Alles fließt – Das Kino des Rudolf Thome

In Rudolf Thomes Filmwelten gibt es noch so etwas wie Liebe auf den ersten Blick – und sie ist kein Schein, der trügt. Zum 80. Geburtstag des Regisseurs ein Streifzug durch sechs Jahrzehnte seines Schaffens.

„Das Kino, von dem ich träume, ist ein Kino der Unschuld und der Naivität – und das ist eine Utopie.“ So lautet der Schlusssatz eines Essays des deutschen Filmemachers Rudolf Thome aus dem Jahr 1979. Es ist das Glaubensbekenntnis an ein bestimmtes Kino, an eins, das sich nicht mit formalen Extravaganzen und gesellschaftspolitischer Relevanz aufhält, eins, das nichts moralisch aufzeigt und keine Ideen proklamiert, dafür stets sinnlich und konkret ist. Eins, in dem sich Wünsche und Unwahrscheinlichkeiten ganz selbstverständlich in lebensnahe Szenarien einzunisten vermögen. Hiermit ist nicht nur beschrieben, was Thome selbst im Kino sehen möchte, sondern zugleich auch, was sein eigenes Schaffen auszeichnet. In seinen Filmwelten gibt es noch so etwas wie die Liebe auf den ersten Blick – und sie ist kein Schein, der letztlich trügt.

Nach dem Erscheinen von „Das ist eine Utopie – Das Kino, von dem ich träume“ sollten noch zahlreiche filmische Versuche folgen, diesen Leinwand-Wünschen ein wenig näherzukommen. Selbstverständlich war das nie, wie uns ein anderer schöner Text Thomes – die Schilderung der Unwägbarkeiten bundesdeutscher Filmproduktion, „Überleben in den Niederlagen“ (1980) – verdeutlicht. Aber er hat es geschafft: In einem Zeitraum von sechs Jahrzehnten entstanden 28 Spiel- und sechs Kurzfilme; der erste 1964, der letzte 2012. Es sind München-, Berlin-, Südsee-, Italienurlaub- und Bauernhof-Filme, Rotwein-, Bade- und Dialog-Filme, gehemmte Genre- und uneitle Liebesfilme, immer in der Gegenwart verortet und nie zynisch den Figuren gegenüber.

Thome ist stets der ersehnten Unschuld und Naivität treu geblieben, hat ein in sich so kompromissarmes wie persönliches Œuvre vorgelegt wie wohl wenig andere Filmemacher*innen seiner Generation. Ohne seine zärtlichen Liebesgeschichten, die bewusst ihre jeweilige Entstehungszeit umkreisen und das Alltägliche mit dem filmisch Konstruierten auf mitunter ironische, ja märchenhafte Weise verbinden, wäre – nicht nur die deutsche – Filmgeschichte bedeutend ärmer.

Am 14. November wird Rudolf Thome 80 Jahre alt. Ein guter Anlass, auf seine Filmwelten zurückzublicken – versuchsweise in einem Streifzug durch sechs Jahrzehnte, der mit dem ersten Film beginnt, dem (sicherlich leider) letzten schließt und noch vier weitere Filme ins Zentrum rückt, die heute mitunter ein regeres Interesse verdient hätten. Doch vorab noch ein kurzer Blick auf das „Altbewährte“.

Abseits des Kults

Einen sogenannten Kultfilm gedreht zu haben ist Fluch und Segen zugleich: Mit dem gleichermaßen stilisierten wie lakonischen Rote Sonne (1969), in dem Solanas’ SCUM Manifesto ebenso in Reichweite scheint wie die Pulp-Affinitäten Godards, hat sich Thome wohl auf ewig einen Platz im deutschen Filmgeschichtskanon erobert. Seltener angesprochen wird, dass dieser um eine männermordende Frauen-WG im noch ansehnlichen München kreisende Film – Uschi Obermaier ist mit von der Partie – die ihm zugeschriebene 68er-Zeitgeistigkeit gar nicht so recht einlösen will: Die Röcke sind zwar kurz, aber nackte Haut gibt es kaum zu sehen; keine Ekstase, keine härteren Drogen; nur ein kurzer Anflug hipper Musik – ansonsten ganz „altmodisch“ und getragen Tomaso Albinonis Adagio in G-Moll. Zudem ist er nicht eigentlich politisch, auch wenn er sich auf dem Papier vielleicht so lesen mag. Die eingeschworene Frauenbande, die sich verpflichtet, jeden Liebhaber nach kurzer Zeit zur Strecke zu bringen, zerbricht letztlich daran, dass ihr Kodex von tatsächlicher Liebe durchkreuzt wird (also der von Marquard Bohm gespielte Slacker vorerst dort wohnen und am Leben bleiben darf). Eine gewissermaßen zeitlose Liebe-gegen-die-Konventionen-Geschichte also, die dennoch die Gefühlslage der Zeit aufsaugt. Etwas, was Thome immer beschäftigt hat.

Die Schattenseite der Aufmerksamkeit für Rote Sonne wäre, dass dadurch sein restliches Werk mitunter zu wenig Beachtung findet (erfreulicherweise gibt es jedoch mittlerweile mehrere Thome gewidmete Einzelpublikationen). Oder zumindest, dass Thomes frühe sensationsaffine Genre-Ausflüge (die Drehbücher stammen stets von Max Zhilmann) der 1960er und beginnenden 70er Jahre (neben Rote Sonne etwa Detektive (1968) und Supergirl (1970)) die leiseren und wärmeren Töne späterer Filme überlagern. Das Kino der ikonischen Leinwand-Momente und zitierwürdigen Oneliner (wie in Rote Sonne gestorben und diskutiert wird, gibt es nur im Kino) wird durch ein redseligeres und dabei weniger künstlich-hermetisches abgelöst. Die zahlreichen Filme, die nach Thomes Umzug von München nach Berlin entstanden, stehen – sicher sind solche Verweise immer etwas heikel und schematisch – mit ihren raffiniert konstruierten und dabei gestalterisch unprätentiösen Liebesvariationen dem Kino Éric Rohmers, Jacques Rivettes und Hong Sang-soos nah. Aber auch hier blitzen ab und an die Attraktionen der amerikanischen Genregeschichte wieder auf: sei es in Gestalt eines mysteriösen Koffers voller Geld (Rot und Blau, 2003), eines Zeitreisenden (Tigerstreifenbaby wartet auf Tarzan, 1998) oder eines terroristischen Attentats per Scharfschützengewehr (Rauchzeichen, 2006).

Doch keinesfalls erschöpft sich Thomes Œuvre in der Bezugnahme auf filmische Referenzpunkte; ein Thome-Film – und das lässt sich wiederum so verallgemeinern – gibt sich in seiner inszenatorischen Klarheit, der Absage an eine effektvolle Dramaturgie, einem gewissen Harmoniebedürfnis und der Liebe zu den sinnlichen Reizen des Lebens als ein Thome-Film zu erkennen.

Wahlverwandtschaften

Zugegeben: Thomes kurzer, auf schwarzweißem 16mm gedrehter Debütfilm Die Versöhnung (1964) ist in Teilen nicht sonderlich gut gealtert. Es beginnt mit einem spießbürgerlichen Eheszenario. Man hat sich in der piefig eingerichteten Wohnung beim gemeinsamen Frühstück im Grunde nichts zu sagen, sitzt sich genervt gegenüber. Dieses Porträt der Entfremdung scheint wohlbekannt, und so richtig reizt es einen nicht mehr. Das Bemerkenswerte ereignet sich erst, als der Ehemann (Hans Hirschmüller) das Haus verlässt. Auf dem Oktoberfest – gibt es einen sinnfälligeren Schauplatz für das Debüt eines Münchner Filmemachers? – trifft er am Schießstand auf eine Frau (Ulli Neumeister). Es wird ein wenig geflirtet, und er spendiert ihr schließlich ein Würstchen. Sie sitzen gemeinsam auf einer Treppe, da beginnt der Mann einen Monolog, der eher wie eine Beichte daherkommt. Die handelt von der Zufälligkeit der Liebe, wie sie entsteht und dann wieder vergeht. Man hat sich zufällig getroffen und heiratet, aber muss das das Ende sein? Hiermit scheint bereits ein Leitmotiv Thomes auf: das (sanfte) Schildern von zwischenmenschlichen Anziehungs- und Abstoßungsbewegungen, das Sprunghafte der Liebe, wie es auch in Goethes Roman „Die Wahlverwandtschaften“ beschrieben wurde. Ihm widmete Thome gleich zwei, in die jeweilige Gegenwart übertragene Verfilmungen, Tagebuch (1975) und Tarot (1986).

Am Ende von Die Versöhnung betritt der Mann wieder den ehelichen Haushalt. Seine Frau ist nur halb bekleidet, der Fernseher läuft, das Bett ist frisch gemacht. „Ich dachte, du würdest später kommen“; dann bricht der Film hart ab. Wurde hier nur über das Fremdgehen nachgedacht, oder ist es schon geschehen?

„Eine Ästhetik des Unperfekten heißt nun nicht, daß es darum geht, eine Sache schlecht zu machen, sondern einfach, daß es wichtigere Dinge gibt als das Streben nach Perfektion. So wie in der klassischen japanischen Keramik die im Material enthaltenen Fehler in die Form integriert werden oder in der Lehre des Zen der Weg wichtiger ist als das Ziel, so versucht Rossellini in diesem Film etwas zu finden; etwas, was er noch nicht weiß.“ Das schrieb Thome über Viaggio in Italia (1954) in der blauen Hanser-Reihe zu Roberto Rossellini, für die er die kommentierte Filmografie beisteuerte. Auch Filmkritiken für die Süddeutsche Zeitung, die Filmkritik und den Berliner Tagesspiegel entstanden in den 1960er bis 80er Jahren. Was diese Texte mit Thomes eigenen Filmen verbindet, ist wiederum das Sinnlich-Konkrete. Szenen und Handlungsmotive werden scheinbar banal wiedererzählt, bestimmte Phänomene dabei hervorgekehrt oder eben Metaphern für Verfahrensweisen gefunden. Hier wie dort gibt es keine vorgelagerte Theorie des Films; keine Hypothesen, die sich dann lediglich geschrieben oder gefilmt zu bewahrheiten haben. Filme sind zuallererst Abenteuer, keine Laboratorien.

Nachdem Thome mit seinem letzten Genre-Ausflug der Münchner Phase, Fremde Stadt (1972), an den Kinokassen völlig baden ging, musste in Berlin (vorerst) ein ökonomisch wie ästhetisch radikal entschlacktes Arbeiten her. Schwarzweißes 16mm, ein paar tausend Mark, die eigenen vier Wände und Freunde im meist statischen Bildkader: In Tagebuch (1975) schreiben sich die Produktionsbedingungen unmittelbar in die Ästhetik ein. Mit Perfektion hat man es auch hier wenig zu tun; um so mehr jedoch mit einem stoischen, radikal einfachen und persönlichen Erzählen. Dazu passt, dass es auch der einzige Film ist, in dem Thome selbst eine der tragenden Rollen übernimmt: Eduard, der hier im verdichteten Schauplatz einer Berliner Etagenwohnung Gefühlskonstellationen mit Charlotte, Ottilie und Otto durchspielt. Eben die Wahlverwandtschaften; übertragen in ein an Schauwerten armes 70er-Berlin, das im Privaten mitunter politisch, im Stadtraum offen und weit ist. Die Liebenden wechseln durch; die Dramatik bleibt aus. Vor allem wird viel und lange diskutiert. Ob das immer etwas bringt, bleibt ungewiss.

Der Liebe entkommt man nicht

Mit Der Philosoph (1988), einem vor allem in Frankreich sehr erfolgreichen Film, sind wir deutlich in den filmischen 1980ern angelangt: Schrille und figurbetonte Mode, generell die Lust an Oberflächen und körperlicher Sinnlichkeit – heutzutage würde man in einem regulären Kinofilm, der nicht auf ein spezifisches Publikum schielt, nicht so viel (weibliche) Nacktheit zu sehen bekommen – sowie das absolut Evidente der formalen Gestaltung. Zudem ist es vielleicht Thomes „klassischste“ Komödie; auch wenn vielen anderen seiner Filme ebenfalls eine Ironie eigen ist. Vielleicht auch eine Art Reminiszenz an Howard Hawks’ Screwball-Comedies.

Ein spleeniger Gelehrter – Georg Hermes (Johannes Herrschmann), sozusagen asketischer Bote der Philosophie – wird aus seiner strengen, ganz den antiken Denkern gewidmeten Lebensführung herausgerissen, als er es gleich mit drei attraktiven Frauen, die eine eigenartige Anziehung zu ihm verspüren, zu tun bekommt. Er, ein den weltlichen Freuden gegenüber zumindest unsicherer Neoplatoniker, wird von den sich selbstbewusst präsentierenden weiblichen Reizen auf Trab gehalten, muss seine Gewohnheiten umkrempeln, um angesichts dieser Verwicklungen nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sein schmales Bändchen, „Die Liebe zur Weisheit“, ist gerade erschienen; die vorangegangene Dissertation handelte von Heraklits so simplem wie rätselhaftem Satz „panta rhei“, alles fließt. Und so sind auch die Konstellationen der Liebe zwischen Georg und Franziska, Martha, Beate in permanentem Fluss. Wie viele Thome-Filme endet Der Philosoph an einer Stelle, an der er an sich noch endlos in unterschiedlichen Variationen und kleinen Verschiebungen hätte weitergehen können. Der Philosoph hat sich mittlerweile seinem Schicksal ergeben und tanzt, zusammen mit den Liebesgöttinnen, am Ufer des Wannsees zu schöner 80er-Disco. Ironisierte Mythologie? Männliche Wunschfantasie?

Ein Mann, Zenon Bloch, und eine Frau, Elsa Süßeisen, in einer Küche; er wäscht ab, sie sitzt am Tisch. Sie (Julian Benedikt & Geno Lechner) sind frisch verliebt, und doch kommt es zu einem ersten zaghaften Konflikt über die gemeinsame Zukunft. Sie: „Ich finde, dass ich dir nicht alles sagen muss, was ich denke. Ich denke eben weit voraus – darum bin ich Futurologin.“ … Eine westdeutsche Futurologin und ein ostdeutscher Archäologe mitsamt Kindern aus früheren Beziehungen im Berlin der frühen 1990er, die sich mit ihrer gemeinsamen Zukunft statt mit der unterschiedlichen Vergangenheit auseinandersetzen. Ost/West, Vergangenheit/Zukunft, Mann/Frau – was zu einer hoffnungslos schematischen Versuchsanordnung hätte erstarren können, ist in Liebe auf den ersten Blick (1991) das zärtliche und vollständig unaufgeregte Porträt zweier liebessuchender Menschen, die unsicher ihren neuerlichen Gefühlen einen Ausdruck zu geben versuchen. In besonderer Weise ragt hier das offensichtlich Geschriebene in das wie alltäglich Gesehene hinein; die Namen sind pure Hirngespinste (in Rot und Blau wird Hannelore Elsner Barbara Bärenklau und Hanns Zischler Samuel Eisenstein heißen), die Gefühlswelten hingegen ziehen einen unumwunden in diese Welt hinein.

Dabei hält uns die Kamera oftmals auf Distanz (Thome ist kein Regisseur der Großaufnahmen), auch wenn aus den Bildern die Nähe dieses Paares zueinander spricht. Alltägliche Verrichtungen bekommen die gleiche Relevanz eingeräumt wie Momente der Erotik und des milden Konflikts – eine gewisse Nähe zu den kurze Zeit später entstehenden Filmen aus dem Kontext der Berliner dffb, wie den Dramen Angela Schanelecs, scheint hier auf.

Roter Wein und blaues Meer

In Rot und Blau (2003) bricht die Vergangenheit emotional in die Gegenwart hinein; gleich in mehreren Beziehungen wird ihre Macht sichtbar: Eine junge Deutschtürkin (Serpil Turhan) kommt nach Berlin und versucht, mithilfe eines Freundes ihres verstorbenen Vaters (Hanns Zischler) die seit zwanzig Jahren abwesende Mutter (Hannelore Elsner) zu finden. Die wiederum ist auf der Suche nach dem verloren gegangenen Liebesglück im Angesicht ihrer unerfüllten Ehe (und trinkt dazu nicht gerade wenig Rotwein). Ihre Lebensbahnen kreuzen sich, immer neue Nebenschauplätze entstehen … Es ist ein Film über individuelle Schuld, die Suche nach Liebe und die Schwierigkeit, sie auszudrücken.

Geradezu demonstrativ konstruiert mutet seine Geschichte an, aber Thome vollzieht – wie in vielen anderen seiner Filme – das Kunststück, sie mit solch einer Selbstverständlichkeit zu erzählen, dass das Unwahrscheinliche sich völlig harmonisch in die entworfene Welt fügt. Wie nebenbei gibt Rot und Blau, trotz seiner unbedingten Nähe zu den Figuren, stets seinen Zeitkern preis: die zu langen kurzen Hosen der frühen 2000er; die Einrichtungen und Autos; als junger Mensch einen türkischen Namen zu tragen und dennoch akzentfreies Deutsch zu sprechen.

Mit Thomes Schaffen sind auch Darsteller*innen, die die Filme miteinander verflechten, untrennbar verbunden: So etwa Hanns Zischler (u.a. Berlin Chamissoplatz, 1980) und Adriana Altaras (u.a. Franziska in Der Philosoph) hier in Nebenrollen; Hannelore Elsner, mit der Thome fünf Filme in den 2000ern drehte (besonders hervorzuheben: Du hast gesagt, dass du mich liebst, 2005); schließlich Serpil Turhan. Thome entdeckte sie und ihre einzigartige Weise, Sätze zu betonen, in Thomas Arslans Der schöne Tag (2002). Abseits von Rollen in der sogenannten Zeitreise-Trilogie – zu der neben Rot und Blau noch Rauchzeichen (2006) und Frau fährt, Mann schläft (2004) gehören – widmete sie als Filmemacherin Thome und seinem Leben auf dem Land das schöne dokumentarische Porträt Überall Blumen (2016).

Es war nicht geplant, dass Ins Blaue (2012) Thomes letzter Film werden sollte (die Degeto kündigte ihm die langjährige Zusammenarbeit auf). Und doch fühlt er sich wie ein letzter Film an. Es ist eine Geschichte, die vom Filmemachen handelt und in ihrer letzten Einstellung eine ausverkaufte und euphorisch beklatschte Premiere im Berliner Zoopalast zeigt. Am Ende also noch einmal ein Wunschbild. Der hier nun aufgeführte Film-im-Film: pures Kino der Unschuld und der Naivität.

Viaggio in Italia – eine Reise dreier Frauen im sommerlichen Italien und ihre Liebes-Begegnungen mit drei Männern: einem Philosophen, einem zum Mönch umgesattelten Automechaniker und einem einheimischen stummen Fischer (stumm, da der Schauspieler, der auch den deutschen Mönch mimt, kein Italienisch spricht). Fragen nach dem Sinn des Lebens werden mit pseudophilosophischer Schlagseite aufgeworfen, die Suche nach dem Glück entlang des blauen Meeres mit einigen Umwegen aufgenommen.

Die Handlungsebene, in der dieser Film entsteht, ist jedoch nicht so unverbindlich und unbeschwert, sogar geradezu düster für einen Thome-Film. Das Filmteam versinkt in zwischenmenschlichen Konflikten, hinzu kommen finanzielle Schwierigkeiten, die das gesamte Projekt bedrohen. Wo die Film-im-Film-Ebene von schüchterner Annäherung und einvernehmlichen Zärtlichkeiten geprägt ist, bestimmen also die Produktionsbedingungen eher Abhängigkeiten und emotionale Irrungen und Wirrungen – vor allem ist es auch ein Vater-Tochter-Drama zwischen der Filmemacherin Nike (Alice Dwyer) und ihrem Produzenten Abraham (Vadim Glowna).

Und schließlich gibt es wieder die Verzweigungen mit dem Thome-Kosmos: Der Philosoph – der ebenfalls von Glowna gespielte Sohn Ludwig Wittgensteins – ist wie schon Georg Hermes in den 1980er Jahren von Heraklits „Alles fließt“ fasziniert. Diese Formel des kontinuierlichen Werdens und Vergehens ließe sich zum Motto von Thomes Schaffen erklären.

Am 17.11. zeigt das Leipziger Luro Kino Filme von Rudolf Thome. Hier gehts zum Programm.

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