Sweet Sixteen - Blutiges Inferno – Kritik
Neu in einer Kleinstadt, und dann noch mitten in einem Slasher: Sweet Sixteen verdammt seine Protagonistin zu blutiger Einsamkeit. Nur Hauptdarstellerin Aleisa Shirley setzt sich gegen Regisseur Jim Sotos zur Wehr.

Melissa Morgan (Aleisa Shirley) schaut sich vor der Feier zu ihrem sechzehnten Geburtstag lange im Spiegel an. Sweet Sixteen – Blutiges Inferno betrachtet sie dabei ebenso intensiv. Sie trägt zu diesem Zeitpunkt nicht mehr den Mittelscheitel, mit dem wir sie zu Beginn des Films kennengelernt haben. Links ist ihr Haupthaar streng um den Kopf gekämmt, rechts quellen ihre langen, wilden Locken aus einem Zopf hervor. Die Asymmetrie der Frisur ist die ihrer Figur.
Fordernd und verzagt

Wir lernen Melissa als Vamp kennen. Neu in einer Kleinstadt angekommen, wirft sie sich den Männern an den Hals. Wenn sie sich eine Zigarette ansteckt, betont sie sichtlich, dass sie schon mit allen Wassern gewaschen sei. Noch dazu wird sie wiederholt als verzogenes Gör ausgestellt, die sich die Dinge mit Lügen zurechtbiegt und alles tut, um ihr Geltungsbewusstsein zu befriedigen. Dieser aggressiven Extrovertiertheit steht entgegen, dass sie aufschrickt und sich drückt, wenn es doch mal ernst wird. Und wie keine andere Figur des Films sehen wir sie immer wieder allein und verloren. Mal ist sie also bestimmt und fordernd, mal blickt sie verzagt ins Leere – oder auf sich.

Einer der Gründe für diese Spaltung wird in einem Dialog direkt angesprochen. Melissa werde von den Jungs ihrer High School zwar angehimmelt, niemand traue sich aber an sie heran. Und auch ihre Eltern (Patrick Macnee und Susan Strasberg) sehen in ihr lediglich ein zu beschützendes Objekt, dem sich nicht menschlich angenähert werden muss. Ihre pubertäre Entfremdung bekommt zu guter Letzt einen traumatischen Ausdruck, da es sich bei Sweet Sixteen um einen Slasher handelt. In der Regel wird jugendliche Sexualität dort von Mördern bestraft. Hier sind es allerdings lediglich die (Fast-)Liebhaber Melissas, die umgebracht werden. Melissas Scheitern an einer ebenbürtigen Annäherung führt zu einer blutigen Einsamkeit, angesichts derer ihre fehlende seelische Ausgeglichenheit kaum verwundert.
Karikaturen der Ebenen

Im Vorspann ist der Name Aleisa Shirleys der zuletzt genannte unter den Hauptdarstellern. Nicht nur, weil es sich um ihr Spielfilmdebüt handelt, sondern auch weil sie für den Film zwar zentral ist, aber doch ein wenig am Rande steht. Wer es nicht ganz so mit dem Film hält, sagt womöglich, dass sie lediglich da ist, um schön und nackt zu sein. Wohlwollender könnte aber auch gesagt werden, dass Sweet Sixteen größere Ambitionen hat, sich für mehr als nur ein Einzelschicksal interessiert. Der Hass zweier Rednecks gegenüber zwei Native Americans zieht sich ebenso durch den gesamten Film wie das Lebensgefühl der Kleinstadt, in der alle eine gemeinsame Vergangenheit haben und in der bei Town Hall Meeting, Beerdigung oder Barbecue immer nur die gleichen Leute anzutreffen sind. Dann gibt es noch eine Sherifftochter (Dana Kimmell), die sich nur zu gern in Krimis hineinfantasiert und damit eine Metaebene öffnet.

Diese zusätzlichen Ebenen bleiben aber Karikaturen. Die Rednecks verhalten sich zu jeder Zeit überzogen niederträchtig und idiotisch und die nativen Amerikaner sind so wortkarg und eigenwillig, dass sie immer wieder als Verdächtige für die Morde vorgeschoben werden, nur um es dann doch nicht gewesen zu sein. Das Kleinstädtische besteht nur aus den entsprechenden gängigen Kinotropen und zieht sich leicht untot durch einen nicht gerade straffen Plot. Und der Metaaspekt verliert nur allzu schnell jede Bedeutung, wenn er einmal genutzt wurde, um uns kurz zu täuschen. Sweet Sixteen interessiert sich eben nicht für Ambivalenzen, sondern nur für ein Spiel mit dem Verdacht, das wiederum nur aus dienstschuldigen Pflichtübungen besteht.
Talent nur für Erotik

So hat Regisseur Jim Sotos auch kein Interesse, den Ermordungen etwas abzugewinnen. Der erste Mord ist ähnlich zerhäckselt wie der Duschmord in Psycho. Dort jedoch werden Einzelmomente aus einer Perspektive festgehalten, der keine ganzheitliche Realität mehr entspricht. Hier bekommen wir nur ein paar zufällige Bilder gezeigt, die keinen irgendwie gearteten Eindruck hinterlassen. Auch später ist alles Dramatische eher durch Auslassung gekennzeichnet. Die rote Linie bildet lediglich der Whodunit, der von der detektivischen Arbeit der Familie des Sheriffs (Peckinpah Alumni Bo Hopkins) getragen wird. Netterweise wird uns von seinem Sohn Hank (Steve Antin) gleich zu Beginn gesagt, dass er nichts Falsches machen würde. Er ist ein netter Junge, wie Sweet Sixteen ein netter Film ist.

Wie auf Autopilot bewegt sich Sweet Sixteen so auf die uninteressantesten Aspekte seiner Ambitionen zu. Auch weil das Talent Sotos eigentlich nur dann zum Vorschein kommt, wenn es ohne zwingenden Grund hier und da mal Richtung heruntergekommener, weichgezeichneter Erotikoptik geht. Während Aleisa Shirley wiederholt dergestalt angegafft wird, schafft sie es aber als einzige, ihrer Figur etwas Tiefe zu geben. Weil sie eben nicht so aussieht, als wüsste sie, was sie hier eigentlich zu suchen hat. Es ist ein zutiefst menschlicher Ausdruck, und einer der wenigen Highlights eines Films, der größtenteils nur karge das zeigt, von dem er denkt, dass es den Regeln des Genres entspricht.
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