I Like Movies – Kritik

I Like Movies folgt einem jungen, egomanischen Nerd ohne soziale Fähigkeiten aus dem Himmel seines fantasievollen Schulprojekt-Debütfilms in die Hölle eines Videotheken-Jobs. Ein grimmiges Drama, das sich  nur halb aus seiner Indie-Nettigkeit herausschält.

Chandler Levacks I Like Movies beginnt, klar, mit einem Film im Film. Für ein Schulprojekt haben Lawrence (Isaiah Lehtinen) und Matt (Percy Hynes White) ein Werk namens The Rejects Night gedreht und ignorieren dabei gnadenlos das vorgegebene Thema des Lehrers. Statt medientheoretischer Analyse gehen sie auf in In-Jokes, Stop Motion, DIY-HipHop-Musikvideo-Parodien, Verweisen auf Saturday Night Life und Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte und offenbaren so die krud-glamouröse Parallelwelt, in der sie abseits ihres Schul- und Familienalltags in ihren Köpfen leben.

Eine viel tristere Parallelwelt kommt hinzu, als Lawrence beginnt, in einer Videothek zu arbeiten. Die zwischen DVD-Regalen feststeckenden Angestellten müssen zuweilen lächerliche Schärpen tragen, sich durch die Inventur schuften und Kundenkotze wegwischen. Hier und da fängt die Kamera einige der Cover und Titel ein; der größte Teil der Regalfilme aber verliert sich in gleichgeschalteter Anonymität: Die Videothek ist kein cineastisches Schlaraffenland, sondern ein anonymer Nichtort.

I Like Movies ist deutlich in den 1990ern verortet − der Einfluss von Kevin Smiths Filmen z. B. ist kaum zu übersehen; dabei ist die Welt, die I Like Movies porträtiert, aber nur zur Hälfte die eines sympathischen Indiefilms.

Egomanie zerstört die gute Laune

Im Mittelpunkt steht die Wahrnehmung Lawrences: seine Liebe zur großen Filmkunst, aber vor allem wie er auf Leute herabschaut, die in seinen Augen ahnungslos sind. Seinem besten Freund Matt sagt er eiskalt ins Gesicht, dass dieser für ihn nur ein Platzhalter sei, bis er endlich Gleichgesinnte im Studium trifft. Überhaupt geht für Lawrence unter einem Regiestudium an der New Yorker Tisch School of the Arts nichts. Dass er nur bedingt Chancen auf eine Annahme hat und seine Mutter nicht das Geld für das elitäre Studium besitzt, lässt er nicht an sich heran. Er herrscht in seiner Welt, und jede Infragestellung seiner Autorität und Überzeugung lässt ihn in seiner Fragilität aus der Haut fahren.

Skurril äußert sich das, wenn er beispielsweise einem unentschlossenen Paar auf der Suche nach einer Komödie fürs Wochenende Todd Solondzs Happiness (1998) empfiehlt − einen krassen Film über einen Pädophilen, der „aber Hoffnung macht“, wie Lawrence erklärt. Oder wenn Lawrence sich erst nach der ersten Lohnabrechnung erschüttert fragt, wie er mit einem so dürftigen Gehalt die 90.000$ fürs Studium in den wenigen verbleibenden Monaten verdienen soll.

Von Beginn an brechen Anzeichen seiner Egomanie in die gute Laune ein, immer nachhaltiger wird sie zerstört. In seiner kompromisslosen, weltfremden Selbstgerechtigkeit interessiert sich Lawrence für seine Mitmenschen allenfalls als Zeitvertreib oder um sie zu belehren; ihre Bedürfnisse nimmt er nicht wahr. Ständig herrscht er seine Mutter an; überhaupt begegnet er Frauen zumeist mit der Garstigkeit eines Incels. Das fluffige Bild, das Lawrence von sich und seiner aus netten Nichtigkeiten und Filmen bestehenden Welt malt, kippt vor den Augen des Zuschauers, und man sieht, wie sich dieser Mensch, dessen soziale Fähigkeiten gegen Null gehen, sich seine Maske der Harmlosigkeit herunterreißt und schmerzlich selbst entlarvt.

Zwischenmenschlicher Horror

Zuweilen scheint es, als suchte I Like Movies nach dem Punkt, an dem bei den Zuschauenden alles Mitgefühl mit Lawrence dahin ist, um ihn dann noch weiter in sein Verderben schreiten zu lassen. Während er von Kubrick erzählt, fällt einem dann vielleicht auch auf, dass die Gänge der Videothek den hypnotischen, klaustrophobischen Gängen des Overlook-Hotels in The Shining (1980) nicht unähnlich sind. Lawrences Besessenheit wird zunehmend zum zwischenmenschlichen Horror.

So verdirbt er es sich nach und nach mit allen, auch mit seiner Chefin Alana (Romina D’Ugo, das Highlight in einem ziemlich tollen Cast). In ihre Ungezwungenheit hat er sich verliebt, ihre lockere Autorität hat er akzeptiert. Man spürt aber in ihrem Verhalten, dass er in ihren Augen für eine Welt privilegierter, selbstbesessener Männer steht, die ihre eigenen Probleme nicht anerkennen und sie lieber auf dem Rücken anderer (Frauen) abladen. Alana, und mit ihr der Film, stecken Lawrence nun in eine Ecke, in der er symbolisch für seinesgleichen leiden muss – natürlich nur, um ihn zu einem besseren, einsichtigen Menschen zu machen.

Das Problem von I Like Movies ist letztendlich nicht, dass dieser junge Mann, der sich selbst im Weg steht − und möglicherweise mit einem nicht diagnostizierten Autismus oder einer Depression nach dem Selbstmord seines Vaters vor zwei Jahren alleingelassen wird − vom Film zu hart angegangen würde. Es ist sogar erfreulich, wie wenig dieser Film seine Hauptfigur pathologisiert. Schade ist nur, dass er der eigenen Entwicklung nicht vertraut. Der Film war im Begriff, sich aus seiner Nettigkeit herauszuschälen, um zu einem grimmigen Drama zu werden. Am Ende aber knickt er ein, versucht doch nur eine etwas schal und unbefriedigend wirkende Hoffnung zu verkaufen.

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