Herbst ist Genrefilmzeit – Festival Européen du Film Fantastique
Das Strasbourger Festival besticht durch ein kompaktes Programm und interessante Retrospektiven. Für den ersten Teil unseres Berichts hat sich Pavao Vlaijcic Filme von Jan Kounen, Kenichi Ugana und anderen angesehen.

Sobald der große sommerliche A-Filmfestival-Zug seine Fahrt von Karlsbad über Locarno nach Venedig, Toronto, San Sebastian und Zürich beendet hat, kommen die herbstlichen Genre-Filmfestivals ins Spiel. Deren größtes ist das Filmfest im spanischen Sitges, dicht gefolgt vom Fanastic Fest in Austin. Neben diesen beiden haben sich in den vergangenen Jahren das Slash in Wien und das Festival Européen du Film Fantastique de Strasbourg, kurz FEFFS, als größere Adressen fest etabliert.
Wegen der räumlichen Nähe und der recht kompakten und übersichtlichen Programmierung lande ich immer wieder bei den französischen Nachbarn. Strasbourg leistet sich zudem noch recht umfangreiche Retrospektiven, zu Regisseuren und bestimmten Themen, manchmal sogar noch in analoger Vorführung. Im vergangenen Jahr konnte ich so John McTiernan’s The 13th Warrior von einer wunderschönen 35mm-Kopie sehen. Ehrengast dieses Jahr ist Alexandre Aja, die Retrospektive FASCIFICTION befasst sich mit autoritären Gesellschaftsentwürfen im Kino.
Philosophisch Referiertes

Durch den Science-Fiction-Fokus trifft es sich ganz gut, dass der Eröffnungsfilm dieses Jahr das französische Remake eines der großen 1950er-Jahre-Klassiker des Genres ist. L’Homme Qui Rétrécit / The Incredible Shrinking Man wurde von Jan Kounen aufwändig neu verfilmt. Bei der Finanzierung half es sicherlich, dass einer der größten französischen Stars, Jean Dujardin, die Hauptrolle übernommen hat. Herausgekommen ist ein angenehm altmodischer, formal sorgfältig inszenierter Abenteuerfilm mit bisweilen glänzend realisierten Spannungs- und Actionmomenten und einer existentiell-melancholischen Grundierung. Erfindet das Rad zwar nicht neu, macht aber Spaß. Zusätzlicher Bonus (zumindest für mich): Jean Dujardin verbringt sehr viel Zeit damit, halbnackt durch die Gegend zu rennen. Und aus dem Off philosophisch zu referieren.

Aich in Félix Dufour-Laperrières La Mort n’existe pas / Death Does not Exist wird aus dem Off viel existentialistisch referiert, allerdings deutlich weniger anregend. In dem Animationsfilm überfällt eine Rebellengruppe ein Reichenresort, Hélène bekommt in letzter Sekunde allerdings Muffensausen und lässt ihre Kamerad*innen im Stich. Es folgen ausgiebige, sich ewig wiederholende Gespräche mit sich selbst und Alter Egos über wichtiges Zeugs. 72 schlanke Minuten, die sich doppelt so lang anfühlen und letztlich wenig zu sagen haben. Wunderschön reduzierter, hypnotischer Animationsstil allerdings. Und: Auch wenn es nicht ganz einfach war, ich bin wach geblieben.
Worst-of des zeitgenössischen Genrefilms

In den vergangenen Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, dass der japanische Independent-Filmer Kenichi Ugana seinem Landsmann Takashi Miike in Sachen Produktivität den Rang ablaufen möchte. Pro Jahr kommt er auf mehrere Filme, 2025 feierten bereits drei Premiere. Mit The Curse wagt er sich an eine halbernste J-Horror-Parodie, die bisweilen Elemente der Hong Kong-Horrorwelle der späten 1970er und frühen 1980er aufnimmt. Den anarchischen Witz und die freie Form seiner anderen Arbeiten hat sich Ugana bewahrt, die recht lose Nummernrevue ist allerdings etwas zu beliebig und zu lang geraten.

Das Schlimmste kommt zum Schluss. In Rabbit Trap genießen Dev Patel und Rosy McEwen als Paar die idyllische Ruhe im ländlichen Wales und werden dabei von einem nervigen Findelkind gestört, das vielleicht (?) ein mystisches Mischwesen ist. Ein Worst-of des zeitgenössischen Genrefilms: Sieht ganz glatt und kompetent aus, hat nichts zu erzählen, streckt Szenen endlos, vergisst dabei, interessant zu sein und leidet an Größenwahnsinn. Wähnt sich Shakespeare, langweilt aber zu Tode und hat die emotionale Reife von verfaulten Tomaten. Naja, wohl auch eine Art Horror.
To be continued...
Hier geht's zum 2. Teil unseres Festivalberichts.
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