Die schlechtesten Filme und schlimmsten Kinomomente 2017

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Kommentare zu „Die schlechtesten Filme und schlimmsten Kinomomente 2017“


Monsieur Moinet

Der folgende Kommentar mit Spiegelfunktion reproduziert Till Kadritzkes obigen Text zu Aus dem Nichts. Auf eine gewisse Weise verhält sich meiner zum Film vielleicht ein wenig so wie der Film zu seiner Hauptfigur. So verachtend wie euer bisweilen fast schon wörtliches Rumgekotze in dieser mir befremdlichen Rubrik von critic.de, das ich sonst sehr schätze, darf Filmkritik niemals sein.

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Die notwendig gewordene zweite Lesung des Textes zu Aus dem Nichts brachte keine Besserung, im Gegenteil. Bei der ersten heute morgen war meine Wut vorwiegend politischer Natur. Wut auf einen sich engagiert gebenden Filmtext, der in seinem von hierarchischem Vokabular geprägten "lustigen" Schlußgedanken noch mal ganz explizit auf seinen Elitarismus verweist, nachdem er zwei Absätze damit verbracht hat, die eigene Argumentation zu entfilmisieren, zur abwesenheitsorientierten Verallgemeinerung zu machen, zu einer Frage von Richtig und Falsch, die heißen Spuren nicht etwa in Richtung des Films selbst und dessen tatsächliches Wesen zu legen, sondern Kino in Richtung der eigenen Normen zu externalisieren, beim alten deutschen Bildungsbürgerhochmut abzuladen. Der vereinfachende Wahrheitsanspruch einer ausschließlich theoretischen und insbesondere Interpretation - "Das Whitewashing" durch "Hollywoodstar Diane Kruger als Rassismusopfer" - war für mich da noch das geringste Problem. Schlecht wurde mir vielmehr, weil die minimale Anstrengung, die da unternommen wurde (und anscheinend nötig ist, um das eigene Weltbild nicht durch die Ambivalenzen einer heterogenen Multiplex-Gesellschaft in Gefahr bringen lassen zu müssen) so glasklar vor mir lag: ein ultraundifferenzierter Wuttext, ein Film, der dem Autor durch Besetzung, Ansatz und ökonomische Rahmenbedingungen von vorneherein als problematisch galt. Akte der Exaltation von sonst selten zu äußerndem Überlegenheitsgefühl.

Bei der zweiten Lesung dann nicht nur Details, die zuvor untergegangen waren: Wie der nette Herr Kritiker den Film nach der Vermutung, er fände ihn mies, zum Zwecke eines Schmähtextes erstmal ein weiteres Mal nachschaut. Wie dem Film aus der ganz und gar nicht selbstvergessenen und schon wieder Interpretation heraus schwerwiegende politische Vorwürfe gemacht werden: "Entpolitisierung", "Lieblingsfeind", "Whitewashing". Sondern vor allem Schmerzen in Bezug auf den Umgang miteinander, die eine Schnittmenge mit den politischen bilden. Die Respektlosigkeit vor dem, was andere empfinden; der unreflektierte Versuch der Vernichtung von etwas, das für andere Bedeutung und Begründung hat; die verletzende sprachliche Herabsetzung. Viele Menschen verteidigen derlei Stumpfsinnigkeiten mit dem Diskurs-Begriff, als wäre die Überführung von Wut in Sprache schon ein Wert an sich. Und dann noch diese Logikprobleme der theoretischen Generalisierung, nach der Rassismus zuerst doof sein soll, Diane Kruger (nicht nur ihre Figur wohlgemerkt!) hiernach aber per Geburt keinen "türkischstämmigen" Mann gesellschaftlich anerkannt wechselseitig lieben dürfte, weil sie sich bei seiner rassistischen Ermordung und der ihres gemeinsamen Kindes blöderweise als illegitimes Rassismusopfer schuldig machen würde. So kann die Philosophiedozentin, die den Text in der Graduiertenschule zum Thema Ethik und Kommunikation behandelt, zumindest nicht nur das Demut-Prinzip erklären, sondern auch was zum Thema Vorannahmen von Texten sagen. Filmkritik ist nämlich auch eine Sprache! Manchmal auch eine Sprache des elitären Frustabbaus.


Till

Die notwendig gewordene zweite Lesung des Kommentars zu meinem Text zu Aus dem Nichts brachte keine... Scherz ;-) Danke für die Spiegelung, schöne Idee. Inhaltlich steige ich allerdings nicht überall durch. Vielleicht kurz zu dem, was ich verstehe: "elitär" meinetwegen, Frustabbau nicht, ich war ja nicht frustriert, sondern wütend, das steht ja am Anfang, also klar ein "Wuttext", vielleicht auch "ultraundifferenziert", aber es geht hier nicht um eine Filmkritik (ich habe an anderer Stelle länger über den Film geschrieben), sondern um ein Textgenre, in dem wir unsere Autoren gebeten haben, sich an unschöne Filme oder Momente im Kino zu erinnern. Dass manche Leute, wie ja auch auf Facebook zu sehen war, dieses "Rumgekotze" unsympathisch finden, kann ich bis zu einem gewissen Grad verstehen, denke aber einmal im Jahr sollten wir uns gehen lassen dürfen. Der Text ist mit Sicherheit gehässiger als ich es in einem anderen Format tun würde, stehe aber dazu, dass es nicht den falschen Film trifft. Dass du den Text unreflektiert findest, respektlos und von hierarchischem Vokabular durchdrungen, da kann also ich mit leben, mit gewissen Unterstellungen (talk about "Vorannahmen von Texten") dann schon weniger. Ich habe den Film jedenfalls nicht mit diesem "Schmähtext" im Sinne ein zweites Mal gesehen, sondern weil ich im Zuge eines Auftrags nochmal genauer verstehen wollte, warum ich so große Probleme mit ihm hatte. Und er galt mir auch nicht von vornherein als problematisch, warum sollte er auch? Mit dem Diskurs-Begriff würde ich da auch nicht kommen. Last but not least: Wenn du mit Überlegenheitsgefühl meinst, eine Haltung einzunehmen, die man als der des Films überlegen ansieht, dann klar, aber das bringt die Filmkritik gewissermaßen mit sich. Dass diese Haltung hier mal überzeugter und passionierter eine kritische ist, liegt wie gesagt auch in der Natur dieser Rubrik.


Franz Müller

Ich habe nicht mehr dran geglaubt, aber Verrisse lesen kann doch Spaß machen. Merci für das Vergnügen. F


Monsieur Moinet

Die angedeutete Spiegelung meines Kommentars gefällt mir. Schön, daß du es einordnen kannst. Und danke in Konsequenz daraus für die Entemotionalisierung in deinem Kommentar, freut mich.
Meine Unterstellungen an ein paar Stellen, deren spekulative Gefahr mir bewußt war, weswegen es mir ja auch nicht besonders gefällt, sind Teil der Spiegelung. Ich finde, dein Text unterstellt dem Film auf vehement wertende Weise Dinge, die nicht unbedingt ihm selbst entspringen, sondern einer Außenperspektive. Die Vorneherein-Problematik habe ich allerdings deinem Text selbst entnommen, falls ich dich richtig verstanden habe, und mit drei Stichworten begründet. Insbesondere Förderung und Kruger führen schon qua Filmansatz notwendigerweise zu deiner Ablehnung. Ich darf und mag meinen ersten Kommentar nun nicht weiter differenzieren. Es liegt in der Form dieses Textgenres, den Umgang mit Provokation dem Leser allein zu überlassen. Allerdings hoffte ich, die Kritik an der Form dadurch deutlich zu machen, indem ich ihre Reproduktion samt Vokabular mit einer gleichzeitigen konkreten Benennung der mir problematisch erscheinenden Thematiken vermische. Damit Wirkung und immanente Kritik sozusagen Hand in Hand laufen. Meiner Meinung nach führt diese Textform in Konsequenz dazu, daß sensibleren Menschen erschwert wird, in die schwindende Öffentlichkeit zu treten mit etwas, das ihnen selbst entspricht, z.B. einen Film zu drehen. Auch wenn es nur einmal im Jahr so stattfindet. Und wenn ich es richtig verstehe, steht diesem Verlust dagegen bei anderen der Gewinn von Vergnügen und Entladung gegenüber.
Wie die Reaktionen tatsächlich vermuten lassen, polarisiert die Rubrik: die einen sind vor den Kopf gestoßen, verärgert oder verletzt, die anderen haben Spaß daran. Das erinnert mich im Ansatz irgendwie etwas an die Funktionsweise eines Mobs, weswegen mir das Thema der Geschlechterverteilung in aller Vorsicht der Komplexität zumindest nicht uninteressant erscheint. Der Zweck des Textes mag sich mir jedenfalls leider immer noch nicht erschließen, weil die Widersprüchlichkeit unauflösbar bleibt, daß im Gegensatz zu Satire etwa nicht das inhaltliche Argument Teil der Provokation, sondern umgekehrt die Provokation Teil des inhaltlichen Arguments ist. "Schlimmste Momente" finde ich übrigens wesentlich weniger problematisch als "schlechteste Filme" (vgl. den Iron-Man-Text).
Aber schau, plötzlich sind dir wie auch mir umgekehrt Textdetails wichtig, deren Korrektur zum Bedürfnis wird: die Unterscheidung zwischen Frust und Wut. Wichtig, genau. Und so bin ich bei Aus dem Nichts der Meinung, Babysprache, nein bzw. Nichtkategorie; eine Sprache, die von Cannes bis ins Multiplex gleichermaßen gesprochen wird, ja. Der Rezeptionszusammenhang des Films muß doch eine Rolle spielen, wenn seine Sprache bewertet wird (Vorannahmen von Texten). Bei Fassbinder ist das bewußte Switchen der Ästhetik seiner Projekte je nach Zielpublikum großes Thema. Bei Akin wird nicht einmal danach gefragt. Wenn man möchte, könnte man an der Sprache von Aus dem Nichts auch das Positive, die Vermittlung, das Verbindende, wenigstens seinen Sinn und Grund erkunden, freilich ohne daß das bedeutet, daß die Sprache als Norm verstanden werden darf, daß jeder Film diese Sprache benutzen muß. Und sowieso ohne daß das bedeutet, daß es keine wirkmächtigen Interessen gibt, Sprachverständnis zu limitieren. In diese ganze Richtung ging meine Elitarismus-Kritik, die ich explizit als politische Kategorie verstanden wissen möchte. Und diese Perspektivverschiebung versuchte ich ebenfalls durch meine Spiegelung ins Verhältnis zu setzen.
Noch deutlich zum Abschluß: Danke für critic.de als Plattform, die zahlreichen interessanten und bereichernden Texte. Es ist ausgesprochen viel an gemeinsamem Kinoanliegen da.


Till

Danke für den Text, da find ich manches interessant und bedenkenswert. Ich gehe bei der "Außenperspektive" und den "Vorannahmen" allerdings weiterhin nicht mit. Ich halte die Kruger-Besetzung, steht ja auch im Text, nicht für das hauptsächliche Problem des Films, und die Förderung ist mir auch erst im Abspann entgegengesprungen. Klar bin ich nicht davon ausgegangen, ein Meisterwerk zu sehen und wurde dann enttäuscht, sondern war eher von vornherein skeptisch und diese Skepsis hat sich im Verlaufe des Films verstärkt. Aber meine Haltung dem Film gegenüber entspringt durchaus der doppelten Sichtung des Films und keinen Vorannahmen, zumindest wüsste ich nicht, welche das sein sollten.

Vielleicht als Schluss eine Art Disclaimer: Ich kenne einige Leute, die in die zivilgesellschaftliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes involviert waren, eine Aufarbeitung, die in der Öffentlichkeit so gut wie nicht stattgefunden hat. Dieser Film ändert daran nicht nur nichts, er glaubt gar nicht, dass es da groß was aufzuarbeiten gibt, er nutzt seine meinetwegen verbindende Filmsprache für eine komplette Entpolitisierung des Sujets, und den NSU-Fall als Aufhänger, um Relevanzpunkte einzuheimsen. Sein spezifisches Verhältnis zum Politischen, und er schreibt sich das Politische nunmal auf die Fahnen, halte ich für fatal. Der Film vermittelt meinetwegen, aber er vermittelt eben immer nur das, was ohnehin schon allgemein, menschlich, tragisch, psychologisch an seinem Thema ist und nicht das, was spezifisch an ihm ist. Und er greift dabei auf Stereotype zurück, die nicht einfach nur filmische sind und einer vermittelden Sprache dienen, sondern politische, die Teil des Problems sind, auf das der Film hinweisen möchte. Kurz: Er meint es gut, aber richtet damit mehr politischen Schaden an als Nutzen. Also ja, wahrscheinlich hat eben diese "politische Wut" dazu geführt, dass ich weniger Probleme habe als bei anderen Filmen, ihm respektlos gegenüberzutreten und auch auf seiner ästhetischen Schlichtheit rumzureiten, "Entladung" war da sicher ein Affekt beim Schreiben, Vergnügen eher weniger.

Deine Gedanken über die genaue Untersuchung der je spezifischen Sprache eines Films ohne vorgefertigte Kategorien teile ich also grundsätzlich, in diesem speziellen Falle aber halte ich die politischen und ästhetischen Effekte dieser Sprache für hochproblematisch. Vermittlungsarbeit ist wichtig, aber vermitteln heißt immer übersetzen, interpretieren, auswählen, perspektivieren, und mit all den Entscheidungen, aus denen diese Arbeit besteht, habe ich im Falle von "Aus dem Nichts" sehr große Probleme. Aber wie gesagt: Ich stimme zu, dass die Form dieser Textsammlung dazu verleitet, die Provokation zum Teil des inhaltlichen Arguments zu machen – und dass das eigentlich andersrum sein sollte.


Leander

Recht so.

Der Film, den ich am meisten gehasst habe (ist schon ein Weilchen her) war so ein, glaube französischer, Film bei dem ein Konzern einen Mann umbringt (Auto von Straße, Abhang, tot) und wie dann seine Kumpanen ihn rächen wollen (links gerichtete Akrogruppe) wird das ganz dann auf sehr schräge Weise zu einer Kritik am Protest, die offensichtlich von Konzernen gesponsort wurde - ein furchtbares, manipulatives Machwerk.

Ich hab auch mal gelesen, irgendwo, daß Konzerne in Filme investieren, die das Thema Klimaveränderung durch Sonne - nicht also durch Menschen - zum Thema haben, um ein falsches kollektives Bewusstsein zu erzeugen, welches von den tatsächlichen Erkenntnissen der Wissenschaft abweicht.

Konzerne sind schon Schweine und konzerngesponsorte Filme auch. Zum Glück gibt´s Karma, und ihr werdet alle schmoren.






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