Late Night with the Devil – Kritik

Late Night With The Devil rekonstruiert eine 70er-Jahre-Late-Night-Show als buntes Pastiche-Spiel, bei dem die heimelige Atmosphäre des Fernsehstudios von klassischem Horror heimgesucht wird. Zugleich fragt er stets nach dem Manipulationsgehalt der Bilder: Können wir dem, was wir sehen, wirklich glauben?

Late Night With The Devil beginnt mit einer reibeisernen Ansagerstimme, wie sie früher einmal das neue, große Kino-Event im Trailer oder die neueste Eis-Kreation in der Werbung ankündigten. „America, the 1970s“, dröhnt es aus den Lautsprechern, „a time of unrest and mistrust“. Dazu Archivbilder von Explosionen, Feuer, Nixon. So weit, so gewöhnlich. Dann wird Jack Delroy eingeführt, fiktiver Moderator der fiktiven Late-Night-Sendung Night Owls. Hier bemüht sich der Film jedoch noch, diese fiktive Ebene unkenntlich zu machen, der Sprecher verneint sie. Tatsächlich schaut alles in den Aufnahmen nach 70ern aus: 70er-Studio, 70er-Mode, 70er-Fernsehbild.

Found-Footage-Versprechen im Found-Footage-Look

Diese Einführung, mit der der neueste Horrorfilm des Regie-Brüdergespanns Cameron und Colin Cairnes beginnt, stellt die Weichen für den weiteren Film: Ein TV-Moderator, der nie so richtig erfolgreich war, eine verstorbene Ehefrau, Verbindungen zu einer zwielichtigen okkultistischen Sekte werden da im Schnelldurchlauf durchexerziert. Und ein letzter Versuch, den sinkenden Quoten mit einer besonders waghalsigen Ausgabe von Night Owls entgegenzuwirken – natürlich: an Halloween, 1977. Diese Sendung, meine Damen und Herren, werden Sie jetzt sehen.

Der Film startet also mit einem Found-Footage-Versprechen im Found-Footage-Look, der alsbald wieder aufgelöst wird. Den angeblichen Archivaufnahmen der 77er-Sendung werden in hochauflösendem Schwarzweiß gefilmte Behind-the-Scenes-Passagen an die Seite gestellt, mit David Dastmalchian (The Dark Knight, 2008) spielt zudem ein halbwegs bekanntes Gesicht den Late-Night-Host. Die eigentliche „Realität“, auf die der Film im Weiteren referiert, ist eine hyperreale, die der Bilder, des Films und Fernsehens. Das Studio wird zu einer Art Sammelbecken medialer Figuren der 70er Jahre; in die zeittypische Late-Night-Sendung werden drei Parteien geladen: Christou (erinnert an den Bühnenkünstler James Hydrick), der vorgibt, mit Toten kommunizieren zu können, ein angeblich vom Teufel besessenes Mädchen (vgl. Der Exorzist, 1973, etc.) mitsamt bestätigender Parapsychologin sowie ein Skeptiker, der für all das und noch mehr rationale Erklärungen zum Besten gibt – Vorbild hier recht offenkundig: James Randi, der diese Rolle in amerikanischen TV-Shows der 70er einnahm.

Alles nur Einbildung

Dieses bunte Pastiche-Spiel verdichtet Late Night With The Devil zu einem Film, der zum einen als klassischer Horrorfilm fungiert, indem er die heimelige Atmosphäre, den bekannten Rahmen, dem Late-Night-Shows folgen, ins Unheimliche abdriften lässt. Zum anderen aber steht da – sowohl für Delroy als auch für uns als Zuschauer*innen – immer die Frage nach dem Manipulationsgehalt der Bilder im Vordergrund: Ist dem, was wir sehen, zu glauben?

Auf die Spitze treibt Late Night With The Devil diese Frage in einer Dopplungs-Sequenz: Nachdem das Teufels-Mädchen live im Studio seine Besessenheit demonstriert hat (auf einmal spricht sie mit anderer Stimme, hat Wunden im Gesicht, beginnt gar zu fliegen), demonstriert der Skeptiker den vermeintlich angewendeten „Trick“: Da sehen wir, wie einem ihm gegenübersitzenden, kurz zuvor hypnotisierten Mann Würmer aus dem Bauch kommen, sein Körper aufzuplatzen beginnt. Nach der Hypnose ist Schluss damit, der Körper wie neu – alles nur Einbildung, auch das Publikum wurde manipuliert, wie sich herausstellt, als „live im Studio“ das soeben Gesehene zurückgespult wird. Nun ergibt sich ein anderes Bild, ist ein Mann zu sehen, der Würmer zu verspüren scheint – sie selbst sehen wir nicht mehr.

Der Film revidiert in dieser Wiederholung also sein eigenes Bild, offenbart es als manipuliert und bricht (in seiner Logik) mit dem Verweis des Kamerabildes auf etwas Reales. Das Bild als solches ist nicht per se wahr, es muss erst decodiert, freigelegt werden, was für die erste Fassung mit den Würmern, eigentlich aber auch für die Wiederholung selbst gilt. In der Unübersichtlichkeit müssen wir glauben – der eigenen Wahrnehmung und/oder den ‚Expert*innen‘ im Fernsehen.

Überbietungslogik des Spektakels

Zugleich beleuchtet der Film die Produktionsseite dieser Bilder, indem er Jack Delroy in den schwarzweißen Behind-the-Scenes-Passagen immer wieder auf den Produzenten von Night Owls treffen lässt. Um inhaltliche Fragen geht es hier nie, stattdessen wird registriert und gefeiert, dass mit jeder weiteren Obskurität (die bereits recht früh im Film Opfer fordern) die Zuschauerzahlen steigen. (Privat-)Fernsehen als Überbietungslogik des Spektakels – was gezeigt wird, bestimmt am Ende ohnehin ausschließlich die Quote – mit einem durch nichts zu erschütternden Lächeln auf dem Gesicht.

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