(Ganz) Junge Kritik: Better Things
Leben als Möglichkeit
„Das ist das wahre Leben. Wie kann jemand glauben, dass sich zu verlieben die Dinge einfacher machen könnte? Wie kann jemand glauben, dass sich zu verlieben irgendetwas einfacher machen könnte?“
Tiefgründig, hart, ergreifend und teilweise grauenvoll realistisch erzählt Duane Hopkins seinen ersten Spielfilm Better Things, der in der Provinz des heutigen Englands angesiedelt ist und parallel verschiedene Einzelschicksale in zunächst scheinbar völlig zusammenhanglosen Erzählsträngen darstellt. Dabei werden hauptsächlich die Probleme der jüngeren Generation, mit der sich Hopkins auch in seinen beiden Kurzfilmen Field und Love Me or Leave Me Alone beschäftigte, beleuchtet. Liebeskummer, Drogen und die Ausweglosigkeit des Alltags sind Elemente, die den Regisseur auch in seiner eigenen Jugend beschäftigten. Dennoch versucht er dabei auch Parallelen zu den Schwierigkeiten im Leben der Generation ihrer Großeltern herzustellen, wohingegen die ihrer Eltern vollkommen außer Acht gelassen wird.
Seine Poesie erfährt der Film jedoch nicht durch seinen Handlungsverlauf, vielmehr beeindruckt er durch die kunstvolle Komposition aus Bildführung und gezielt eingesetzten Toneffekten. Hopkins, dessen Erfahrungen als Maler und Fotograf deutlich erkennbar sind, verleiht dem Film durch genau abgestimmte Farbkombinationen, gelegentlich auftretende Standbilder und dem Kontrast aus lauten Hintergrundgeräuschen und totaler Stille eine ganz eigene Ästhetik.
Den monotonen Rhythmus des Films unterstreicht das immer wieder auftretende Atemgeräusch der Protagonisten des dialogarmen Films. Dabei erzeugt er kaum Spannung, lässt den Zuschauer aufgrund der lose erscheinenden Handlungsverknüpfung oft verwirrt zurück, schafft es aber dennoch zu keiner Zeit vorhersehbar zu wirken und eine trostlose, bedrückende Atmosphäre zu kreieren. Denn das ist es, was Hopkins zeigen will. Unverblümt.
Das ist das wahre Leben.
Kritik von Marius Lang und Sebastian Gratz (Nürtingen)
Parents on vacation
„Where are your parents?“, „On vacation“, antwortet Rob, während er mit einem Freund im Wohnzimmer rumhängt. Drogenprobleme sind Gang und Gebe; Der Jugendliche, der am „Goldenen Schuss“ seiner Freundin mitbeteiligt war, versucht seine Schuldgefühle zu verdrängen.
Doch dieser Film, behandelt nicht nur eine Geschichte, er stellt verschiedene Personen und ihre Liebesbeziehungen unter dem Motto „Love hurts“ dar: Die Probleme der Jugendlichen, die in einer ländlichen Gegend Englands leben, werden sehr drastisch und als ausweglos präsentiert, die Farbgebung des gesamten Films ist sehr dunkel; dem Betrachter wird ein düsteres und negatives Bild vermittelt: Ständig werden Drogenexzesse der jungen Protagonisten zum Hauptthema; Therapieansätze scheitern und die Suchtopfer werden immer wieder rückfällig. Hinzu kommen Beziehungsprobleme und bei keinem der Paare ist die Liebe so stark, dass sie die Droge besiegt: Joints, zahlreiche Heroininjektionen und Raserei im Auto. Der Zuschauer erwartet geradezu, dass dies in einem tödlichen Unfall endet. Existenz zwischen Leben und Tod scheint das Leben der jungen Leute zu bestimmen.
Es wirkt als könne die ältere Generation die Probleme der Liebe bewältigen. Durch einen längeren Krankenhausaufenthalt finden zwei Senioren wieder zueinander; obwohl sie sich in den vergangenen Jahren sehr fremd geworden sind, merken sie, dass sie ihr ganzes Leben verbindet. Auch eine andere ältere Frau hat ihren Weg gefunden, durch den Tod ihres Mannes war sie auf sich alleingestellt, doch sie hat gemerkt, dass die wahre Liebe über den Tod hinausgeht.
Der Regisseur Duane Hopkins, macht aus seinem Photographie-Studium kein Geheimnis, Photoähnliche Bildkombinationen, bei denen die Kamera nur sehr langsam oder kaum bewegt wird, zeigen die Darsteller sehr detailliert. Der Film besteht aus vielen zusammengesetzten Sequenzen der einzelnen Geschichten, was dem Betrachter ein gutes Kombinationsvermögen abverlangt.
Die ältere Generation hat ihr Leben in den Griff bekommen, doch die Jugendlichen, die orientierungslos und von ihren Instinkten geleitet durchs Leben stolpern, brauchen Unterstützung. Vor allem von ihren Eltern; es ist wichtig, dass eine Brücke gebaut wird, von alt zu jung.
„Parents on vacation“, Eltern im Urlaub, ein Grund für einen solchen gesellschaftskritischen Film?!
Kritik von Julia Hausmann und Janice Thelen (Neuwied)
Are sex, drugs and rock'n roll all your body needs to know???
Traurige Schicksale in einem aussichtslosen Alltag. Liebe, Hoffnung, Drogen, Tod. Ein hoffnungsloser Teufelskreis. Better Things ist das Werk von Duane Hopkins das verschiedene Schicksale in einem Film zusammenfasst. Geprägt durch Langeweile und Verzweiflung quälen sich Jugendliche durch den Alltag und greifen dabei immer mehr auf Drogen zurück. Doch geht es hier auch um die ältere Generation, die durch die Wunden der Vergangenheit geprägt ist und es im Leben ebenfalls nicht leicht hat. Diese beiden haben jedoch eines gemeinsam: sie sind auf der Suche nach der Liebe. Zu Beginn des Films wird der Zuschauer mit verschiedenen Szenen konfrontiert die keinen Zusammenhang zu haben scheinen; unkoordiniert und ohne Reihenfolge fügen sich nach und nach die einzelnen Szenen wie Mosaiksteine zu einem Gesamtbild zusammen. Ein Beispiel hierfür ist die einzige musikalisch unterstrichene Szene in der alle Charaktere ihrem Schicksal entgegentreten. In Better Things wird der Gegensatz zwischen Liebe als Lebenselixier und Droge als Todescoktail hervorgehoben. Duane Hopkins nutzt die gleiche Form der Erzählung sowohl zu Beginn als auch gegen Ende des Films, was diesen poetisch abrundet. So wird der Film in seine, in die Länge gezogene Szenen, eingerahmt. Diese präsentiert die Liebe zum Detail die kleine Dinge im Leben betrifft, sowie zum Beispiel der Wechsel der Jahreszeiten. Die Nachdenklichkeit und Emotionen der Charaktere, verdeutlicht durch Nahaufnahmen, regt das Publikum an über die sozialen Schwachpunkte in der Gesellschaft zu überlegen da der Film weder zu pathetisch noch zu beschönigend ist. Wenn alles aussichtslos erscheint, nicht zur Droge greifen, denn es gibt immer noch „Better Things to live for“.
Kritik von Lara Gretscher und Clara Dacharry (Saarbrücken)
Better Things
Drogenabhängige Jugendliche tauchen regelmäßig in ihre eigene Welt ab, um ihrem tristen Leben in der ländlichen Gegend Englands zu entfliehen.
Dieses schon oft aufgegriffene Thema wird von Duane Hopkins auf eine schwer erschließbaren Weise dem Zuschauer näher gebracht.
Zu Beginn der Handlung entsteht beim Betrachter Verwirrung, durch das Einwerfen in das Geschehen, ohne Einleitung. Das schlagartige Aufeinanderfolgen von Szenen ermöglicht einem keine Zuordnung der Personen, sowie der einzelnen Schicksale.
Der Regisseur versucht durch einige Rückblicke einen Zugang zum Thema zu verdeutlichen, jedoch fällt es nicht jedem leicht diesen zu finden.
Im Laufe des Films kristallisieren sich nach und nach drei Handlungsstränge heraus.
Zum einen, die in sich gekehrte Gail, die bereits versucht dem Drogensumpf den Rücken zuzuwenden. Neuen Mut findet sie bei ihrer todkranken Großmutter, die ihr zeigt ihr Leben zu genießen und darauf zu achten. Dieser wird durch Landschaftsaufnahmen, sowie ruhige klare Bilder hervorgehoben. Diese Ruhe symbolisiert den Erfolg ihres Entzugs.
Eine zweite Gruppe ist Rob und seine an einer Überdosis verstorbenen Freundin. Rob verkörpert die Hauptaussage des Filmes, denn er ist der typische drogenabhängige, gelangweilte Jugendliche. Denn er ist immer auf der Suche nach einer noch stärkeren Betäubung seiner Gefühle. Dies äußert sich in der häufigen Kameraperspektive des schnellen Autofahrens. Jedoch gibt es auch lange Nahaufnahme seines Gesichtes, welche seine Ausweglosigkeit beschreibt.
Der letzte Strang setzt sich aus der alten Frau und ihrem Ehemann zusammen. Zuerst lässt sich kein Zusammenhang zu den Jugendlichen erkennen. Aber später bemerkt man Parallelen zu den Anderen. Auch sie müssen sich noch im hohen Alter entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Unterstützt wird dieser Strang durch die musikalische Unterlegung, mehr als die der Kamera.
Zusammenfassend kann man sagen, dass viele Fragen unbeantwortet bleiben. Der Bezug zum Titel „Better Things“ wird am Ende sinnvoll, denn jeder Protagonist sucht für sich die „Bessere Sache“ aus.
Der Film stellt eine übertriebene Sicht auf die Realität dar und seine Langatmigkeit macht den Zugang zu ihm von Minute zu Minute schwerer.
Kritik von Roland Koch und Franziska Jens (Oranienburg)
Better Things; Großbritannien 2008; 93 Minuten; Regie: Duane Hopkins; Drehbuch: Duane Hopkins; Produzent: Samm Haillay; Mit Liam McIlfatrick, Che Corr, Rachel McIntyre, Betty Bench, Kurt Taylor, Freddie Cunliffe, Frank Bench, Megan Palmer, Patricia Loveland
Diese Kritiken sind entstanden im Rahmen von La Toute Jeune Critique
Semaine internationale de la Critique de Cannes 2008.
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