Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen – Kritik

Neu auf Netflix: Adam Sandler, selbst nur in einer Nebenrolle, besetzt seine Tochter Sunny als Hauptfigur und bringt auch den Rest der Familie in der Coming-of-Age-Komödie unter. Aber was ist gegen Vetternwirtschaft zu sagen, wenn das offen an Vorbilder der 1980er angelehnte Ergebnis so aussieht?

Stacy Friedman (Sunny Sandler) steht kurz vor ihrer Bat Mitzwa. Ihre symbolische Aufnahme in den Kreis der Erwachsenen bedeutet für sie zweierlei: Sie muss mit einer atemberaubenden Party bei ihren Mitschülern Eindruck schinden, vor allem aber muss sie herausfinden, wer sie denn nun überhaupt ist als Erwachsene. Jemand ihr (noch) sichtlich Fremdes, der den anderen imponiert und den Schwarm Andy (Dylan Hoffman) erobert? Jemand, der sich als Teil von Familie und (religiöser) Gemeinschaft eingliedert? Oder jemand, der sich treu ist? Was das auch immer in Stacys eindrucksvoller Orientierungslosigkeit bedeuten soll.

Chucks statt Stöckelschuhe

Der Film ist auf allen Ebenen – in der Handlung, visuell, verbal – vollgepackt mit Ausdrücken ihres Konflikts. Am direktesten kommuniziert Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen (You Are So Not Invited to My Bat Mitzvah) Stacys Identitätssuche aber über ihre Klamotten. Immer wieder muss sie sich entscheiden, ob sie sich in den sexy, glamourösen, repräsentativen Designerlook der Klassenschicksen wirft oder sich des bequemen, aber etwas peinlichen Schlabberstils ihres Vaters (Adam Sandler) bedient. Oder ob sie eben Chucks statt Stöckelschuhe zum knappen Abendkleid anzieht.

Ihr größtes Problem wird aber sein, dass ihre beste Freundin Lydia (Samantha Lorraine) schneller Anschluss bei den coolen Kids findet und tatsächlich mit Andy anbandelt. Stacys Leben und ihre Freundschaft werden also bald in Trümmern liegen – auch weil sie den Tagträumen einer MTV-Reality-Show-Zukunft nachläuft und die Schuld für ihr wiederholtes Scheitern und den damit einhergehenden Peinlichkeiten bei den anderen sucht. Wobei der Film die Daumenschrauben bei diesem Drama aber nicht zu sehr anzieht, sondern eher melancholisch von den Irrungen und Wirrungen der Jugend erzählt, wo Ärger und Stolz nach einem Streit die Versöhnungsgedanken doch nie auszulöschen vermögen. Zu sehr ist anscheinend allen bewusst, dass sie ihr Leben nach einem Trial-and-Error-Prinzip bestreiten – mit teilweise haarsträubenden Ergebnissen.

Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen lässt also keine Zweifel aufkommen, womit wir es bei ihm zu tun haben: einer klassischen Coming-of-Age-Komödie. Nicht zufällig wird Sunny mit ihrem Vater bei einem John-Hughes-Festival im Kino anzutreffen sein. Und spätestens, wenn sie von der Synagoge zur entscheidenden Aussprache durch den gesamten Vorort rennt, ist klar, wie offen sich hier an die Vorbilder der 1980er Jahre angelehnt wird. Dass das trotz aller klassischen Zutaten nicht wie eine Formübung wirkt, liegt zuvorderst daran, dass der Film das bekannte Muster mit einer gänzlich kontemporären Lebenswelt auszufüllen versteht. Einer Lebenswelt, die er voll und ganz genießt.

Initiation und Tradition

Die auftretenden älteren Generationen gleichen dabei gewissermaßen dem Film. Auch sie sind gefestigt und leben eher entspannt als verzweifelt. Sie sind, wie nicht anders zu erwarten, Katalysatoren für die Handlung, sind für Witze und peinliche Momente da, dienen als Gegenpole zur Auflösung Stacys. Und doch erweitert der Film von Regisseur Sammi Cohen mit ihnen das Coming-of-Age noch um eine entscheidende Dimension.

Im Kosmos der Bat- und Bar-Mizwa-Feiern, die wir zu sehen bekommen, bis wir endlich bei Stacys ankommen, geht es eben nicht nur um Initiation, sie sind auch in Tradition und Familienbande eingelassen. Weshalb wir es ständig mit Leuten zu tun bekommen, die der Highschool entwachsen sind, weshalb es die Handlung zuweilen auch ins Altenheim verschlägt. Die fast durchgehende Anwesenheit der berufsjugendlichen Rabbi Rebacca (sensationell: Sarah Sherman), der großen Schwester (Sadie Sandler) mit dem schon so großen Mehr an Lebenserfahrung, der auch nur auf den ersten Blick souveränen Eltern und der Großeltern, die eben schon ein Leben fast hinter sich haben, all das deutet immer auf den Horizont ewiger Veränderungen und Entwicklungen, die noch warten. Der Egozentrik der Jugend setzen sie ohne Dramatik etwas Erdung entgegen: Das Drama Stacys wird nur ein Teil in einem reichen, absurden, schmerzvollen Leben sein – das ist eine der großen Versicherungen des Films.

Nichts gegen Vetternwirtschaft

Adam Sandler spielt nur eine Nebenfigur, und doch strahlt der Humanismus seiner anderen Filme auch hier deutlich hinein. Vielleicht mehr noch, da er seine Familie nun nicht mehr nur am Rande mitbesetzt, sondern zu versuchen scheint, den Staffelstab weiterzureichen. Ein wenig scheint er sich dafür zu schämen, weil erst die zweite Einblendung von Schauspielern bei den Endcredits die Wahrheit des Films offenlegt. Dort steht untereinander weg: Adam Sandler, Jackie Sandler, Sadie Sandler, Sunny Sandler. Natürlich ist es Vetternwirtschaft, was er seit Beginn seiner Karriere betreibt, wenn er seine Freunde und Familie immer und immer wieder besetzt. Das Prinzip ist dabei so simpel wie (meist) erfolgreich. Wenn das Set von Freundschaft, Liebe und Spiellust bestimmt ist, dann strahlt es auch auf die Filme aus.

Und überhaupt: Was gibt es an Vetternwirtschaft auszusetzen, wenn das Ergebnis wie hier aussieht. Sadie Sandler ist als Stacys große Schwester eines der Highlights des Films. Als Handycineastin, die blitzschnell zwischen Altersweisheit gegenüber ihrer kleinen Schwester und patziger, launischer Jugendlichkeit wechselt, die ihre Spitzen in der Handlung unterbringt, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Sunny Sandler glänzt hingegen gerade damit, dass ihr die natürliche Schlagfertigkeit von Vater und Schwester etwas abzugehen scheint. In ihren Augen und Lippen stehen ihre sich verheddernden, sie ausbremsenden Gedanken geschrieben, die sie in ihrer Rolle glänzen lassen. Kurz: Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen macht Hoffnung, dass dies nur der Beginn der Ausweitung des sandlerischen Familienkinos ist.

Neue Kritiken

Trailer zu „Du bist sowas von nicht zu meiner Bat-Mizwa eingeladen“


Trailer ansehen (1)

Neue Trailer

alle neuen Trailer

Kommentare

Es gibt bisher noch keine Kommentare.






Kommentare der Nutzer geben nur deren Meinung wieder. Durch das Schreiben eines Kommentars stimmen sie unseren Regeln zu.