Federicos Kirschen – Kritik
Ein Kalb wird geboren und auf den Namen Kyoto getauft, ein störrischer Bauer führt einen don-quichotesken Kampf gegen ein Kraftwerk. Federicos Kirschen ist filmische Lobbyarbeit und will mehr auch gar nicht sein.

Das Wort „Umweltkomödie“ springt bei der Sichtung des Materials zu Federicos Kirschen (Cenizas del Cielo) schnell ins Auge. Diese Genre-Bezeichnung wurde wohl eigens für diesen spanischen Film erfunden, in dem es um eine Bauerngemeinde in Asturien und ihr Zusammenleben mit dem angrenzenden maroden Kohlekraftwerk geht. Für die erzählerische Dynamik beim Porträt dieser spannungsgeladenen Nachbarschaft sorgt die Figur des Schotten Pol (Gary Piquer), der nach einem Motorschaden zu einem mehrtägigen Verbleib im Dorf gezwungen ist. Und wie die Dinge nun einmal laufen, wenn ein Film derart beginnt, will Pol schon bald gar nicht mehr weg aus dem Dorf.

Das Herz dieser kleinen Produktion ist Federico, der etwas störrische Bauer, der seit 40 Jahren für die Abschaltung des Kraftwerks kämpft. Seine große Hoffnung ruht dabei auf der Verwirklichung des vielerorts längst vergessenen Kyoto-Abkommens, das gar als Namensgeber für ein neugeborenes Kalb herhalten muss. Der eigensinnige Kauz ist sich trotz seines mittlerweile hohen Alters sicher, dass er das Ende der rauchenden Schlote noch miterleben wird. Er lernt im Verlauf des Films die Widersprüche politischen Engagements kennen: dass „Druck von unten“ immer schwieriger wird in einer Zeit, in der politische Entscheidungen meist weit entfernt vom tatsächlichen Ort des Geschehens getroffen werden – und dass dieser Druck trotz allem notwendig bleibt. Celso Bugallo (Das Meer in mir, Mar adentro, 2004) findet in seiner rührenden Darstellung Federicos die angemessene Balance zwischen der Komik des Verschrobenen und dem Stolz des Idealisten.

Die von allen „Umwelt“-Einflüssen bereinigte Handlungsebene – der neugierige Eindringling, der einen fremden Mikrokosmos erst beobachtet, sich dann von ihm faszinieren lässt und ihn schließlich verändert – entpuppt sich als eher biedere Variante eines im Film häufig durchgespielten Motivs. Auch ästhetisch kommt Regisseur José Antonio Quirós mit seiner Inszenierung nicht über Fernsehfilm-Niveau hinaus, vor allem der Schnitt wirkt an vielen Stellen irritierend unsauber. Doch diese Dinge den Filmemachern ernsthaft zum Vorwurf zu machen hieße mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Federicos Kirschen will keinen filmischen, sondern vor allem einen didaktischen Beitrag leisten zur auch hierzulande sehr aktuellen Diskussion um eine ökologisch nachhaltige Energiepolitik. Das Pionierexemplar der Umweltkomödie erweist sich dabei als Spiegel seiner namensgebenden Hauptfigur: sympathisch und kämpferisch, aber letztlich harmlos.
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