Eine Fliege kommt selten allein – Kritik

VoD: Mit seiner neuen Komödie wendet sich Quentin Dupieux vollends dem Albernen zu. In Eine Fliege kommt selten allein dreht sich alles um eine gigantische Dressurfliege namens Dominique – mit der ein Regisseur nicht zuletzt sein Publikum narrt.

Manu (Grégoire Ludig) wacht irgendwo in der Provence am Strand auf. Der Strand böte an sich genügend Möglichkeiten für einen trockenen Schlafplatz, doch da Manu der Protagonist einer Komödie von Quentin Dupieux ist – in dessen Filmen es durchaus mal im Büro regnet –, wacht er eben inmitten der Wellen auf, eingewickelt in eine durchnässte Decke. Ein Bekannter hat ihn geweckt und bietet ihm 500 Euro dafür, dass er einen Koffer von A nach B transportiert, wobei es sich bei Punkt B um einen Herrn namens Michel-Michel handelt. Leider wird der zweifache Michel etwas warten müssen, denn als Manu ein Auto klaut, um den mysteriösen Koffer zu seinem Empfänger zu bringen, stellt er fest, dass sich im Kofferraum eine Fliege befindet – eine Fliege mit den Ausmaßen eines Rottweilers. Den Rest des Films werden Manu und sein Buddy Jean-Gab (David Marsais) damit verbringen, diese Fliege zu dressieren, um durch ihre Zirkustricks reich zu werden – ein todsicherer Plan, insbesondere da Manu und Jean-Gab gemeinsam auf ungefähr genauso viele Hirnzellen kommen wie die Fliege.

Albern statt trocken

Mit Eine Fliege kommt selten allein (Mandibules) ist Dupieux möglicherweise in einer neuen Schaffensperiode angekommen. Bekannt geworden durch die subtextreiche Horrorsatire Rubber (2010), hat sich der einstige Elektromusiker zunächst mit Filmen einen Namen gemacht, die mit einem trockenen, absurden Humor und zahlreichen surrealen Einsprengseln aufwarteten, und sich dann, etwa in Wrong Cops, zunehmend selbst zitiert. Nach dieser primär in Kalifornien angesiedelten Phase kehrte er mit den angenehm bescheidenen Filmen Die Wache (Au poste!, 2018) und Monsieur Killerstyle (Le daim, 2019) nach Europa zurück und ließ zunehmend Klamauk in sein Werk einfließen. Mit Eine Fliege kommt selten allein hat er sich nun vollends dem Albernen zugewandt: Es ist ein Film, der zum lauten Lachen anregt, der sich voll auf die großen Gags konzentriert und auf kleine Verfremdungseffekte – wie sie vor allem in Rubber und Wrong (2012) auftauchten – weitgehend verzichtet.

Die besten Gags gelingen Dupieux, als Manu und Jean-Gab sich dank äußerst glücklicher Umstände in einer Sommerurlaubs-Villa wiederfinden und ihre gigantische, summende Begleiterin – der sie inzwischen den Namen Dominique verpasst haben – vor den Gastgebern verstecken müssen. Mit einem kuriosen Freundschaftsritual, das der Film immer wieder mit gutem Timing einsetzt, und einer unfreiwillig schreienden Nebenfigur etabliert Eine Fliege kommt selten allein zudem zwei schöne Running Gags. Dem vergnüglichen, aber eben auch fliegengewichtigen Film kommt außerdem zugute, dass Dupieux ihn nicht streckt, sondern es bei schlanken 77 Minuten belässt.

Wie Messi auf der Bank

Auch wenn Dupieux sich mit Eine Fliege kommt selten allein etwas von seinem bisherigen Stil entfernt, werden Anhänger des Regisseurs einige Elemente wiedererkennen: An einer entscheidenden Stelle blickt jemand direkt in die Kamera und durchbricht so – wie in Rubber – die vierte Wand. Wenn der Spannungsbogen sich gegen Ende schließt und wir endlich den ominösen Michel-Michel kennenlernen und in dessen Koffer blicken dürfen, narrt der Film sein Publikum mit einem non-sequitur – seit jeher ein Kennzeichen von Dupieux.

Das Kurioseste an diesem Film ist aber wohl der Streich, den sich Dupieux gegenüber den Zuschauern erlaubt, indem er seine größte Attraktion mit enormem Understatement behandelt: Kaum eine Figur scheint sich besonders über die Existenz dieses Rieseninsekts zu wundern. Und Dupieux schöpft – wahrscheinlich mit voller Absicht – weder das Komik- noch das Ekel-Potenzial der Fliege auch nur halbwegs aus. Die Fliege ist gleichzeitig Kern und Nebensache: Sie löst den gesamten Plot aus, ist dennoch nur relativ selten zu sehen und bleibt selbst dann recht passiv. Und als sie doch einmal ziemlich entscheidend in die Handlung eingreift, ist die Kamera nicht mal dabei. Wäre Dupieux Fußballtrainer, hätte er wahrscheinlich seine Freude daran, einen Messi zu kaufen und damit zigtausende Fans ins Stadion zu locken – nur um ihn dann auf der Bank schmoren zu lassen.

Der Film steht bis 11.10.2025 in der ARD-Mediathek

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