Bad Tales - Es war einmal ein Traum – Kritik
Bad Tales erzählt von Kindern in einer römischen Vorstadt, die alles sehen und erleben müssen. Zwei werden Bomben bauen, und irgendwie will man, dass sie hochgehen.

Eine zerklüftete Asphaltschicht mit tiefen Spalten, auf die die Sonne den Schatten von Kindern projiziert: Rissig, kaputt, verletzt ist der Boden der Vorstadt Roms, auf dem sie hier aufwachsen und umherwandeln, aufgebrochen und malträtiert von diesem „verfickten Sommer“, der auch die erwachsenen Gemüter einer Nachbarschaft erhitzt, die Stimmung zum Kochen bringt, Abgründe aufreißt. Meist passiert das in Fabio und Damiano D’Innocenzos zweitem Spielfilm Bad Tales in den Gärten der Reihenhäuser: Zwei Väter sitzen da, schauen auf die Frau des Nachbarn, flüstern sich Vergewaltigungsfantasien ins Ohr, ein anderer Vater masturbiert ungestört hinterm Haus und sein Sohn guckt zu, so wie die gerade mal zehnjährigen Kinder dieses Films hier immer alles sehen und erleben müssen: Die schon blassen blauen Flecken auf der weiblichen Haut aus der Nähe oder die Schläge und Tritte eines Vaters auf seinen Sohn in einem versperrten Auto.
Bier trinkende Naivität

Um genau diesen kindlichen Blick geht es in Bad Tales: Am Anfang erzählt eine Stimme davon, ein Kindertagebuch im Müll gefunden zu haben, das irgendwann einfach unvermittelt abbricht, aber wegen seiner „naiven Zeilen“ begeistert. Wenn der Film sich als Erzählung dieses Tagebuchs entspinnt, ist weniger die Form der Perspektive naiv als das, worauf sie sich richtet: Etwa auf das Gefühl, den Eltern nacheifern zu müssen, selbst schon Sex haben zu müssen: „Ich hab richtig Bock auf Bumsen“, die Worte fallen dann da ganz pflichtschuldig und spürbar anerzogen zwischen Junge und Mädchen. Auf einen Vater, der seinem Sohn das Driften auf der Wiese beibringt, mit ihm Bier trinkt und mit tränenden Augen „Du bist genau wie ich!“ brüllt. Auf eine vor allem toxisch-männliche Erziehung, die unweigerlich ihre Spuren hinterlässt, weil die Kinder hier noch keine Mittel, noch keine Macht haben, das, was falsch läuft, auch zu ändern.
Den radikalen Knall herbeisehnen

Und dennoch spricht der Film den Kindern nichts ab, gibt es auf ihrer Seite ein Gefühl der Unzufriedenheit, dass dies kein erstrebenswertes Leben sein kann: Zwei werden Bomben bauen, mit dem großen Traum, das hier alles zu vernichten, und irgendwie will man, dass die auch hochgehen, dass diese Welt mit einem radikalem Knall einfach endet. Zwei Kinder aus verschiedenen Schichten: Dennis (Tommasso Di Cola) aus der etwas wohlhabenderen, aber eben immer noch vorstädtischen Reihenhaussiedlung mit Poloshirt und süßem Kindergesicht und Geremia (Justin Korovkin), mehr aus einem Trailer, mit Achselshirt und Gummo-Gedächtnisphysiognomie. Ohnehin erinnert Bad Tales in seiner Erzählung von moralischer Verrohung der Kinder einer gemeinsamen Nachbarschaft an Harmony Korines Regiedebüt, ist aber eine viel harmlosere Version, die zwar vom Verlust der Moral erzählt, aber ihre eigene fest im Griff hat, zwar von Grenzüberschreitungen redet, aber nicht mal an die eigenen Grenzen geht: Tatsächlich wird diese Welt dann am Ende doch erschüttert, aber, so viel sei verraten, nicht durch einen radikalen Knall, sondern durch einen schleichenden Tod, der nicht genug Kraft entwickelt, die Vorstadtstrukturen wirklich zu sprengen.
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