Get Smart – Kritik
Amerikanische Komödien sind eine Wundertüte. Wo Steve Carell draufsteht, vermutet man gerne die gute Fee. Dass es aber auch ganz anders kommen kann, beweist Get Smart.

Die amerikanische Komödienwerkstatt hat sich in den vergangenen Jahren gerne des Retro-Trends bedient, mit einer besonderen Vorliebe für kultige TV- und Serienhelden. Die langjährige Allianz von Ben Stiller und Owen Wilson fand in Starsky and Hutch (2004) ihren vorläufigen Höhepunkt und auch der trottelige französische Polizeidetektiv Jacques Clouseau, das große Vermächtnis von Peter Sellers, wurde reanimiert. Doch selbst der alle Mittel seiner Kunst ausschöpfende Steve Martin konnte die großen Fußstapfen nicht füllen und das von Shawn Levy verantwortete Desaster Der rosarote Panther (The Pink Panther, 2006) nicht retten. Kommerziell war der Film allerdings äußerst erfolgreich, ein Sequel ist bereits abgedreht. Bis das auf der Leinwand zu sehen ist, wird das Zielpublikum mit Get Smart und jeder Menge Starpower vertröstet.

Bill Murray, dessen Performance in Wes Andersons Rushmore (1998) die Initialzündung eines phänomenalen Comebacks bedeutete, gibt sich als Agent 13 die Ehre. Der Name ist Programm, der Arme ist vom Pech verfolgt, labil und zum sprechenden Baum degradiert. Maxwell Smart (Steve Carell) muss zwar nicht als Laub Patrouille stehen, doch ins freie Feld, wo die Action wartet, lässt ihn sein Chef (Alan Arkin) auch nicht ziehen. Zu wertvoll sind seine Analysen, die den Kollegen (u.a. David Koechner) den letzten Nerv rauben. Neben dem Chef zollt ihm einzig und ausgerechnet der mächtige Agent 23 (Dwayne „The Rock“ Johnson) Respekt. Weniger Vertrauen bringt ihm da schon die attraktive Kollegin Nr. 99 (Anne Hathaway) entgegen. Ausgerechnet mit ihr im Team kommt er zum ersten Mal außerhalb der Büromauern zum Einsatz. Und was für ein Auftrag das ist: Siegfried, scheinbar Kopf der superfiesen Schurkentruppe Kaos, vertickert atomare Waffen an labile Diktatoren.
Get Smart hat seine Wurzeln im amerikanischen Fernsehen. Niemand geringeres als Mel Brooks hauchte der Originalserie 1965 Leben ein. 1980, zehn Jahre nach deren Einstellung, kam Maxwell Smart als Nackte Bombe (The Nude Bomb) sogar ins Kino. Im Fernsehen gab es noch zwei weitere Comebacks, ehe der schusselige Geheimagent die telefonfähigen Schuhe an den Nagel hing.

Das Original entstand zu einer Zeit, als die James Bond Serie mit Goldfinger (1964) und Feuerball (Thunderball, 1965) ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Sean Connerys Bond strahlte Entschlossenheit, Brutalität und Gefahr aus, war ironisch, aber noch weit entfernt von der Selbstironie folgender Tage. Auch die Gadgets hatten noch nicht die absurden Züge späterer Zeiten angenommen, dennoch erfreuten sie sich großer Popularität und gaben Anlass zur Parodie. Schon damals war die britische Agenten-Kino-Serie beliebtes Ziel satirischer Kopien. Michael Caine verkörperte die eigenwillige Palmer-Figur, Robert Vaughn wurde zu Napoleon Solo und David Niven, ursprünglich erster Kandidat für die Ian-Fleming-Verfilmungen, durfte in Casino Royale (1966) seiner verpassten Chance komödiantischen Ausdruck verleihen. Get Smart lag als Parodie also voll im Trend der Zeit und gab sich unverhohlen einem Humor hin, der in der nicht immer zu bestimmenden Grauzone zwischen infantil und anarchisch lag. Eine Mixtur, die später seriell im Kino wieder aufgenommen wurde, mit den Abrahams/Zucker/Zucker Produktionen, von denen sich vor allem die Nackte Kanone-Reihe (1988-1994), ebenfalls basierend auf einer Fernsehserie (1982), größter Beliebtheit erfreute. Zu Grabe getragen wurde sie von Peter Segal, der den dritten Teil (1994) so richtig in den Sand setzte. Nun hat ausgerechnet er das Kino-Comeback von Maxwell Smart in Szene gesetzt.

Steve Carell und David Koechner haben sich gemeinsam mit Will Ferrell bei Saturday Night Life (seit 1975) bewährt und als Trio in Anchorman: Die Legende von Ron Burgundy (Anchorman: The Legend of Ron Burgundy, 2004) für Furore gesorgt. Das Prinzip der Fernsehshow wurde auch zum Vorbild der gemeinsamen Filme. Schrille Typen, ausgefallene Ideen und sketchartige Gags am laufenden Band. Während Ferrell vor allem in Amerika zur Kultfigur avancierte, packte Steve Carell seine Chance beim Schopf und eroberte in seiner ersten Hauptrolle als Jungfrau (40), männlich, sucht (The 40 Year Old Virgin, 2005) den internationalen Markt. Judd Apatows Familienkomödie, die spielend leicht zwischen warmherzig und bissig changiert, wies neben Koechner noch zwei weitere Anchorman-ner auf und lebte auch vom perfekten Zusammenspiel des Ensembles. Carell nutzte die Gunst der Stunde und setzte gleich doppelt einen drauf: Er blieb seinen Fernsehwurzeln treu und fand im charakterschwachen Bürotyrannen Michael Scott in der Adaption der englischen Erfolgsserie The Office (seit 2005) die Rolle seines Lebens. Anders als im Original und in der deutschen Variante Stromberg (2004-2007), immerhin einem der besten hiesigen TV-Formate vergangener Jahre, setzte Carell bei der Interpretation seiner Figur nicht nur auf Peinlichkeit, Political Incorrectness und Fremdschämen, sondern auch auf eine gehörige Portion Empathie. Kaum war diese TV-Sensation aus der Taufe gehoben, brillierte Carell in Little Miss Sunshine, dem Überraschungs-Hit 2006, neben Alan Arkin, der prompt mit dem Oscar entlohnt wurde. Get Smart, der das Zehnfache an Budget verschlang, vereint nun die beiden.

Die hohen Investitionen sind ein Indikator für den Charakter dieses Films. Anders als bei den genannten Beispielen zeigt sich das amerikanische Komödien-Fach hier von seiner kalkulierenden, unkreativen Schattenseite. Lieblos werden wichtige Bestandteile der Serie, wie das rote Cabrio und die multifunktionale Telefonzelle zitiert, über diesen Verweischarakter geht es jedoch nie hinaus. Genauso, wie sich Anne Hathaway mit einem Part als Eye-Catcher begnügen muss.
Get Smart ist einer dieser aalglatten Reißbrettfilme, die immer auf die Mitte setzen, auf Humor der harmlosesten Sorte. A propos Humor: Allzu viel davon wollte Segal seinen Zuschauern nicht zumuten. Im Interview gibt er an, das erste Mal in seinem Dasein als Regisseur auf Witze verzichtet zu haben. Zu Gunsten von Tempo und Action. Genau hierin liegt die Krux der Kino-Enttäuschung dieses Sommers. Wie in einem Gegenstück zu Andersons Werken verzichtet Segal nicht nur auf eine sorgfältige Bildgestaltung. Er raubt den Figuren auch jegliche Zeit, pointierte Dialoge zu entfalten. Noch schlimmer: Ihnen wird keinerlei Raum zur Entwicklung gelassen. Alles bleibt auf der Strecke zu Gunsten einer kaum enden wollenden Reihe von Actionsequenzen. Als Parodie fehlt dem Film der Nährboden, haben sich sowohl Bond als auch Smart im Laufe ihres Daseins doch schon häufig genug selbst aufs Korn genommen.

Mit solchen Filmen von der Stangenware riskiert Carell, zuletzt bereits mit Evan Allmächtig (Evan Almighty, 2007) und Dan – Mitten im Leben (Dan in Real Life, 2007) auf künstlerischer Tauchstation, seinen Ruf und schließlich die doch noch so junge Karriere. Nach diesem Auftakt in den Komödien-Sommer 2008 ist eine Steigerung nicht nur zu erhoffen, sie ist – und das bleibt der einzige Trost – kaum zu vermeiden.
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