(Ganz) Junge Kritik: L'Orizzonte Degli Eventi

Haben sie sich schon einmal gefragt, was wirklich wichtig im Leben ist? Regisseur Daniele Vicare versucht mit seinem Film L'Orizzonte Degli Eventi auf diese Frage eine Antwort zu geben. Für Max (Valerio Mastandrea), einen Atomphysiker, ist es "Helios" – das Projekt, auf das er Tag und Nacht seine gesamte Zeit, Kraft und Energie verwendet, wodurch er seine privaten Kontakte vollends in den Hintergrund stellt. Durch sein intensives Engagement entfernt er sich immer weiter von Familie und Freunden und vereinsamt einerseits, andererseits wirkt er somit egoistisch. Dies wird auch durch die subjektiven Kameraeinstellungen bestärkt, da im ganzen Film vieles aus seiner Sicht gezeigt wird.

Aufgrund dramatischer Entwicklungen wird er entlassen und verliert somit sein Projekt und muss sich die Frage nach dem Sinn seines Lebens neu stellen. Der Regisseur wechselt an dieser Stelle in eine ganz neue Umgebung, in deren Mittelpunkt der albanische Schäfer Bajram steht, der Max eine ganz andere Lebensweise zeigt.

Auf seinem langen Weg der Sinnfindung und Erkenntnis kann der Zuschauer teilhaben, wobei sich Max jedoch gelegentlich auf seinem Weg verliert und auch der Zuschauer ihm oftmals nicht folgen kann und in eine "andere Richtung abbiegt". Während des gesamten Filmablaufes wird die Umgebung des Öfteren ausgeblendet und die Kamera konzentriert sich auf die Rücken der Personen, wobei jedoch dieser scharf eingestellt ist und nicht wie sonst üblich, unscharf im Kontrast zum Hintergrund. Dadurch entsteht eine gewisse Fixierung auf die Figuren. Trotz langer Einstellungen im Film überzeugen die Schauspieler, schaffen es jedoch nicht vollständig Max' Wandlung realistisch darzustellen. Für Zuschauer, die Interesse an einer Antwort auf die Frage nach dem Wichtigen im Leben haben und gleichzeitig viel Kinoausdauer für lang gezogene Szenen besitzen, könnte dieser Film der Richtige sein. Jedoch wäre weniger mehr gewesen.

Kritik von Mira Möll, Alexander Koch und Anjana Siwert (Friedrich Magnus Gesamtschule, Laubach)


Der am 13.Mai 2005 gezeigte Film L'Orizzonte Degli Eventi von Daniele Vicati verwirrt den Zuschauer bereits zu Beginn durch scheinbar unzusammenhängende Szenen. So wird beispielsweise bereits im Vorspann eine brutale Mordszene in den Bergen gezeigt, die im Kontrast zu der darauffolgen Szene steht, deren Schauplatz eine riesige unterirdische Forschungsstation ist.

Mittelpunkt des Films ist Max, ein engagierter, erfolgreicher aber gefühlskalter Physiker ohne eigene Familie, der das Hélios-Projekt mit grosser internationaler Konkurrenz leitet. Seine Geliebte, gleichsam seine berufliche Konkurrentin, entdeckt die Verfälschung der Forschungsergebnisse, die Max aus Verzweiflung und unter Zeitdruck ausführt. Dadurch gerät sein berufliches und privates Leben aus den Fugen. Er rast los, doch die Autofahrt endet in einem schweren Unfall auf einem Bergpass, der ihn beinahe das Leben kostet. Später erwacht Max in der Berghütte eines albanischen Schäfers, Bajram, der ihm das Leben gerettet hat und der für ihn sorgt.Die naturbelassene und ursprüngliche Berglandschaft stellt den krassen Gegensatz zu seiner früheren, sterilen Hightec-Umgebung dar. Aus Angst vor der Konfrontation mit seinem früherem Leben kehrt er nicht nach Hause zurück und verbringt die nächste Zeit bei Bajran in den Bergen. Trotz ihrer verschiedenen Lebensarten nähern sich die beiden an, wobei Max erfährt, dass Bajran ausgebeutet und erpresst wird. Max entschliesst sich, ihm mit Geld auszuhelfen, und fährt zurück in die Stadt. Nachdem er Geld besorgt hat, entscheidet sich Max jedoch dagegen, zurück in die Berge zu fahren und lässt Bajram im Stich. Der Zuschauer erfährt, dass Bajram der Erpressung und dem Druck nicht standhält und einen seiner Peiniger ersticht. Im Nachhinein wird klar, dass es sich um die Mordszene des Vorspanns handelt. So wird der vorher unklare Zusammenhang deutlich.

Uns hat der Fim sehr gut gefallen, da es dem Regisseur gut gelingt, Erkenntnisse aus früheren Dokumentararbeiten in dieser Fiktion einzubauen. Ein Film, der durch Gegensätze und Unterschiede überzeugt und der sowohl die Anpassungsfähigkeit verdeutlicht, als auch die Entfremdung von Menschen. Die abrupt ein- und wieder aussetzende Musik hat uns sehr zugesagt und spiegelt die Stimmung in ihren einzelnen Szenen gut wieder. Am Schluss des Films fragt man sich: «Wie wird Max' Leben weitergehen?» Unserer Meinung nach ist dieser Film ein lehrreicher und spannender, also gelungener Film.

Kritik von Nadja Momotow, Alena Schmitz und Julia Claus (Hildegardis-Schule, Bochum)


Max geht vollkommen auf in seiner Arbeit. Er ist ein wahrer Workaholic, fährt mitten in der Nacht zum Institut, tut alles für sein wichtiges Forschungsprojekt, ist nicht in der Lage eine richtige Beziehung zu führen und ist generell eher der "Nehmer"-Typ im Leben. Dann fällt er jedoch unter anderem wegen bewusst verursachter Fehler seinerseits in eine Identitätskrise, die ihn eine innere Abwehr gegen die äussere Welt aufbauen lässt. Er ist gezwungen seinen Job hinzuschmeissen, mit ihm das Projekt, das ihm so am Herzen lag. Sollte die jahrelange Arbeit umsonst sein, nur weil ein paar Elektronen nicht wollen wie sie sollen?

Hier beginnt der zweite und eigentliche Teil des Films: Schwer verletzt findet sich Max nach einem Autounfall bei einem albanischen Hirten in den Bergen wieder. Er genest so langsam, nicht nur von seinen äusseren Wunden sondern auch von seiner inneren Verwirrtheit. Dort hat er Zeit zum Nachdenken, die er dringend gebraucht hat. Man erkennt nun deutlich die Wandlung des jungen Mannes, eine klare Umgestaltung der Charakterzüge.

Doch leider fällt dem Zuschauer das Mitfühlen zeitweise schwer, was nicht unbedingt an Valerio Mastandrea liegen mag. Aber auch generell wirkt der Film manchmal irritierend. Das ist beabsichtigt durch einzelne Bilder, die ihrer Zeit voraus in der Reihenfolge der Handlung auftreten und die man dann an der zeitlich richtigen Szenenstelle wiedererkennt.

Dem Regisseur Daniele Vicari kam die Idee zu diesem Film bei einem Dokumentarfilmdreh über albanischen Hirten. Dies sollte auch, nach eigenen Angaben, den hintergründlichen Schwerpunkt des Filmes darstellen. Dafür ist jedoch der Anfangsteil zu ausführlich und einige Szenen sogar langatmig. Das ist schade, denn der zweite Teil ist sehr gut gelungen und durch die Teilung und Unterschiedlichkeit wirkt der Film insgesamt sehr lang. Gut dargestellt durch die langen und erdrückenden Tunnelfahrten ist hierbei die anfängliche Verbohrtheit des Hauptdarstellers.

Am Ende des Films ist die Verwandlung des jungen Mannes perfekt, er kann sich entscheiden in der Zivilisation zu bleiben, braucht nun endgültig einen Haltepunkt, ist sichtlich sensibilisiert und kehrt zu seiner früheren Freundin zurück. Insgesamt passt auch die Musik in den Film hinein, ist einfühlsam und baut Spannung an den richtigen Stellen auf. Generell ein für Zuschauer mit Geduld und Liebhaber der Pointe sehenswerter Film.

Kritik von Anne Bolick, Theresa Walther und Violette Sarrazy (Erich-Fried-Gymnasium, Berlin)


L'Orizzonte Degli Eventi; Italien 2005; 115 Minuten; Regie: Daniele Vicari; Drehbuch: Daniele Vicari, Laura Paolucci, Antonio Leotti; Produzent: Domenico Procacci; Mit Valerio Mastandrea, Gwenaelle Simon, Lulzim Zeqja, Giorgio Colangeli, Francesca Inaudi


Diese Kritiken entstanden im Rahmen von La Toute Jeune Critique
Semaine internationale de la Critique de Cannes 2005.



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