Half Nelson – Kritik
Im Zuge des oscarnominierten Lars und die Frauen (Lars and the real girl) erreicht nun auch Ryan Goslings Vorgängerfilm Half Nelson, ebenfalls oscarnominiert, die deutschen Leinwände.
Manchmal leben Filme von einzelnen, pathetisch ausgedrückt: magischen Momenten. Half Nelson verfügt gleich über mehrere solcher unvergesslicher Szenen. Lehrer Dan Dunne (Ryan Gosling) hat ein Drogenproblem. Als ihn Schülerin Drey (Shareeka Epps) bekifft und quasi handlungsunfähig in den Sportumkleidekabinen antrifft, hat er noch ein weiteres Problem.

Nun könnte man diese Situation ausspielen für ein klassisches Drama mit emotionalen Höhepunkten..Oder das Verhältnis der beiden unterschiedlichen Protagonisten irgendwann in einen konkret sexuellen Kontext stellen. Doch Regisseur Ryan Fleck umschifft diese Klischeeklippen. Eine grandios inszenierte Schulballszene deutet alle denkbaren Konfliktsituationen an, ohne sie auszuspielen. Fleck kreiert ein eigenständiges Universum, das in seiner Originalität und gleichzeitigen Erdung leichter Hand beinahe alles übertrifft, was das US-Kino jenseits Hollywoods zuletzt zu bieten hatte.

Immer wieder musste man in den vergangenen Jahren auf Festivals allerlei mittelmäßige und minder gute amerikanische Independentfilme sehen, denen man, wenig verwunderlich, im regulären Kinoprogramm nie mehr begegnete. Mit diesem Juwel knüpft das unabhängige Low-Budget-Kino endlich wieder an die Glanzzeiten der neunziger Jahre an. Unspektakulär und ohne Rücksicht auf Genre-Konventionen präsentiert Ryan Fleck das langsam aus den Fugen geratene Leben eines jungenhaften Lehrers und einer erwachsen werdenden Schülerin. Noch ein zweites Mal öffnet Drey eine Tür, und noch ein zweites Mal blickt ihr Mr. Dunne entgegen.

Fleck verlässt sich ganz auf sein schlichtes Setting, die bereits aufgebaute Atmosphäre und vor allem die Chemie zwischen seinen beiden Hauptfiguren. Nur über die Blicke zwischen den beiden entwirft er ein reiches emotionales Panorama von dramatischer Sprengkraft. Ryan Gosling, der in seinem Augenspiel stark an Christian Bale erinnert, dabei aber von wesentlich schmächtigerer Statur ist und eine völlig andere Körperhaltung pflegt, fasziniert in jeder Einstellung durch sein komplexes Agieren, das sich immer im Bereich des Understatements bewegt. Dass er den Film dadurch nicht dominiert, ist das Verdienst seines Gegenübers, Shareeka Epps.
Dank dieser beider Darsteller und des Regie-Spielfilm-Debütanten Ryan Fleck darf man in Zukunft wieder gespannter auf junges Kino aus den USA sein, dass seine Nische nicht nur sucht, sondern auch findet.
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