, Figuren von Engelsknaben, hervor, die sich bald auch wieder zurück in die Wand integrieren. Nur ihre Penisse bleiben zu sehen und bilden herausstehende Hebel. Sobald einer von ihnen gedrückt wird, stößt die Wand unbegrenzt bestimmte Gegenstände aus. Es dauert nicht lange und der Raum füllt sich mit Essstäbchen, einer Liege, Manga-Büchern und vielen weiteren nutzlos erscheinenden Objekten. Immerhin muss der Mann nicht verhungern, denn auch Sushi gibt es zur Genüge, wenn auch zunächst mal ohne Sojasauce. Diese Haupthandlung wird begleitet von der Geschichte um Escargotman, einem mexikanischen Wrestler auf dem absteigenden Ast, der einen großen Kampf vor sich hat. Der Zusammenhang der beiden Erzählstränge bleibt lange Zeit im Unklaren.

Regisseur Hitoshi Matsumoto, der auch die Hauptrolle übernommen hat, ist in erster Linie als eine Hälfte des Duos „Downtown“ bekannt, das seit den 1980ern zu den größten Comedians Japans gehört. Wie bereits Der große Japaner (Dainipponjin, 2007), Matsumotos erster Spielfilm, ist auch der nachfolgende Symbol (Shinboru, 2009) durch eine sehr eigene, größtenteils eher unterschwellige Form des Humors geprägt. Er geht es erst mal sehr ruhig an, lässt sich viel Zeit um eine wirkliche Handlung voranzubringen. Die Komik geht in Richtung Slapstick, speist sich vor allem aus Matsumotos Mimik und Gestik sowie der Interaktion mit seinem Umfeld und den unterschiedlichen Gegenständen. Die komische Grundatmosphäre wird nicht zuletzt durch eine geschickte Inszenierung des an sich schlichten Raumes gewonnen. Die unterschiedlichsten Perspektiven und Blickwinkel wie auch der ausgeklügelte Einsatz von Tiefenschärfe erzeugen eine verhaltene aber effektive Dramaturgie. Auch die skurrile Situation selbst sorgt für Unterhaltung. So lässt ein Penishebel etwa urplötzlich einen afrikanischen Stammeskrieger durch den Raum huschen.

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Einige der Gags erscheinen etwas infantil, was jedoch Teil des größeren Konzepts der Gesamterzählung ist. Wie schon der bunt gepunktete Pyjama des Mannes, sein Prinz-Eisenherz-Haarschnitt, seine etwas ungestüme Art und gelegentliche Heulausbrüche erkennen lassen, ist der namenlose Mann trotz seines offensichtlichen Alters um die vierzig von sehr kindlichem Charakter. Darauf deutet bereits die erste Kapitelbezeichnung des Films hin, wenn mit dem Wort „Schulung“ Spekulationen darüber angeregt werden, dass der Mann weniger Entführungsopfer ist, sondern einem unfreiwilligen Entwicklungsprozess unterworfen wird.

Sobald der Mann verstanden hat, dass ihm die unterschiedlichen Gegenstände doch nicht rein willkürlich zugestanden werden, sondern in einer geschickten Kombination einen Ausweg aus dem Raum ermöglichen, gestaltet sich die Handlung wesentlich rasanter. Das vormals etwas träge (Re)Agieren des Mannes geht über in ein umtriebiges Ausprobieren. Filmische Gestaltungsmittel wie Split Screen und mit energetischer Musik unterlegte Comicsequenzen, die seine Denkprozesse visualisieren, sorgen für zusätzliche Dynamik.

Im letzten Kapitel, das den Titel „Praxis“ trägt, eröffnen sich dem Mann dann ungeahnte Dimensionen. Dabei wird die Geschichte des eingesperrten Japaners mit der des mexikanischen Wrestlers, sowie noch einigen anderen über den gesamten Globus verteilten Ereignissen auf wahnwitzige Weise zusammengebracht. Angesichts des anschließend angeschlagenen Tons der mythischen bis religiösen Erhöhung des Geschehens ließen sich diverse Spekulationen darüber anstellen, wofür Matsumotos mit einem so bedeutungsträchtigen Titel versehener Film denn letztlich stehen will. An möglichen Interpretationsangeboten mangelt es nicht. Um nichts weniger als die Ausbildung von Engeln, der Geburt eines modernen Gottes oder einer sonst wie gearteten Entität, die das Schicksal der gesamten Menschheit in Händen hält, könnte es dabei gehen. Doch zu ernsthafte Überlegungen über die Bedeutung würden das permanente Augenzwinkern des Films missachten.

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Das Erfreuliche an Matsumotos Film ist schließlich die spielerische Leichtigkeit mit der seine Geschichte bis zu ihrem abgehobenen Ende hin erzählt wird. Symbol ist witzig aber auch spannend, skurril und dabei doch sehr charmant, und von der Handlung her tatsächlich einzigartig. Ursprünglich bereits 2009 erschienen, dauerte es drei Jahre bis das Werk bei uns eine Auswertung erhielt. Das mag vermutlich an seinem sehr speziellen Humor liegen, der sich zwar von der Überdrehtheit sonstiger japanischer Komödien unterscheidet, den Film aber dennoch als massenkompatibel disqualifiziert, ihn dafür aber zum wertvollen Geheimtipp macht.

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