Berlinale 2006

„Der Trend geht sowieso zum guten Film“ verkündete Dieter Kosslick zur 56. Berlinale, und – was immer das heißt – man möchte ihm so gerne glauben. Der Festivalleiter machte gar weltweit eine Bewegung zum politischeren, realitätsnahen Kino aus. Im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele sind drei Beiträge mit aktuellem Hintergrund vertreten: Grbavica (Esmas Geheimnis) von Jasmila Zbanic erzählt die Geschichte einer 13-Jährigen aus Sarajevo, die glaubt, ihr Vater sei als Kriegsheld gestorben. Claude Chabrols Politthriller L’ivresse du pouvoir (Geheime Staatsaffären) mit Isabelle Huppert lehnt sich an den Elf-Aquitaine-Skandal an. In The Road to Guantánamo verwandelt Michael Winterbottom die Geschichte dreier Muslime, die nach einer Verwechslung im Gefangenenlager auf Kuba festgehalten wurden, in ein Plädoyer für Menschenrechte. Der deutsche Film ist in allen Sektionen stark vertreten. Die vier Konkurrenten im Bären-Wettbewerb versprechen allerdings keine leichte Kost: Matthias Glasners Vergewaltiger-Drama Der freie Wille mit Jürgen Vogel; Valeska Grisebachs mit Laien besetzte brandenburgische Liebesgeschichte Sehnsucht; Hans-Christian Schmids Requiem nach einem realen Fall von Exorzismus und die Houellebecq-Adaption Elementarteilchen von Oskar Roehler.
Als Gegenprogramm wartet die Berlinale mit einer Reihe von Fußball-Geschichten auf. Im Panorama sind gleich fünf Musikfilme vertreten, und das Forum bietet wieder eine Plattform für das asiatische Kino und belebt die Tradition der Mitternachts-Vorführungen neu. Ob Horror aus Fernost, ernster deutscher Film oder Beitrag aus einer der vielen Untersektionen der Berlinale – die zahlreichen Kinostunden zwischen dem 9. und 19. Februar dürften zu den aufregendsten und anstrengendsten des Jahres werden.

Sonja M. Schultz


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