Verleihung des Deutschen Filmpreises „Lola“ 2011
Am 8. April 2011 wurde in Berlin zum 61. Mal der Deutsche Filmpreis vergeben.

Seit 1951 wird der Deutsche Filmpreis verliehen – seit 1999 durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (kurz: „BKM“). Der Preis ist die mit 2,855 Millionen Euro höchstdotierte deutsche Kulturauszeichnung und gilt als Kernstück der kulturellen Filmförderung. Vergeben wird er in den drei Hauptkategorien Spielfilm, Kinderfilm und Dokumentarfilm sowie für 13 Einzelleistungen wie Regie, Drehbuch und Schauspiel. Analog zum amerikanischen Vorbild wurde 2003 die Deutsche Filmakademie gegründet, die seit 2005 mit der Vergabe des Preises, der – ebenfalls analog zum Oscar – nun seit 1999 „LOLA“ heißt, betraut ist. So wählen 1200 Akademiemitglieder in den letzten beiden Stufen des dreistufigen Auswahlverfahrens die Preisträger.
Als Bester Film des Jahres (Filmpreis in Gold, dotiert mit 500.000 Euro) wurde nun in der Gala am 8. April 2011 im Berliner Friedrichstadtpalast Ralf Huettners Roadmovie-Tragikomödie Vincent will meer ausgezeichnet, dessen Hauptdarsteller Florian David Fitz für seine Darstellung eines am Tourette-Syndrom leidenden jungen Mannes auch die Lola für die beste männliche Hauptrolle (dotiert mit 10.000 Euro) erhielt.
Platz zwei (Filmpreis in Silber, dotiert mit 425.000 Euro) ging an Yasemin Samderelis differenzierten Blick auf Türken in Deutschland, das Komödiendrama Almanya Für das Drehbuch erhielt die Regisseurin zusammen mit ihrer Schwester Nesrin den Filmpreis in der Kategorie Bestes Drehbuch (dotiert mit 10.000 Euro).
Einen Filmpreis in Bronze (dotiert mit 375.000 Euro) bekam Andres Veiels Terroristendrama Wer wenn nicht wir. Tom Tykwer wurde für die beste Regieleistung für seinen Film Drei (dotiert mit 10.000 Euro) ausgezeichnet. Die Hauptdarstellerin des Films, Sophie Rois, erhielt den Filmpreis für die beste weibliche Hauptrolle (dotiert mit 10.000 Euro).
Zum besten Kinderfilm (250.000 Euro) wurde Arne Birkenstocks Chandani und ihr Elefant gewählt. Der Preis für den besten Dokumentarfilm (Preisgeld: 200.000 Euro) ging an Wim Wenders Film Pina, eine Hommage an das Tanztheater der 2009 verstorbenen Pina Bausch. Den Ehrenpreis für das Lebenswerk erhielt der Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase.
Und die Gala selbst? Die Parallelen zum amerikanischen Vorbild sind unverkennbar und wohl auch beabsichtigt, weshalb für die künstlerische Leitung der Show neben Produzent Benjamin Herrmann auch jemand mit entsprechender Erfahrung, nämlich (Kurzfilm-)Oscarpreisträger Florian Gallenberger verantwortlich zeichnete. Dabei wurde weniger auf Innovation als vielmehr auf Bewährtes gesetzt. Das dürfte auch erklären, wieso zum wiederholten Male Barbara Schöneberger als Gastgeberin für komische Einlagen zu sorgen versuchte. Der Koketterie nahe und bemüht tagesaktuell bezeichnete sie sich selbst als von der Filmakademie gebilligtes „laufzeitverlängertes Restrisiko“, was in der Sache den Kern trifft, denn die Gags um angebliche WikiLeaks-Enthüllungen aus der Filmbranche, die Seitenhiebe auf zu Guttenberg, Henckel von Donnersmarck oder Til Schweiger hatten allenfalls Büttenrednerniveau und vermochten höchstens zur Hälfte zu zünden. Komisch, wenn auch aus der eher absurden Ecke war die Präsentation der Kategorie Dokumentarfilm durch den amtierenden Dreifachboxweltmeister Wladimir Klitschko. Dass gerade ein Boxer nicht nur Wim Wenders filigranen Tanzfilm Pina zu loben hatte, sondern auch den nominierten Musikdokumentarfilm Kinshasa Symphony, worin Menschen eines der komplexesten Systeme menschlicher Interaktion aufbauen, nämlich ein Symphonieorchester, beweist jedenfalls subtilen Humor.
Ganz und gar humorlos hingegen erschienen die amtierenden Akademiepräsidenten, Iris Berben und Bruno Ganz in ihrer gemeinsamen Eröffnungsrede. Politisch völlig korrekt wurde Betroffenheit ob der Erdbebenkatastrophe in Japan neben Bewunderung für den demokratischen Umbruch in Nordafrika zum Besten gegeben. Um klarzustellen, dass die Akademie nicht nur Preise verleihe, demonstrierten die Präsidenten das Engagement gegen politische Filmemacher-Berufsverbote im Iran, äußerten Genugtuung ob der nun endlich höchstrichterlich geklärten rechtlichen Grundfragen zur Filmförderung und verteilten Schelte ans ZDF, das filmwidriger Weise UEFA-Champions-League-Rechte eingekauft habe. Auch übte man sich in Demut, indem explizit die (wohl wirtschaftlich gemeinte) privilegierte Position des deutschen Films zum Ausdruck gebracht wurde.
Dem konnte auch der Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann wenig hinzufügen. Seine Eröffnungsreden haben mittlerweile Tradition. Kritikern im Feuilleton entgegnete er vorsorglich mit der Frage, was denn ein Kulturstaatsminister anderes tun solle, als den deutschen Film zu loben. So verteidigte er die Vergabe des Deutschen Filmpreises durch die Akademie als richtigen Weg. Brennende Themen, wie die Evaluierung des Deutschen Filmförderfonds, umriss Neumann mit der zu stellenden Frage, ob etwa die Förderung dazu führe, dass sich im Kino zu viele Filme gegenseitig die Zuschauer wegnähmen. Das demonstriert Problembewusstsein auf einem Feld, das sich berechtigt auch erweitern ließe: Wieso ist der Deutsche Filmpreis der Kernbereich der BKM-Förderung? Wieso müssen nominierten Filmen – die ausnahmslos staatlich mitfinanziert werden – Nominierungsprämien von jeweils 250.000 Euro ausgeschüttet werden? Fragen, die jedoch an einem solchen Abend fehl am Platze sind. Oder vielleicht gerade nicht?
Ein Novum konnte Präsidentin Berben zumindest ankündigen: Zum Gedenken an den kürzlich verstorbenen Filmproduzenten Bernd Eichinger wird die Akademie ab dem nächsten Jahr eine weitere Lola vergeben: den Bernd-Eichinger-Preis.
Das gescholtene ZDF indes sendete vier Stunden zeitversetzt eine ordentlich eingedampfte Fassung der Preisverleihung. So blieben die Reden der Präsidenten der Akademie und des Kulturstaatsministers ebenso außen vor wie manche völlig misslungenen Kalauer der Schöneberger. Zumindest in letzterem Fall eine gute Entscheidung.
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