Manodrome – Kritik

Amazon Prime: John Trengove schickt einen schmächtigen Jungen in einen Männerkult, und schon eskalieren Jesse Eisenbergs Ticks. Manodrome will Untersuchung unserer Welt sein, greift dafür aber ganz schön in die Tasten.

„There is no god but you!“, sagt Dan (Adrian Brody) zum aufgelösten Ralphie (Jesse Eisenberg) – es gibt keinen Gott außer dir. Damit verfestigt er in Ralphie einen Gedanken, der dessen Pfad in die Zerstörung besiegeln wird. Niemand auf der Welt ist da für dich, um dir den Respekt für deine Entbehrungen einzuholen, den du verdienst. Außer eben du selbst.

Der neue Chauvinismus

Ralphie schlägt sich von Job zu Job durch, um sich und seine schwangere Freundin Sal (Odessa Young) durchzufüttern. Spätabends glänzt sein bleicher, schmächtiger Körper im Neonlicht der Körperschmiede. Er fühlt sich von der Gesellschaft verlassen, von den Frauen missachtet, von den Männern an den Rand gedrängt. Dunkle Streicher untermalen das urbane Schattenreich, das Regisseur John Trengrove hier beschwört. Ein Opernchor beklagt wie eine griechische Tragödie die unabwendbare Katastrophe. Die Frage ist nicht, ob Ralphie den Verstand verliert, sondern wann.

Manodrome will etwas untersuchen: die Radikalisierung junger Männer in Richtung eines neuen Chauvinismus, die wir im echten Leben beobachten können. Welche Ängste, welcher Hass befeuert einen Incel? Was veranlasst einen unbescholtenen Twen, in den Männlichkeitskult eines frauen- und menschenhassenden Ex-Kickboxers einzutreten? Der Andrew Tate in Manodrome ist Dan, der sein großes Landhaus in eine Jonestown-hafte Manosphere umgebaut hat und junge, frustrierte Männer in seinen Dunstkreis zieht. Mit der Figur des Dan verdeutlicht Trengrove die Perfidität einer solchen Bewegung. Auf den ersten zwei Metern bietet Dan Ralph genau das, was diesem fehlt: Gemeinschaft, Berührung, ein Ventil für seine Gefühle. Doch jeder weitere Schritt zieht Ralph tiefer in eine Spirale aus Schuldzuweisungen, Stärke-Fetisch und Vigilantismus. Seine Unsicherheiten werden untergründig befeuert und wandeln sich zur Psychose.

Biblische Theatralik

Manodrome bemüht sich um ein komplexes Psychogramm seiner Hauptfigur. Dank Jesse Eisenberg rutscht Ralphie nicht in die Karikatur des schmächtigen Außenseiters ab. Die typischen Eisenberg’schen Ticks sind da – das Blinzeln, das Anspannen des Nackens, der fahrige Blick –, doch weil zunehmend Ralphies Heimatlosigkeit hervorscheint, eskalieren die Ticks bald in Selbsthass und Gewaltausbrüche. Sobald Trengroves Drehbuch diese Eskalationsmechanismen aber in Gang setzt, verliert der Film auch seinen Fokus. Plötzlich funktionieren die Figuren mehr als Argumente in einer Debatte, die zunehmend an Pathos gewinnt. Auch die biblischen Anleihen tauchen das Drama plötzlich in eine starke Theatralik.

Ralphie wird gnadenlos durch die Erzählmechaniken des Films gejagt. Andererseits kann sich auch die Rezeption seiner Geschichte verändern, wenn man den Film als ein Gefäß für die Thesen akzeptiert, die Trengrove aufstellen möchte. Dann ließe sich am Ende sogar mit Ralphie fühlen, wenn der Film ihm noch einen dicken Knuddler, einen Schmatzer auf die Wange und damit ein bisschen Trost gönnt.

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