(Ganz) Junge Kritik: Les méduses

Die (wahren) Märchen des Lebens


Ein Beinbruch auf der eigenen Hochzeit, eine verlassene Freundin und eine brüchige Mutter-Tochterbeziehung – Ganz gewöhnliche Menschen mit ganz normalen Geschichten . So könnte man Les méduses von den beiden Regisseuren Shira Geffen und Etgar Keret kurz beschreiben, doch bietet dieser Film weitaus mehr...

Der Regisseur Keret erwähnt , dass es vor allem Märchen und Träume sind, die unser Leben ausmachen. So treiben die Protagonisten selbst wie „Méduses“, wie Quallen, in Kerets Werk im Meer des Lebens immer auf der Suche nach der Erfüllung ihrer Träume. Doch verliert man dabei leicht das wahre Leben aus den Augen. Quallen können vom Weg abkommen, stranden und letztlich sterben.

Die Regisseure Etgar Keret und Shira Geffen jedoch möchten ihre Charaktere davor bewahren und sie zwingen, sich mit ihrem Leben auseinander zu setzen um selbst Verantwortung zu übernehmen.
So tritt ein kleines geheimnisvolles Mädchen in das Leben einer jungen Frau und bringt sie dazu, sich mit ihrer Kindheit auseinander zu setzen. Ihre Kindheit, die sie bisher von einem zufriedenen Leben abgehalten hat.

Die Schlüsselsequenz des Auftretens des Mädchens hat für alle Charaktere des Filmes Konsequenzen. Es werden Verbindungen zwischen all diesen Schicksalen geschaffen, die verschiedener nicht sein könnten. Doch gelangen sie immer wieder miteinander in Berührung und bilden gemeinsam ein interessantes und harmonisches Mosaik.

Diese beinahe märchenhafte Sprache der Bilder lässt den Zuschauer in das Geschehen eintauchen und verzaubert ihn für 78 Minuten mit seiner Balance zwischen Realität und Fantasie.

Kritik von Judith Lübke, Christin Kühne (Primo-Levi-Oberschule, Berlin)

 


Fluss des Lebens

Sich treiben lassen, oder die Initiative ergreifen?

Im Film Les méduses der Jungregisseure Edgar Keret und Shira Geffen wird das unorientierte, fließende und sich ständig in seinem Weg ändernde Leben von Quallen, in drei kurzen Geschichten, aus der Perspektive verschiedener Menschen dargestellt.
Jeder Charakter vertritt eine eigenwillige, anscheinend selbst bestimmte Lebensweise, vollkommen verschieden. Den Regisseuren gelingt es, durch die filmisch gut umgesetzte Handlung dem Zuschauer vor Augen zu führen, dass die Protagonisten in ihrem Denken und Fühlen nicht so verschieden sind.

Da wäre Kellnerin Batya, die ein kleines, nicht redendes Mädchen, am Strand vorfindet und sich ab dem Moment für sie verantwortlich fühlt, jedoch selbst ihr Leben nicht richtig unter Kontrolle hat.
Es kreuzen sich die Wege der Hauptfiguren der zweiten Handlung: Ein frisch verheiratetes Paar feiert im Saal eines Restaurants, in dem Batya arbeitet.
Von da an verlaufen die verschiedenen Geschichten sowohl parallel als auch ineinander-fließend .
Zuletzt Joy, eine philippinische Mutter, die als Pflegerin arbeitet und sich kümmert um die kranke Mutter einer jungen Theaterschauspielerin. Auch hier wird der Weg mit Batya gekreuzt und zwar durch einen Fahrradzusammenstoß.

Den Regisseuren ist es gelungen, durch fließend, sanfte Kameraübergänge, passende Musik, aber auch durch Verwendung von Symbolen, einen Zusammenhang erkennen zu lassen. So ist das gezeigte Bild Batyas, im Regen vor einem Werbeplakat ihrer Mutter stehend, welche die Hände zu einem schützenden Dach formt, eine weitere bildliche Ebene des Films.

Auflockerung wird ebenso geboten. Situationen wie die Verständigungsprobleme mit Joy oder unterschiedliche Gedankengänge bei dem Ehepaar, z.B. ER: „Was war denn in dem Film zu sehen?“ SIE: „Hast du mit ihr geschlafen?“ sind aufmunternde Elemente, von denen der Film lebt.

Etwas langatmig und verwirrend ist der Film teilweise schon, jedoch wird laut den Regisseuren am Ende ein klarer Weg zur Bildung einer eigenen Interpretation geboten, was den Zuschauer auch noch nach dem Gang aus dem Kinosaal grübeln lässt, ob er eher zu den Quallen oder den Menschen gehört.

Kritik von Mario Karbowiak, Lisa Carina Krick (Gesamtschule Welper, Hattingen)

 


Israelische Adaption Darwins

Man selbst treibt durch den Film wie eine Qualle, das ist seine fast elfenhafte Narrationsweise: Drei Parallelstränge verfließen ineinander, verfließen mit Mystik und Imagination, der Film ist ein kontinuierliches Fließgewässer, und hat das Wasser auch zum verwebenden Leitmotiv: es ist das Lebenselixier im wahrsten Sinne, es steht aber auch für die eigene Strömung, die die Charaktere erst am Ende finden. Sie durchlaufen die Evolution in ihrem eigenen Kosmos: von der Qualle, die wehrlos mitgetragen wird vom großen Ozean, zur autarken Kreatur. Bei den Protagonisten nämlich muss etwas behoben werden, sei es eine Unkenntnis der eigenen Liebe oder eine unaufgearbeitete Kindheitsneurose, die die Betroffene durch die traumartig anmutende Erscheinung eines kleinen Mädchens bewältigt.

Der Film berührt durch einen grazilen Humor und durch eine meditative Atmosphäre, in dem sich visuelle, akustische und emotionale Impressionen zu einem zarten Aquarell vereinigen, auf das die feierliche Erklärung des Regisseurs zutrifft: Man muss nicht immer Einbildung und Realität unterscheiden; Träume sind unabtrennbarer Teil des Lebens.

Kritik von Gruppe 1 (Gymnasium Neubiberg, München)

 


Les méduses

Batya wird von einem kleinen Mädchen aus dem Meer verfolgt.
Keren fragt ihren Ehemann, ob er mit einer anderen Frau geschlafen hat.
Joy jobbt als Betreuerin einer alten Dame, deren Tochter nicht die Zeit dazu hat.
Drei verschiedene Frauen - drei verschiedene Leben.

Der Debütfilm von Etgar Keret und Shira Geffen Les méduses zeigt, auf eine unglaublich emotionale und poetische Art und Weise, Lebensabschnitte dreier Menschen, die miteinander nichts zu tun haben. Es ist ein Film, in dem praktisch drei verschiedene Handlungen gezeigt werden. Ein gewöhnungsbedürftiger Film, da es keinen roten Faden gibt, an dem man sich festhalten kann.

Für gewöhnlich geht man ins Kino, schaut sich einen Film an, geht wieder raus und weiß, wovon der Film handelt und welchem Genre er zugeordnet werden kann. Ganz anders bei Les méduses. „Ein Genre gibt es nicht.“, sagt der Regisseur. Poesie lautet das Stichwort der Andersartigkeit des Films. Dazu beigetragen hat vor allem die Musik Christopher Bowens, die die Szenen, in denen Gedichte vorgelesen werden, polarisierend untermalt.

So betreten beispielsweise Keren und ihr Ehemann das Hotelzimmer einer Autorin, die tot auf ihrem Bett liegt. Neben ihr befindet sich ein von ihr komponiertes Gedicht. Keren liest es. Die Stimme ist im Off. Bilder vom Meer werden gezeigt…

Ein Film voller Emotionen, in dem sich die Protagonistinnen dem Leben geben und nicht anders herum. Wer das Erzählende mag, wird den Film lieben. Ernsthaftigkeit und auch Humor gehen bewundernswert ineinander über.

Kritik von Michel Patrick Brzozowski (Schulzentrum Walle, Bremen)

 

Les méduses (Meduzot); Israel, Frankreich 2007; 78 Minuten; Regie: Etgar Keret, Shira Geffen; Drehbuch: Shira Geffen; Produzent: Amir Harel, Ayelet Kait; Mit Sara Adler, Nikol Leidman, Gera Sandler, Noa Knoller, Ma-nenita De Latorre, Zharira Charifai

Diese Kritiken sind entstanden im Rahmen von La Toute Jeune Critique
Semaine internationale de la Critique de Cannes 2007.



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