Happy Gilmore 2 – Kritik

Neu auf Netflix: Mit bekannten Gesichtern und nostalgischer Gutmütigkeit erzählt Happy Gilmore 2 von der Rückkehr des schlagkräftigen Golfstars. Doch die für Adam Sandler typische Mischung aus Herzenswärme und geschmacklosen Witzen ist nicht mehr so unbeschwert wie vor 30 Jahren.

Happy Gilmore 2 bewegt sich bereits auf sein Ende zu, als Happy (Adam Sandler) bei einem Treffen der Anonymen Alkoholikern sitzt und sich mit der jungen Charlotte unterhält. Beide drücken einander ihre gegenseitige Sympathie aus, er erinnere sie an ihren Vater, meint Charlotte schließlich und beide lächeln sich selig an. Der Moment ist mit einer Emphase gestaltet, als würden die beiden Figuren mit diesem Lächeln jahrelange Konflikte überwinden – dabei ist Charlotte lediglich eine randständige Nebenfigur, von der man so gut wie nichts weiß. Der Witz der Szene erschließt sich nur, wenn man weiß, dass Charlotte von Sadie Sandler gespielt wird und dass sie und Adam Sandler tatsächlich Vater und Tochter sind. Doch gerade in dieser innigen Vertrautheit wird die Szene zum Sinnbild für die gesamte Karriere Adam Sandlers und verkörpert konzentriert auch die nostalgische Gutmütigkeit seines neusten Films.

Segen der Vetternwirtschaft

Das Grundkonzept der Komödien Sandlers ist so einfach wie offensichtlich: Seitdem er 1995 bei Saturday Night Live gefeuert wurde und sein Glück auf der Kinoleinwand suchte, wirken Sandlers Filme stets so, als würde er sie vor allem als willkommene Gelegenheit sehen, beim Dreh mit seinen Freunden abzuhängen. Die Erfolge von Billy Madison (1995) und dem ersten Happy Gilmore (1996) gaben dieser lockeren Herangehensweise Recht und ermöglichten es Sandler, sie bis heute durchzuziehen. Seine Filme mögen inzwischen vielleicht nicht mehr dieselbe kulturelle oder wirtschaftliche Relevanz haben wie Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre, dafür kann sich Sandler inzwischen die Leinwand auch mit seinen Töchtern teilen.

Und doch funktionieren Sandlers Filme – und zwar nicht trotz, sondern wegen dieser Vetternwirtschaft. Die mittlerweile vertraute, ständig wiederkehrende Gruppe bestehend aus SNL-Weggefährten (wie David Spade und Rob Schneider), aus Hollywood-Charakterköpfen (wie Steve Buscemi und Blake Clarke), aus Faktoten, die im Grunde nur aus Sandler-Filmen bekannt sind und die kaum jemand beim Namen kennt (Allen Covert, Jonathan Loughran) und aus Mitgliedern des Sandler-Clans geben den Filmen die Aura eines entspannten Familientreffens. Das gemeinsame Abhängen als grundlegendes Gestaltungsprinzip steht vielleicht der Auffassung, dass Kunst von Können und Anstrengung kommt, diametral entgegen. Aber es erzeugt einen ruhigen Rhythmus, der zugleich die oft krude, unerzogene Komik der Filme abfedert.

Ein tödlicher Abschlag und ein versteckter Schluck vom Hochprozentigen

So auch wieder in Happy Gilmore 2. Seitdem wir den zum Golfwunderkind mutierten Hockeyspieler Happy Gilmore am Ende des ersten Teils verlassen haben, ist er zur strahlenden Größe auf der PGA-Tour geworden. Doch sein Glück hat ein jähes Ende, als einer seiner rabiaten Abschläge just den Kopf seiner Frau Virginia (Julie Bowen) trifft und sie tötet. Happy ertränkt die Trauer in Alkohol, seine Karriere geht den Bach runter und auch sein Geld ist alsbald weg. Die vordergründige Tragik dieses Absturzes wird in Happy Gilmore 2 aber schnell ins Komische gewendet. Zentraler Ausdruck dafür: Die bekannte Angewohnheit von Alkoholikern, ihre hochprozentigen Vorräte vor ihrem Umfeld zu verstecken, wird ins Absurde übersteigert. Ob in Fernbedienungen, Kuckucksuhren oder Gurken, überall findet Happy eine aufzudrehende Öffnung, aus der ein Schluck genommen werden kann.

Es bleibt also auch bei diesem Fortsetzungsfilm bei den dreist-geschmacklosen Witzen, die sich damals wie heute keiner in dem Ausmaß leisten kann wie Adam Sandler, da er gleichzeitig eine herzensgute Aura besitzt. Denn bei aller Derbheit und absurder Übersteigerung ist Happy Gilmore 2 im Kern ein Film über einen Vater, der seinem schlechten Gewissen, seiner Suchtkrankheit und seinem Selbstmitleid den Kampf ansagt, um seiner Tochter (Sunny Sandler) den Traum eines Ballett-Studiums in Paris zu erfüllen. Flankiert wird Sandler dabei von einem Cast aus alten und neuen Bekannten, die sichtlich einen riesigen Spaß haben, durch den Nonsens des Films zu hüpfen.

Das Schicksal des alternden Bürgerschrecks

Trotzdem wird die Atmosphäre eines lockeren Familientreffs, die sich in den besten Sandler-Filmen wie von selbst einstellt, in Happy Gilmore 2 immer wieder durch ein allzu beharrliches Rückbesinnen auf die Vergangenheit ausgebremst. Fast alle Figuren aus dem ersten Teil werden wieder aufgegriffen, was in der Vehemenz und Lückenlosigkeit, mit der es gemacht wird, schon wie eine aufgezwungene Pflichtübung wirkt. Darüber hinaus wird durch die immer wieder eingeschobenen Ausschnitte aus dem Vorgängerfilm eine allzu selbstbeweihräuchernde Nostalgiemaschine angeworfen.

Dabei liegt die Qualität des Films in seinen besten Momenten gerade darin, Neues mit der älter gewordenen Figur anzufangen. Statt ein heldenhafter Einzelgänger ist Gilmore nun jemand, der mit den Konsequenzen seines Handelns konfrontiert wird. Um den klassischen Golfsport zu verteidigen, muss sich Gilmore gegen Kräfte zur Wehr setzen, die sich an seinem eigenen respektlosen Verhalten von einst ein Beispiel nehmen. Etwa gegen operativ verbesserte Epigonen (u.a. Haley Joel Osment), die sich wie ein Schnippgummi aufziehen und deshalb den Golfball irrsinnig weit schlagen können, oder gegen einen Energy-Drink-Millionär (Benny Safdie), der den Golfsport in ein absurdes, buntes Spektakel in Videospiel-Manier verwandeln will.

Der einstige Bürgerschreck Happy Gilmore wird also plötzlich zum Bewahrer traditioneller Strukturen und muss zugleich seine private Trauer und seine Alkoholsucht unter Kontrolle halten. Dieser Zweifrontenkrieg gegen äußere und innere Dämonen macht Happy Gilmore 2 zu einem streckenweise mäandernden Film, der aber immer noch von der chaotischen Kreativität Adam Sandlers und der Seinigen getragen wird – und der nebenbei auch einiges über das gegenwärtige gesellschaftliche Klima in den USA erzählt, in dem sich viele Menschen angesichts der Aggressivität reaktionärer Kräfte plötzlich als Verteidiger eines Status Quos wiederfinden, dem sie selbst sich nie wirklich zugehörig gefühlt haben.

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