(Ganz) Junge Kritik: Drama⁄Mex

Leidenschaft pur

Liebe und Hass. Lust und Verzweiflung. Inmitten lateinamerikanischer Klänge zeigt der Regisseur Gerardo Naranjo zwei parallel ablaufende Geschichten, welche der Zuschauer aus verschiedenen Blickwinkeln erlebt. Dieser ständige Wechsel der Perspektiven wirkt in manchen Situationen etwas chaotisch, wodurch ein Gefühl von Hektik entsteht, die den Film aber gerade ausmacht.

Der Zuschauer lernt zum einen die Gefühlswelt Fernandas kennen, einem jungen hübschen Mädchen, deren Leben durch ihren plötzlich wieder auftauchenden Exfreund Chano völlig durcheinandergebracht wird. Obwohl sie mit Gonzalo zusammen ist, kann sie ihm nicht widerstehen. Diese Verwirrung wird durch die sehr lebendige und mitreißende Kameraführung verdeutlicht. Auf der anderen Seite steht ein verzweifelter Familienvater, den die junge, naive Marianita mehrmals von seinem Vorhaben, Suizid zu begehen, abbringt.

Auffällig ist vor allem eine häufig wiederkehrende Melodie, die die Stimmung der Szenarien gefühlvoll unterstreicht und den Zuschauer somit intensiv berührt.

Drama/Mex steckt voller Emotionen, welche durch die Schauspieler äußerst glaubhaft und realitätsnah dargestellt werden. Dieser Film fesselt den Betrachter und lässt ihn die Gefühlsschwankungen der Protagonisten miterleben.

Kritik von Anja Seidemann, Corinna Mückenheim (Martin-Luther-Gymnasium, Lutherstadt Eisleben)


Flitterwochen in Acapulco

Es ist schon erstaunlich, wie klein die Welt doch ist - all die Personen, die sich während des vergangenen Tages ständig über den Weg gelaufen sind, treffen sich nun im Schein der aufgehenden Sonne am Strand von Acapulco wieder.

Der dem Selbstmord nahe Geschäftsmann Jaime, der seine besten Jahre bereits hinter sich hat, Fernanda, die sich während des vergangenen Tages zwischen zwei Männern zu entscheiden hatte, Gonzalo, der einer dieser beiden war, die Gruppe aus jungen Mädchen, die sich Yahairas nennen, und die Gruppe halbwüchsiger Kumpel Gonzalos. Nur Tigrilla, die ihrem bisherigen, jungen Leben zu entfliehen versucht, und Fernandas Ex-Freund Chano fehlen in diesem Bild.

Gerardo Naranjos Drama/Mex zeigt die sich innerhalb nur eines Tages verstrickenden Einzelschicksale nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge. Dadurch ist es zunächst schwer, der Geschichte zu folgen; die Interaktionen und zufälligen Begegnungen zwischen den Personen aus verschiedenen Handlungen dienen jedoch zur Synchronisierung der Zeitstränge. Dabei sind sie kurz genug gehalten, um nicht zu langweilen, sorgen allerdings eben durch ihre Wiederholung auch für Überraschungen über die erstaunlich verwinkelte Entwicklung und unterstreichen die Ausweglosigkeit der Schicksale der Protagonisten.

Was die Hauptdarsteller erleben ist intensiv: Sex, Eifersucht, Gewalt, tiefe Depression und der Wunsch, dem Alten zu entrinnen, sind immer Mittel und Motive für mehrere Charaktere – dass sich daraus solch unterschiedliche Geschichten entwickeln jedoch umso erstaunlicher. Dabei ist die Handlung ansprechend und gut nachvollziehbar.

In Drama/Mex stehen die Personen, ihre Persönlichkeit und ihr Schicksal uneingeschränkt im Vordergrund. Ideologische Fragen werden hier in keinster Weise aufgeworfen, stattdessen herrscht ein bestechender Detailreichtum, der selbst die unscheinbarsten Nebencharaktere geschickt in die Verwicklungen einarbeitet und dem Zuschauer keine Pause für Langeweile gönnt.

Kritik von Manuel Klein (Europagymnasium Wörth)


Taumel der Gefühle

Eine mitreißende Flut aus jugendlichen Gefühlen. Liebe und Lust, Gewalt und Wut, Vertrauen und Vertrauensmissbrauch, Verzweiflung und Spaß.

All diese Gefühle zeigt Regisseur Gerardo Naranjo in seinem Film Drama/Mex. Er zieht manche Szenen so in die Länge, dass der Zuschauer fast bis zum Zerreißen gespannt ist. In zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen werden zum einen Verzweiflung bis hin zum Verlangen nach Suizid und die kindliche Sehnsucht nach Spaß und Aufmerksamkeit, zum anderen, Liebe und Gewalt gegenübergestellt.

Gezeigt wird die Liebesbeziehung zwischen Fernanda, einem jungen mexikanischen Mädchen und Gonzalo, einem Jungen aus ihrer Umgebung. Dem gegenüber steht Fernandas von Gewalt und Lust geprägte Liaison mit Chano, ihrem Exfreund, welche die bereits bestehende Beziehung auf die Probe stellt.

Tigrillo, ebenfalls ein junges mexikanisches Mädchen, trifft während ihrer Suche nach einem großzügigen Gönner auf Jaime, einen verzweifelten älteren Herren, der sich das Leben nehmen möchte. Das Wechselbad der Emotionen erinnert an typische Pubertätserfahrungen, auch in Bezug auf das ständige Trinken von Alkohol, das in diesem Film auffallend häufig als Mittel der Problembehandlung der Jugendlichen eingesetzt wird. Beide Geschichten sind wie ein Netz mit einander verwoben, so auch die Emotionen der Charaktere.

Mit Hilfe der Kameraführung wirkt der Film phasenweise wie die Dokumentation eines Lebensabschnitts und gibt dem Betrachter teilweise das Gefühl selbst Handlungsträger zu sein.

Durch auffallend natürliche Farbgebung der Raum- und Straßenkulissen erscheint der Film umso lebensnaher. Passende musikalische Untermalung unterstützt das emotionale Empfinden des Betrachters in Schlüsselszenen. Damit wird der Film von Gerardo Naranjo zu einer mitreißenden Geschichte, in der sich der Zuschauer selbst wiederfinden kann.

Kritik von Veronica Hess, Amnueporn Wiegandt (Lessinggymnasium Frankfurt)


Seifenoper auf Mexikanisch

Es geht um Geld, Liebe, Sex, Trauer, Wut und Eifersucht, um sämtliche Tabus wie Inzest, Vergewaltigung, Pädophilie und Prostitution, eingespannt in verschiedene Handlungsstränge, die alle irgendwie zusammenhängen und sich chronologisch überschneiden.

Drama/Mex erzählt von Fernanda, einer hübschen jungen Frau, von Chano, ihrem Geliebten, von Gonzalo ihrem gehörnten Freund, von Jaime, einem verzweifelten, älteren Herrn, der es nicht schafft den Abzug seines Revolvers zu drücken und von Marianita, einem pubertierenden Mädchen, dass sich in Jaime verliebt und mit ihm eine Nacht verbringt.

Alle Vorraussetzungen für eine unterhaltsame Telenovela sind geschaffen. Zwar ist der Film – welch ein Glück – nicht in billigen Studios gedreht wie sämtliche Seifenopern auf deutschen Privatsendern, sondern die meiste Zeit unter freiem Himmel und auch die schauspielerische Fähigkeit der Akteure ist nicht zu vergleichen, aber dennoch sind alle wichtigen Elemente vorhanden, die den Zuschauer dazu veranlassen immer am Ball zu bleiben. Drama/Mex ist an keiner Stelle langweilig sondern vielmehr über den gesamten Verlauf des Films energiegeladen und intensiv. Die ausschließliche Verwendung von Handkameras, der Einsatz von Subjektiven und passend gewählter Musik verstärken das Gefühl von Nähe zu den Charakteren – der Zuschauer fühlt förmlich mit.

Regisseur Gerardo Naranjo hat einen Film mit eindrücklichen Bildern und natürlich besonders gutaussehenden Schauspielern gedreht. Eine Aussage besitzt der Film allerdings nicht, doch als Seifenoper in mehreren Teilen würde er sicherlich ein breites Publikum auf der Fernsehcouch begeistern. Es stellt sich somit am Ende die Frage, ob dieser Film wirklich eine Aussage braucht...

Kritik von Simon Oldenbruch (Gymnasium Gonsenheim)

 

Drama/Mex; Mexiko 2006; 140 Minuten; Regie: Gerardo Naranjo; Drehbuch: Gerardo Naranjo; Produzent: Gabriel García Nava; Mit Diana García, Miriana Moro, Emilio Valdes, Fernando Becerril, Juan Pablo Cateñeda


News

„Guten Abend meine Damen und Herren!“

News. Die Neuigkeiten des Tages werden in der Redaktion eines Nachrichtensenders gesammelt. Man entscheidet über welche im Fernsehen berichtet wird. Die Informationen werden mit Bildern verdeutlicht und mit Musik oder Sprache unterlegt.

Nach einem ähnlichen Schema arbeitete die italienische Regisseurin Ursula Ferrara an ihrem animierten Kurzfilm News. Sie wählte kurze Zeitungsartikel aus, auf die sie zufällig gestoßen war. Mit Hilfe von Zeichnungen, Bildern, Fotos, Skizzen und Collagen interpretierte sie die Aussage der Meldungen und schuf dabei ihre persönliche Nachrichtensendung. Zu jedem Bild wählte sie eine begleitende Musik oder ein Geräusch aus, die ihre Aussage hervorheben. Die Regisseurin arbeitet in ihrem Film mit unterschiedlichen Methoden. Einerseits verbindet sie ihre Bilder durch unterstützende Geräusche und Musik, andererseits durch raffinierte Schnitttechnik, sie benutzt Überblendungen, harte Schnitte, Collagen und Split-Screens, sodass nicht einfach eine Aneinanderreihung ihrer Kunstwerke, sondern ein Film mit Aussage entsteht.

Die Bilder verändern sich sehr schnell, sodass der Zuschauer weder die Möglichkeit bekommt die kleinen Meldungen zu lesen, noch die Details zu betrachten. Die Regisseurin könnte damit auf die Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft hinweisen. Die totale Reizüberflutung durch die Medien lässt die Menschen Unwichtiges nicht mehr von Wichtigem unterscheiden. Die Oberflächlichkeit und den Sexismus des Alltags stellt sie überspitzt durch pornografische Bilder dar. Diese spielen die auffälligste Rolle in ihrer persönlichen Nachrichtensendung.

Durch das rauschende und rasante Kinoerlebnis hält Ursula Ferrara dem Zuschauer den Zustand unserer Gesellschaft vor Augen.

Kritik von Anna Ellereit, Kevin Heinken, Amélie Streubel, Sabine Pietruske (Altes Gymnasium Bremen)

 

News; Italien 2006; 4 Minuten; Regie: Ursula Ferrara; Drehbuch: Ursula Ferrara; Produzenten: Ursula Ferrara, Michele Emdin

Diese Kritiken entstanden im Rahmen von La Toute Jeune Critique
Semaine internationale de la Critique de Cannes 2006.



Zur Übersicht der Semaine Internationale de la Critique de Cannes 2006

 

 

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