Sixteen Candles – Kritik
Blaupause für 80er-Teenager-Komödien und grimmiges Porträt einer weißen Vorstadt: John Hughes’ Regiedebüt Sixteen Candles (1984) ist sein wildester und schmutzigster, aber wahrscheinlich auch ehrlichster Film. Als Extended Cut erscheint er nun auf DVD.

Kein Jahr nach Sixteen Candles startete The Breakfast Club (1984) in den Kinos. Ein unwirklicher Zeitraum, denn der Unterschied zwischen Regiedebüt und Zweitling ließe eher erwarten, dass John Hughes dazwischen mehrere Jahre und Filme Erfahrung gesammelt hat. Sixteen Candles – der in deutschen Kinos unter dem obskuren Titel Das darf man nur als Erwachsener lief – zeigt einige Anzeichen eines Debüts, schlingert im Tonfall und wuchert ungebremst vor Einfällen. (Die nun im Extended Cut des Media Books eingefügte Szene, die zwar witzig ist, aber den Film an der Stelle etwas schwerfällig macht, zeigt jedoch, wie pointiert die Originalfassung tatsächlich ist.) Und nur wenig später folgt ein konzentrierter und (geschmacks-)sicherer, eleganter und geschliffener Film – der aber auch unschöne Dinge besser kaschiert.

Überhaupt ging es bei John Hughes immer sehr schnell. Bis 1978 war er noch hauptberuflich Werbetexter. Als Autor schrieb er so schnell und viel, dass das monatliche Satiremagazin „National Lampoons“ kaum mit dem Veröffentlichen hinterherkam. Schon sein zweites Drehbuch – Die schrillen Vier auf Achse (National Lampoon’s Vacations) wurde 1983 zum Hit und ermöglichte ihm, als Regisseur seine Bücher selbst zu verfilmen. Keine zehn Jahre später folgte nach zentralen Hits der 1980er wie Ferris macht blau (Ferris Bueller’s Day Off, 1986), Pretty in Pink (1987) oder Ein Ticket für zwei (Planes, Trains & Automobiles, 1987) bereits seine letzte Regiearbeit. Danach zog er sich mehr und mehr ins Private zurück und war, als er 2009 verstarb, aus Hollywood gänzlich verschwunden.
Eskalierende Partys

Samantha (Molly Ringwald) hat in Sixteen Candles Geburtstag – nicht irgendeinen, sondern den in den USA so bedeutenden sechzehnten. Doch ihre Familie hat ihn vergessen. Die Heirat ihrer älteren Schwester am folgenden Tag lenkt alle Aufmerksamkeit und Energie auf sich. Und als ob das noch nicht genug ist, fällt der Zettel, auf dem Samantha beichtet, dass sie noch Jungfrau ist und sich ein erstes Mal mit dem ein Jahr älteren Jake Ryan (Michael Schoeffling) wünscht, ausgerechnet in dessen Hände. Statt Jake ist es dann aber der seine Unsicherheit aggressiv überspielende Farmer Ted (Anthony Michael Hall), ein Nerd und Freshman, der sich aufdringlich und plump an sie heranmacht.

Im Laufe der anderthalb Handlungstage werden ein Schulball, eine eskalierende Party in einem sturmfreien Haus und ein katastrophales Familienfest gefeiert. Peinlichkeiten, intime Aussprachen, unwirkliche Entwicklungen: Es ist, als ob Hughes eine Blaupause für die Teenager-Komödien erstellen wollte, die auf Sixteen Candles folgend zum festen Bestandteil der Kinolandschaft wurden. Das hohe Tempo und der Irrwitz spielen jedoch in einer eigenen Liga und zeigen eben schon einen Regisseur, der sehr prägend für seine Zeit werden sollte.
Stimmungswechsel, wenn man sie braucht

Die Masse an Ereignissen hat aber auch zur Folge, dass der Film fahrig wirkt, seine Konflikte nur anreißt und kaum ausformuliert. Wie eine Blaupause wirkt er also auch deshalb, weil vieles provisorisch scheint und wenig aus dem Geschehen selbst heraus motiviert. Wenn Sam am Ende des Balls niedergeschlagen im Abseits sitzt und der sie belästigende Farmer Ted sich ihr abermals annähert, dann bricht das Zwischenmenschliche und Intime sehr plötzlich über einen Film herein, der seine Figuren zuvor eher als Klischees nutzte, die sich aneinander abarbeiteten. Und so abrupt die Stimmung sich hier wandelt, so unmittelbar geht es danach wieder hochtourig weiter.

Tatsächlich ist es aber gerade die Stärke von Sixteen Candles, dass er seine Stimmungswechsel nicht aus einer Figurenpsychologie entwirft, sondern sie einfach deshalb erfolgen lässt, weil sie gerade jetzt vonnöten scheinen. Dass er seine Figuren wie Klischees benutzt, um sie dann doch immer wieder unmotiviert aus ihren Rollen fallen zu lassen. Und dass ein einziges nächtliches, wenig dramatisches Gespräch zwischen Sam und ihrem Vater (Paul Dooley) schon reicht, um die familiären Wellen zu glätten. Das dramaturgisch Ungeschliffene stellt sich nämlich als luftige Freiheit heraus, als hoffnungsvolle Note, die den Leuten Flexibilität erlaubt und zutraut. Als Romantik, bei der sich das Schöne und Gute nicht logisch ergibt, sondern weil es die Menschen auch mal verdient haben und es einander gönnen. Statt den gekonnten Seelenstriptease von The Breakfast Club gibt es nur eine tapsige Ahnung davon, was Sam und ihre Mitleidenden aus ihrer Welt der brutalen Schulhierarchien und selbstbezogenen Mitmenschen mitnehmen werden.
Nicht verstecken, was im Argen liegt

Dass Sixteen Candles nicht so kunstfertig wie sein Nachfolger erscheint, liegt zu einem nicht unbedeutenden Teil aber auch daran, dass er noch nicht (so gut) versteckt, was in dieser Vorstadtwelt alles im Argen liegt. Immer wieder beschimpfen sich die Jugendlichen als „Faggots“. Wenn Sams Eltern ein Abendessen mit den Ryszczyks verbringen, der Familie, in die ihre Tochter einheiratet, dann läuft im Hintergrund Nino Rotas Thema aus Der Pate (The Godfather, 1972), das Unbehagen über diese Fremden säuselt so bedrohlich im Hintergrund. Wenn wiederum Long Duk Dong (Gedde Watanabe), der Austauschschüler, der bei Sams Großeltern untergekommen ist, auch nur erwähnt wird, ertönt extradiegetisch ein lauter Gong, der das Orientalische unterstreicht und die Unsicherheit gegenüber allem, was anders ist, ohrenbetäubend in den Film setzt. Comichaft und schrill stellt Sixteen Candles die Ängste der weißen Mittelschicht vor Diversität aus. In einer anderen Szene erklärt Jake Farmer Ted, dass er eine ernsthafte, tiefe Beziehung möchte. Wenn er nur Sex wollte, könne er ja seine gerade betrunkene, ohnmächtige Freundin (Haviland Morris) auf zehn verschiedene Weisen missbrauchen. Zu diesem Zweck wird er sie aber dann Ted überlassen.

Das Porträt einer weißen Vorstadt hält sich hier in nichts zurück und zeigt sie einerseits von ihrer liebenswerten, schrulligen, aber eben auch von ihrer grimmigen Seite. Neben dem Druck in der Schule und in der Lebensfindung bekommen es die Teenager auch mit so zweifelhaften wie wirkmächtigen Ideologien zu tun. Sixteen Candles ist wahrscheinlich der wildeste, schmutzigste Film von John Hughes, aber in gewisser Weise auch der ehrlichste. Schönfärberei kann ihm jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Dafür bietet er aber eben jemanden wie Long Duk Dong: eine klischeehafte Figur, die sich trotzdem freikämpfen darf, die auf ihrem – mit vielen (gemeinen) Pointen gespickten – Weg hedonistisch und selbstbestimmt ist und dafür im Film ausgiebig Platz erhält. Einen Platz, den jemand, der so weit außen steht, danach nicht mehr erhielt.
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