Robot Dreams – Kritik

Pablo Bergers Animationsfilm über die Freundschaft zwischen einem Hund und einem Roboter in einem von Tieren bevölkerten New York kommt gänzlich ohne Worte aus. Robot Dreams zeichnet weniger seine Figuren als deren Gefühle und nutzt dafür die Macht der kleinen Gesten.

Der Held aus Pablo Bergers Animationsfilm Robot Dreams ist derart in seiner Alltagsmonotonie versunken, dass er gar nicht merkt, wie allein er ist. Abends zockt er ein schlichtes Computerspiel, isst dazu klebrige Mikrowellen-Maccheroni und versucht mit möglichst wenig Bewegung den Strohhalm seiner Cola zum Mund zu führen. Zwei Blicke genügen jedoch, um ihm die Wahrheit vor Augen zur führen: einer durchs gegenüberliegende Fenster, wo ein Pärchen miteinander kuschelt, und einer auf seinen Fernseher, in dem er sich einsam und bedröppelt spiegelt.

Ausdrucksstarkes Grau

Der spanische Regisseur ist durch seinen Schneewittchen-Stummfilm Blancanieves bereits geübt darin, eine Erzählung über Mimik, Gestik und Montage laufen zu lassen. Auch Robot Dreams kommt gänzlich ohne Worte aus. Für einen Dialog reicht es oft, die lediglich als schwarze Punkte gezeichneten Pupillen vielsagend in eine Richtung wandern zu lassen. Der Protagonist ist ein namenloser Hund, auf dessen Klingelschild lediglich „Dog“ steht, und auch sonst ist das New York im Film ausschließlich von Tieren bevölkert, die urbanen menschlichen Archetypen nachempfunden sind. Konkret ist der Film weniger in der Zeichnung seiner Figuren als in der Darstellung ihrer Gefühle.

Abhilfe für den einsamen Hund schafft bald ein Roboter, der zwar mühsam zusammengeschraubt werden muss, aber auch Herz und Seele hat. Die Menschlichkeit des Blechmanns hinterfragt der Film ebenso wenig wie die Echtheit der Freundschaft, die sich zwischen den beiden entwickelt. Schon äußerlich steht außer Frage, dass die in ihrem stark vereinfachten, aber durchaus ausdrucksstarkem grauen Charakterdesign aneinander angelehnten Figuren füreinander bestimmt sind.

Die Stadt, durch die sie flanieren, ist mit ihrer wuselnden Bevölkerung, den Werbeschildern und detailverliebt eingerichteten Shops umso kleinteiliger gestaltet. Hier erleben die zwei einen wunderbaren Spätsommer. Alles macht plötzlich mehr Spaß, weil man es zu zweit tut. Die beiden essen Hot Dogs, fahren Boot im Central Park und tanzen ausgelassen auf Rollschuhen. Am Strand von Coney Island umklammern sich ihre Finger so beiläufig wie innig. Um große Gefühle zu vermitteln, wählt Robot Dreams meist kleine Gesten.

Gentrifizierte Ästhetik

Die Zweisamkeit nimmt ein jähes Ende, als der Roboter sich nach dem Baden nicht mehr bewegen kann und bis zum nächsten Sommer in Coney Island verharren muss. Ein verschlossenes Gitter wird dabei zum unüberwindbaren Hindernis, bei dem sich nie die Frage stellt, ob man den Strand nicht auch von der Seite erreichen könnte. Berger bedient sich zwar eines gewissen Realismus, nimmt sich aber nicht jedes unplausible Detail vor. Entweder umgeht er solche Momente oder thematisiert offensiv deren Widersinn. Mehrmals kommen etwa Telefone zum Einsatz, doch jedes Mal verhindert ein Zufall, dass gesprochen wird. Und als sich der Hund nach dem Baden umständlich mit einem Handtuch seiner Badehose entledigt, präsentiert er sich darauf in seiner ganzen, geschlechtsteillosen Pracht, in der wir ihn ohnehin schon die ganze Zeit gesehen haben.

Robot Dreams lebt von seinem Wechselspiel aus Fantasie und Wirklichkeit. Die Handlung ist etwa im Manhattan der frühen 1980er angesiedelt und der Blick auf die Stadt so präzise wie nostalgisch romantisierend. Eher kindliche Erzählmotive über die Bedeutung von Freundschaft verbinden sich dabei mit einem coolen, stärker an die Elterngeneration gerichteten Vintage-Look. Damalige Musik- und Modestile wie Disco, Hip Hop und Punk kommen ebenso zum Einsatz wie der Retro-Chic analoger Elektronik. Alles ist liebevoll gezeichnet, vielleicht auch manchmal etwas zu niedlich und geordnet. Gewissermaßen eine gentrifizierte Ästhetik für eine damals noch nicht so gentrifizierte Stadt.

Sehnsüchte und Verlustängste

Besonders an Robot Dreams ist, dass er die innige Freundschaft vor allem über ihre Abwesenheit thematisiert. Nachdem der Hund seinen Kumpel zurücklassen muss, widmet sich der Film ihnen fast nur noch getrennt. Während der Roboter im Sand bewegungslos vor sich hin rostet, von gestrandeten Hasen verstümmelt und später zum Vogel-Nistplatz wird, versucht der Hund mit Schlittenausflügen und Dates auf andere Gedanken zu kommen. Die ohnehin entspannte Erzählweise zersplittert dabei episodisch ein wenig und raubt der eigentlichen Geschichte die Zugkraft.

Robot Dreams besticht dafür umso mehr durch sentimentale Momente und surreale Einfälle. Besonders austoben kann sich Berger in den zahlreichen Träumen, in denen die Sehnsüchte der Freunde mit ihren Verlustängsten verschmelzen. Während der Hund in einem kennerhaften Schneemann einen Bowling-Buddy findet, verliert sich der Roboter im Setting des Zauberer von Oz in einem Busby-Berkeley-artigen Blumenballett. Der Vorstellungskraft sind jedoch Grenzen gesetzt. Mit einem etwas unerwarteten Schluss demonstriert der Film, dass sich Wunschtraum und Pragmatismus durchaus miteinander versöhnen lassen.

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