Unheimlich (und) schön: Werkschau von Lucile Hadžihalilović in Berlin

Vom 23. bis 26. November präsentieren das Berliner Kino Arsenal und das Institut français eine Retrospektive aller Langfilme von Lucile Hadžihalilović. Bei zwei Vorführungen wird die französische Regisseurin anwesend sein – etwa am Eröffnungsabend mit Herz aus Eis.

Lucile Hadžihalilović ist bekannt für stark stilisierte, märchenhafte Filme, bei denen die Bildsprache und die Atmosphäre oft mehr im Vordergrund stehen als die Handlung. Sie entführt ihr Publikum in surreal entrückte Welten, spielt mit Motiven des sexuellen Erwachens und des Gender Trouble – und dringt dabei tief in Schichten des Unheimlichen vor. Häufig verweigert sie die offenkundige Eskalation oder verlegt diese in die Imagination der Zuschauenden. Sie vermischt Kunst- und Horrorfilm, wobei „Horror“ hier eigentlich der falsche Begriff ist: Hadžihalilović ist eher in einer Genre-Variante zu Hause, die heute kaum noch vorkommt: dem Gruselfilm. Sie verzichtet weitgehend auf Schocks, brutale Gewalt und billige jump scares. Stattdessen erzeugt sie mit viel Geduld, visueller Fantasie und verstörenden Details Gänsehaut im Kinosaal.

Ihre ersten drei Spielfilme waren in Deutschland nicht regulär im Kino zu sehen. Im Jahr 2005 feierte Hadžihalilović ihr Langfilm-Debüt mit Innocence, einem beunruhigenden, auf Frank Wedekinds Erzählung Mine-Haha beruhendem Mädcheninternats-Drama. Mein persönlicher Favorit aus ihrer Filmografie ist der düstere Sci-Fi-Film Évolution (2015), der das Publikum erst mit dem Anblick einer unendlich anmutigen Unterwasserpflanze hypnotisiert und es dann in männliche Urängste hinabzerrt. Ein paar Jahre später folgte Earwig (2021), ein mysteriöses mood piece, das vielleicht nicht die beste Wahl ist, um in das Werk der Regisseurin einzusteigen – jedenfalls nicht, wenn man sich von Filmen zumindest eine rudimentäre Plot-Struktur erwartet.

Am 18. Dezember erhält nun erstmals ein Film von Lucile Hadžihalilović einen Kinostart in Deutschland: Herz aus Eis (La Tour de glace, 2025), der bei der Berlinale 2025 mit einem Silbernen Bären für die herausragende künstlerische Leistung seines kreativen Ensembles prämiert wurde. Der Film erschafft eine Winterwelt, in der ein einsames Waisenmädchen sich langsam einer Starschauspielerin annähert, die nicht zufällig in ihrem neuesten Film eine Eiskönigin spielt.

Alle vier Filme laufen im Rahmen der Französischen Filmwoche Berlin im City Kino Wedding, das als Ausweichspielstätte für das noch im Umzug begriffene Arsenal dient. Mehr Infos zur Filmreihe gibt es auf der Website des Arsenals.

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