Die Jahreszeit des Glücks – Kritik
Kleiner Film – große Sympathien vom Publikum. Der erfolgreichste tschechische Film aller Zeiten heißt Die Jahreszeit des Glücks (Stesti), gewann Festival-Preise in San Sebastian, Athen, Montreal und war tschechischer Anwärter für den Auslands-Oscar.

Eine typische post-kommunistische Szenerie: Plattenbauten, Industrieschlote, eine triste Kneipe – zuviel Alkohol und tief ins Gesicht gegrabene Augenringe – von einer ganzen Jahreszeit des Glücks, wie der deutsche Verleihtitel nahe legt, kann wirklich keine Rede sein. Dennoch heißt Stestí „Freude, Glück“ – und kurze Momente davon gibt es tatsächlich zwischen Tonik (Pavel Liska) und Monika (Tatiana Vilhelmová), von denen der Zuschauer von Anfang an weiß, dass sie eigentlich zusammengehören. Aber Monika hat einen Freund, der sie nach Amerika holen will, und in der tschechischen Industriestadt Most bleibt ihr nur die Arbeit im Supermarkt und das Leben im Wohnblock mit der desillusionierten Elterngeneration. Eine Ahnung von Idylle in der Wohngemeinschaft mit Tonik und den beiden vernachlässigten Kindern der Nachbarin auf einem abbruchreifen Bauernhof besteht nicht lange.
Doch Regisseur Bohdan Sláma (Wilde Bienen, Divoké vcely, 2002) liebt seine Figuren still und beharrlich, wie Tonik Monika liebt, und so bewegt sich die Geschichte der beiden am Ende ganz vorsichtig zum Guten, obwohl niemand das große Glück gefunden hat. Durch unaufgeregte Erzählweise und eine bewegliche Handkamera entsteht große Nähe zu den Protagonisten. Die ganz natürlich wirkende Kinderregie ist erstaunlich.

Zu Zeiten der Neuen Welle in den 60er Jahren dominierten Filmemacher wie Milos Forman (Der Feuerwehrball, Horí, má panenko, 1967) oder Jirí Menzel (Lerchen am Faden, Skrivánci na niti, 1969) den tschechischen Film und warfen humorvolle bis politisch-satirische Blicke auf den Alltag einfacher Leute. Durch den russischen Einmarsch wurde der künstlerische Aufbruch schnell in seine Grenzen gewiesen, und das Land verfiel der Lähmung des Kommunismus. Heute ähnelt sich die Situation der Ostblockstaaten nach Mauerfall und samtener Revolution. Die Jahreszeit des Glücks könnte auch in der ehemaligen DDR angesiedelt sein – nach dem Scheitern des Sozialismus kämpfen die Menschen mit der gleichen Arbeitslosigkeit, sie leben in den gleichen Plattensiedlungen. Aus den Regimes wurden Demokratien, die sich schlechter für Satire eignen. Filmemacher haben die Wahl zwischen Elends-Romantik, dramaturgisch stilisierten Ausbruchsszenarien oder dem menschlichen Blick auf die, die da geblieben sind. Bohdan Sláma entscheidet sich für letzteres, so wie es auch seine Hauptfigur Monika tut. In Cottbus gewann der Film, der bis in die Nebenrollen mit Stars des tschechischen Kinos besetzt ist, für diese Sicht den Publikumspreis.
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