In a Violent Nature – Kritik
War da was? Der Slasher In a Violent Nature verschiebt seine Haupthandlung ins Off und bleibt lieber bei einem stoischen Monster, das sich durch eine ungerührte Natur mordet. Das Grauen funktioniert am besten, wenn es sich schlicht ereignet.

Bei Horrrorfilmen dreht sich oft alles um ein bestimmtes Konzept, das früh etabliert und dann mit leichten Variationen immer wieder durchgespielt wird: Keine Geräusche machen. Den Mörder sehen, aber nicht hören. Nicht in den Spiegel schauen. In a Violent Nature ist so ein Film mit einer Idee, die fast die ganze Spielzeit quälend stoisch durchexerziert wird: Wir bleiben beim Mörder, nicht bei den Opfern! Ein verrotteter, aus dem Waldboden hervorgekrochener Untoter schleppt sich stumm Szene für Szene durch einen kanadischen Nationalpark und killt. Das „Was“ ist von Beginn an etabliert, also geht alles um das „Wie“. Mit Fleischerhaken, Äxten, Metallschnüren. Zerstückeln, ertränken, köpfen, zerbrechen. Und die Bäume sind Zeugen.
Schleppender Rhythmus

In a Violent Nature ist offensiv unsubtil. Er macht sich den schleppenden stoischen Gang seines Protagonisten zum Rhythmus und Leitmotiv. Immer wieder schaut ihm die Kamera über die Schulter, gleitet gemächlich hinter ihm her, während er aus dem Dickicht auf das nächste, zuerst unscharf im Bildhintergrund auftauchende Opfer zugeht. Die mächtigen Schritte, die unaufhaltsame Bewegung, die empathielose Zielstrebigkeit hat sich Regisseur Chris Nash bei James Camerons Terminator (1984) abgeschaut – aber dabei den Humor vollkommen vergessen. Nash setzt stattdessen auf schwer stampfenden Fatalismus. Spielfreude findet sich ausschließlich und Slasher-typisch in den teils extravaganten Tötungen, die oft an Hinrichtungen erinnern. Ein Kopf wird quer zerteilt, ein anderer an Ketten durch ein Loch im Bauch gezerrt.
Horrorfilm im Off

Wer da jetzt fragt: „Und wer wird da gemordet?“, der oder dem kann man antworten: „Ist eigentlich egal“. Denn dadurch, dass das Publikum die meiste Zeit beim Monstermörder ist, will In a Violent Nature den eigentlichen Plot an den Rändern verhandeln. Viele Unterhaltungen klingen von außerhalb des Bildausschnitts oder werden weit weg im Hintergrund geführt. Man kann sich das als Low-budget-Umkehrung von It Follows (David Robert Mitchell, 2014) vorstellen – ein Film, der ebenfalls betont nachlässige Mumblecore-Dialoge mit einem erbarmungslos zielstrebig vorandringenden Grauen mischt, das dort aber meist unsichtbar oder verkleidet auftritt. In a Violent Nature zeigt die Bedrohung dagegen exzessiv.

Doof nur, dass der Horrorfilm im Off extrem öde ist. Eine Gruppe junger Menschen ist in einer Hütte im Wald und… you know the rest. Was vielleicht ein augenzwinkernder Verweis an die konventionellste aller Horrorprämissen sein soll, ist hier ziemlich geistlos. Die Dialoge sind zwanghaft alltagssprachlich und klingen in ihrer oft unbeholfenen Selbstironie meist hohl und manchmal richtig geschmacklos: „Cancel Culture does not exist, you fucking ableist.“ Bodies Bodies Bodies (Halina Reijin, 2022) hat diese Meta-Spiele mit Gen-Z-Jargon cleverer gemacht.
Erhabene Natur

In einzelnen Szenen findet der Film aber auch durchaus so etwas wie stilvollen Stoizismus. Das Grauen funktioniert immer dann am besten, wenn es nahezu stupide andauert, wenn es sich schlicht ereignet. Wie ein Naturgesetz. Ein poetischer Höhepunkt ist der Mord an einer Schwimmerin, der sich fast komplett unter Wasser ereignet, während wir die meiste Zeit die reglose Oberfläche sehen, über die gemächlich ein paar Enten ziehen. Man denkt an Hitchcock und wie Nicht-Zeigen schaurige Vorstellungskräfte freisetzen kann.

Hier, wie auch sonst im Film, zeigt sich die titelgebende Natur weniger als gewalttätig denn als ungerührt, unbeeindruckt, erhaben. Die Kamera kann ihr dabei lange zuschauen, verweilt gern auf Gräsern, Büschen, Baumstämmen, die sich im Wind wiegen, an den Regen abperlt oder die sonst wie einfach nur liegen, stehen, wachsen. Als wäre es ihnen herzlich egal, was sich da zwischen und neben ihnen ereignet. Und wahrscheinlich ist es das auch.
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