Exhuma – Kritik

Neu auf DVD / Blu-ray: Das schwierige Verhältnis zwischen Japan und Korea dient Jang Jae-hyun als Aufhänger für seinen Horrorfilm um eine mysteriöse Krankheit, einen Dämonensamurai und Fengshui. Exhuma wirkt manchmal wie ein beschaulicher Puzzleabend, und kommt in einem gut vorbereiteten Gag zu sich.

Auf guten Service bedacht, spricht eine Stewardess bei einem Flug nach Kalifornien Hwa-rim (Kim Go-eun) auf Japanisch an. Diese antwortet sachlich in derselben Sprache, hängt aber etwas angefasst den Hinweis an, dass sie Koreanerin sei. Lange scheint das eine unbedeutende Episode zu sein, doch deutet Exhuma (Pamyo) hier schon seinen zentralen Konflikt an, nämlich das komplizierte Verhältnis zwischen Korea und Japan. Einerseits durch die lange Tradition der Diskriminierung von Koreanern durch Japaner – bis hin zu Pogromen. Bekanntestes Beispiel ist das Kantō-Massaker von 1923, als nach einem katastrophalen Erdbeben Koreaner in bis heute umstrittenen Zahlen angegriffen und ermordet wurden. Andererseits durch die Besatzung Koreas durch Japan von 1905 bis 1945, an dessen Ende die bis heute herrschende Teilung des Landes in zwei Staaten stand.

Klare Symbolik, einfache Gleichung

Hwa-rim befindet sich auf den Weg nach Kalifornien, weil dort das Baby von koreanischen Emigranten von einer unklaren Krankheit bedroht wird. Die Schamanin macht das Problem schnell aus: Der Urgroßvater des Kindes verfolgt seine Familie aus dem Grab heraus. Sie zieht deshalb den Fengshui-Meister Kim Sang-deok und seinen Geschäftspartner, den Bestatter Yeong-geun (Yoo Hae-jin), hinzu. Beide haben sich darauf spezialisiert, Gräber zu finden, die den Verstorbenen nach den Prinzipien von Fengshui die harmonischste Ruhestätte bietet. Und darauf, Tote zu exhumieren, die in ihrem Grab keine Ruhe geben wollen, um sie durch entsprechende Zeremonien zu beruhigen. In dem – selbstredend höchst unpassendem – Grab, das sie mit Hwa-rim öffnen, findet sich aber nicht nur ein verbiesterter Geist, nicht nur eine Familiengeschichte voller Rätsel, sondern auch ein drei bis vier Meter großer Dämonensamurai, der nahe der innerkoreanischen Grenze dem Land wie ein brennender Pfahl im Fleisch steckt.

Jang Jae-hyuns Horrorfilm arbeitet dergestalt mit einer sehr klaren Symbolik. Es geht darum, wie Vergangenes weiterhin wirkmächtig bleibt, wie Korea immer noch von seiner Vergangenheit verfolgt wird, und wo die Ursachen dafür zu finden sind. Die Gleichung ist einfach. Wer seine historischen Wurzeln totschweigen möchte, darf mit einer dunklen Identität rechnen, die über den eigenen Babys lauert und sich durch die Reihen der Verwandten mordet. Wer aber Gräber zu unbekümmert öffnet, dem werden bald die Augen bluten. Und je weiter gegraben wird, desto deutlicher wird, dass alles Schlechte durch den japanischen Imperialismus und durch koreanische Kollaborateure begründet ist – während sich zwielichtige Gestalten als verkannte Freiheitskämpfer offenbaren.

Tänze, Pointen und Séances

Dass dem Grauen von Exhuma fast durchgängig mit dieser simplen Eins-zu-Eins-Übersetzung beigekommen werden kann, ist eine seiner größten Schwächen. Weil der Horror eben nicht von seiner filmischen Wirkung gedacht ist, sondern von seiner Bedeutung. Vergrößert wird das Problem durch die Kapitelstruktur des Films. Jedes der durch Zwischentitel abgegrenzten Teile bringt neue Enthüllungen, die die Protagonisten und die Zuschauer Schritt für Schritt zur Wahrheit vordringen lassen. Jede Entdeckung des übernatürlichen Procedurals bekommt dabei seine klare Position in der nicht sehr weitreichenden Landkarte aus Vergangenheit und größerer Bedeutung. Im Großen und Ganzen wirkt Exhuma wie ein beschaulicher Puzzleabend.

Im vorsichtig voranschreitenden Plot finden sich aber zuweilen Dinge, die über das Symbolische hinausgehen. Gerade der Umgang mit koreanischem Schamanismus und dem Fengshui etwa ist äußerst vielgestaltig. Zu Beginn reden alle drei so viel und so selbstverständlich darüber, wie viel Geld sie der reichen, um ihr Baby besorgten Familie aus dem Leib drehen wollen, dass es lange nicht ganz klar ist, wie edel und wahrhaftig ihre Absichten und ihre Zeremonien sind. Diese Zeremonien wiederum sind so detailliert porträtiert, dass es sich zuweilen anfühlt, als sähen wir eine kleine ethnographische Studie. Das ist zugleich ziemlich exploitativ. So gibt es eine sehr wilde zeremonielle Tanzszene, Pointen darüber, wie aus der Zeit gefallen das alles ist, oder Spaß mit seltsamen Séancen. Und überhaupt ist Kim Go-eun mit dem Spiel ihrer Augen ein sensationeller Agent des Seltsamen und Irritierenden.

Am besten ist Exhuma aber, wenn sein Sinn für trockenen Humor und Symbolik zusammenfallen. Namentlich in einem einzigen, lange vorbereiteten Witz, in dem es darum geht, dass sich immer weniger Leute für Fengshui interessieren. Immer mehr von Kim Sang-deoks Kollegen arbeiten deshalb nur noch als Berater bei Architekten, wenn überhaupt. Dieser Scherz unterwandert die grobe Ideologie einer wirkmächtigen Vergangenheit allein dadurch, wie lakonisch das Verblassen von Traditionen ins Bild gesetzt wird.

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