How to Have Sex – Kritik

Saufen! Ficken! Eskalation! Der beste Urlaub ever! How To Have Sex zeigt die Ferien dreier junger Frauen auf Kreta wie einen Rausch. Doch die Blicke der Hauptfigur Tara lassen erahnen, dass sie nicht ganz eins ist mit der Performance rücksichtsloser Feierlaune.

Drei junge Frauen landen auf Kreta und starten zum Ferienresort in Malia durch, wo sie sich ein Zimmer mit Blick auf den Pool ergaunern. Wobei dieser Satz das schon zu sehr wie einen geordneten Vorgang erscheinen lässt. Stattdessen: Die drei schreien, rennen, taumeln, fallen sich in die Arme oder gleich hin. Saufen! Ficken! Eskalation! Der beste Urlaub ever! Und How to Have Sex wirft lediglich mit Fetzen aus einem Rausch um sich, die den sich ankündigenden Filmriss der Protagonistinnen vielleicht überlebt haben. Nur hier und da schleichen sich Blicke Taras (Mia McKenna-Bruce) ein, die erahnen lassen, dass sie nicht ganz eins ist mit der Performance rücksichtsloser Feierlaune.

Kein Platz für Intimität

Diese Blicke, die sich im Laufe der Spielzeit exponentiell vermehren werden, sind sowohl die Stärke als auch die Schwäche des Films, der die kurze Woche eines Ballermann-Urlaubs darstellt, nur eben auf einer anderen Insel. Die Schwachstelle, weil durch sie sehr schnell klar ist, worauf es hinauslaufen wird. Statt (sexueller) Befreiung und Spaß finden Tara sowie Autorin und Regisseurin Molly Manning Walker in der übermächtigen Feierei nämlich Klaustrophobie.

Die Allgegenwart der feierwütigen Massen lässt keinen Platz für Intimität, für einen ruhigen Gedanken, für etwas Zeit für sich. Der Alkohol wird immer und immer wieder heruntergestürzt, endlos, bis das Trinken wie eine Zwangshandlung wirkt. Selbstredend fliehen die drei vor etwas, nämlich vor dem Ergebnis der gerade abgelegten Prüfungen und vor der Zukunft, deren Druck sie verdrängen wollen. Und überhaupt ist alles in diesem drastischen Urlaub dermaßen sexuell aufgeladen, dass der erste Sex für jemanden, der noch etwas Hemmungen hat, nicht angenehm verlaufen kann.

Em (Enva Lewis), eine der beiden Freundinnen Taras, macht ganz andere Erfahrungen in Malia. Sie genießt das Geschehen, sie verliebt sich und erlebt vor allem auch Zärtlichkeit. Für How to Have Sex ist sie dadurch kaum von Interesse und wirkt zusehends nur mitgeschleppt. Damit sie Tara trösten und ihr vorführen kann, wie unfähig sie doch ist, einfach in ihrem Leben aufzugehen. Statt seinen Blick kreisen zu lassen, darf der Film ihn nur darauf richten, was die eigene Mechanik verstärkt, was dem entspricht, was von Beginn vorgefunden werden sollte.

Die immer gleichen Knöpfe

Das Drama eines jungen Mädchens, das am Vorhaben loszulassen scheitert, das unter der eigenen Passivität leidet, das in der Situation fremd bleibt, egal wie sehr sie sich zu feiern zwingt, steht bereits in den ersten Blicken Taras eingeschrieben. Weshalb der Film nicht einfach nur genau das macht, was schnell zu erwarten ist, sondern sich zunehmend auch auf dieses eine Mittel verlässt, um seine Emotionalität zu kommunizieren. Zwar strebt Molly Manning Walkers Film nach Subtilität und möchte mit Ellipsen und einer flachen Dramaturgie dem Zuschauer Platz bieten, doch drückt er immer wieder die gleichen Knöpfe mit dem immer gleichen Ergebnis.

Andererseits steckt in diesem Blick die Stärke des Films. Gerade zu Beginn ist erstaunlich, wie wenig Mia McKenna-Bruce braucht, um in uns die Zweifel zu säen, ob das Laute und Wilde ihres Auftretens auch wirklich ihr entspricht. Ihre Blicke sind eben auch der Ausdruck dafür, dass der Film durchaus gekonnt inszeniert ist, vor allem aber, dass das Casting gelungen ist. Mehr als alles andere sind es nämlich die Schauspieler*innen, die den Film tragen.

Die drei Freundinnen machen gleich am ersten Tag Bekanntschaft mit einer anderen Freundesclique nebenan, mit der sie die kommenden Tage größtenteils verbringen. Paige (Laura Ambler) bandelt mit Em an und bleibt wie diese nur ein interessanter Farbtupfer im Geschehen. Shaun Thomas spielt seinen Badger knuffig und naiv, als Entsprechung von Tara, einer, der ebenso wie sie nicht den Mut aufbringt, zu den offensichtlich zwischen ihnen herrschenden Gefühlen zu stehen. Samuel Bottomley als Schönling Paddy hingegen nimmt sich eiskalt, was er bekommen kann. Er ist nicht direkt böse, aber ein hemmungsloser Egoist.

Die eigenen Wunden zeigen

Sie alle schaffen es, dass ihre Figuren mehr sind als die dramaturgischen Werkzeuge, als die sie konzipiert sind. How to Have Sex funktioniert durch sie als Drama junger Leute, die in der großen Sause doch einen leicht ziehenden Schmerz nicht loswerden können. Oder mit anderen Worten, gerade wenn der Film nicht nur auf Tara blickt, wird er gleich viel frischer und überraschender.

In der geometrischen Entsprechung der beiden Dreiergruppen fehlt aber noch jemand. Und zwar Lara Peake, die Skye spielt, die Dritte im Bunde der Freundinnen. Sie ist der Paddy ihrer Gruppe, nur deutlich durchtriebener. Sie intrigiert gegen die Gefühle Taras, weil sie wohl selbst an Badger interessiert ist. Sie stellt ihre Freundin wiederholt unter dem Deckmantel des Spaßhabens bloß. Immer wieder bohrt sie brutal in Taras Wunden, wenn sie von ihr hören möchte, wie toll alles ist, während die gerade wohl am liebsten in einem Loch verschwinden möchte. Entweder, weil ihr jegliche Empathie fehlt, oder eben doch aus Sadismus.

Im Gegensatz zur passiven Tara richtet Skye ihre eigenen Wunden gnadenlos nach außen. Da sie von der Konzentration auf ihre Freundin an den Rand gedrückt wird, kämpft sie mit allen Bandagen, um bemerkt zu werden. Und dieser garstige Kampf hält How to Have Sex nicht nur mehr als alles andere am Leben, sondern gibt dem Film tatsächlich eine Figur mit, die nicht mit dem ersten Blick durchschaut ist.

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