Antares – Studien der Liebe – Kritik
In drei miteinander verknüpften Episoden wird vom Lieben und Leiden in einer Wiener Wohnsiedlung erzählt. Dafür gab es eine Nominierung zum diesjährigen Auslandsoscar.

Seit die Filme von Regisseuren wie Michael Haneke oder Barbara Albert in den letzten Jahren erfolgreich auf internationalen Festivals gezeigt wurden, hat sich ein bestimmtes Bild vom österreichischen Film entwickelt. Demnach könnte man meinen, in Österreich würden neben erfolgreichen Kabarettfilmen nur pessimistische und mitleidslose Sozialdramen über emotionale Kälte produziert werden. Auch wenn die eingangs erwähnten Filmemacher wirklich bemerkenswerte Filme mit einer unverkennbaren Handschrift gedreht haben und dieser Stil gewissermaßen zu einem nationalen Aushängeschild geworden ist, wurde diese Sichtweise im österreichischen Kino auch häufig zur Marotte. Götz Spielmann bewegt sich mit Antares – Studien der Liebe streckenweise auf ähnlichem Terrain. Seine drei Episoden vom Lieben und Leiden in einer Wiener Wohnsiedlung zeigen zwar wieder die weitgehend bekannte Stadtrandtristesse, bleiben dabei aber nicht so zwangspessimistisch wie die Filme genannter Kollegen.
Jede der Episoden konzentriert sich auf eine Wohnung in der endlos wirkenden Betonwüste des Wiener Nordens. Die Krankenschwester Eva (Petra Morzé) lebt mit ihrem Mann (Harry Prinz), einem kultivierten Langweiler, und ihrer pubertierenden Tochter in dieser Siedlung. Komischerweise wirkt die Familie viel zu bürgerlich, um in so einer herunter gekommenen Siedlung zu wohnen.

Als Eva nach der Arbeit von einem geheimnisvollen Ausländer aus ihrer Vergangenheit überrascht wird, nutzt sie dieses Wiedersehen um ihren angestauten Frust über ihre eingeschlafene Ehe mit einem Sexmarathon zu überwinden. Die ungewöhnlich explizit gehaltenen Sexszenen erinnern inhaltlich wie formal stark an Patrice Chéreaus Intimacy (2001), wirken aber zu erzwungen, weil sich dem Zuschauer die Leidenschaft der beiden Liebenden nicht so recht erschließen will. So sehr man sich mit risikofreudigen Darstellern bemüht hat, Leben in die Szene zu bringen, bleibt das von der Kamera eingefangene Ergebnis doch steif und steril. Es folgen noch mehr Momente in Antares, denen trotz ihres dramatischen Gehalts eine gewisse Leblosigkeit anhaftet. In solchen Szenen wird deutlich, dass der Film Einblick in eine eigene Welt geben möchte, diese aber zu kulissenhaft dargestellt ist, so dass man sich eher an einen durchschnittlichen Fernsehfilm erinnert fühlt.
Die zweite Episode um die zwanghaft eifersüchtige Supermarktkassiererin Sonja (Susanne Wuest) und ihren untreuen kroatischen Freund Marco (Dennis Cubic) leidet vor allem an der mangelnden Überzeugungskraft der Darsteller. Der derbe Tonfall und die plumpe Gestik der Sonja wirken nicht im geringsten authentisch, sondern machen nur überdeutlich, dass es sich hier um eine Schauspielerin handelt, die eine Rolle spielt, mit der sie nicht allzu viel anzufangen weiß. Ihr Proll-Look ist zwar sehr originalgetreu gehalten, macht aber dafür umso präsenter, dass es sich dabei nur um eine Verkleidung handelt. Noch schlimmer wird es bei ihrem Freund Marco, der wie die meisten ausländischen Charaktere im Film der deutschen Sprache zwar hörbar mächtig ist, aber trotzdem ein undifferenziert verkörpertes „nix-verstehen“-Gestammel an den Tag legt, wie es im Kino eigentlich schon seit langem überwunden schien. Denkt man an Spielmanns Regiekollegen Ulrich Seidl (Hundstage, 2001), sieht man, wie gelungen man Authentizität und Fiktion verbinden kann.

Obwohl sich die meisten Szenen aus Antares in Plattitüden und schon mehrfach wiedergekäuten sozialen Klischees erschöpfen, bleibt er ungeachtet seiner Laufzeit von zwei Stunden über weite Strecken unterhaltsam. Die verschiedenen Tricks beim Ehebruch, die Gegenüberstellung verfeindeter Parteien und die ironische Distanz, mit der die Figuren gezeigt werden, verleihen dem Film eine angenehm humorvolle Note. Bei der letzten Episode, die dann alle Erzählstränge zusammenlaufen lässt, machen sich allerdings auch die ersten Längen bemerkbar. Die Geschichte von Alex (Andreas Kiendl), der mit aller Gewalt versucht seine Exfreundin Nicole (Martina Zinner) zurück zu gewinnen, zeigt den überstrapazierten Stereotyp des ausländerfeindlichen Arbeiters und enttäuscht durch ihre einseitige Figurenzeichnung, die ihm keine neue Facette abgewinnen will.
Wie in Amores Perros (2000) bildet auch in Antares ein Autounfall die Schnittstelle zwischen den drei Episoden, an denen alle Erzählstränge zusammenlaufen. Wie dieselben Szenen aus verschiedenen Perspektiven gezeigt werden, gab es in den letzten Jahren zwar schon des öfteren zu sehen, immerhin zeugt die ausgefeilte Struktur, mit der die Episoden untereinander verbunden sind, von solidem Handwerk. Nach Die Fremde (1999) wurde Götz Spielmann mit Antares dieses Jahr schon zum zweiten Mal für den Auslandsoscar nominiert. Genau wie Der Untergang (2004) ein schlechter Repräsentant für das deutsche Kino war, hätte es auch in Österreich viele geeignetere Kandidaten gegeben.
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