22. Filmfest Dresden - International Short Film Festival

Zum 22. Mal fand in Dresden das internationale Festival für Animations- und Kurzfilm statt – ein Kurzbericht.

Filmfest Dresden

Seit über zwei Jahrzehnten gehört das Filmfest Dresden zu den aufregenden Ereignissen der in ihrem Selbstverständnis sonst recht barocken Residenzstadt an der Elbe. Geboren aus der Idee junger Filmenthusiasten, organisierte sich schon 1988 ein Forum für in der DDR verbotene oder selten gezeigte Filme. Seit 1989 lädt die so entstandene Filminitiative Dresden zum alljährlichen Filmfest ein – 2010 bereits zum 22. Mal. Längst haben sich Initiativen von einst institutionalisiert, und auch das Filmfest Dresden ist im Kanon der Wettbewerbs-Kurzfilmfestivals zu einer international notierten Hausnummer herangewachsen. Und die Anerkennung nimmt zu: Seit 2004 vergibt hier die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst einen mit 20.000 Euro dotierten Förderpreis an einen deutschen Nachwuchsfilmer, der deutsch-französische Kultursender ARTE kauft hier im Wert von 6.000 Euro einen Kurzfilm an, und der Verband der Deutschen Filmkritik gibt seinen alljährlichen Kurzfilmpreisträger bekannt. Insgesamt konkurrierten beim diesjährigen 22. Filmfest Dresden 69 kurze Spiel- und Animationsfilme aus 35 Ländern um die Dresdner Festivaltrophäen, die „Goldenen Reiter“, und um Preisgelder von insgesamt 59.000 Euro.

Filmfest Dresden

Bei der Auswahl der Wettbewerbsbeiträge ist man sichtlich um einen Spagat zwischen zunehmender Profilierung und breitenwirksamem Publikumsgeschmack bemüht, denn die qualitative wie inhaltliche Breite des Spektrums ist beachtlich: So standen neben bereits hoch dekorierten Animationsfilmen wie Nicolas Schmerkins Oscar-Gewinner Logorama (Frankreich 2009) oder Chris Landreths The Spine (Kanada 2009) auch Raritäten wie Axel Taylors Filmpoem Kids Might Fly (GB 2009), aber auch formale Stilblüten wie Patrick Bergerons Looploop (Kanada 2009) im Wettstreit.

Filmfest Dresden

Im nationalen Wettbewerb – der in Dresden, wie bei anderen Kurzfilmfesten auch, eher auf den lokalen Publikumsgeschmack hin ausgerichtet zu sein scheint – traten ambitionierte Filme wie Nicolas Steiners Ich bin’s Helmut (Deutschland, Schweiz 2009) schon mal neben erzgebirgisches Lokalkolorit in Jens Rosemanns und Max Rademanns Animationsklamauk Peschi & Poschi, Glück auf Ihr Leit! (Deutschland 2009). So ist es wohl vor allem die Sorge, das Publikum zu überfordern, die den nationalen Wettbewerb des Dresdner Festivals in den letzten Jahren zu einem eigenwilligen Reservat deutscher Animations- und Kurzfilmkunst werden ließ, das zudem vom technisch brillanten, inhaltlich jedoch oftmals unausgegorenen deutschen Hochschulfilm dominiert wird. Jury-Mitglied Franz Winzentsen spricht hier gar von einem auszumachenden Qualitätstrend, „Tatort-Bewerbungsvideos“ abzuliefern. Doch gerade die Preisträger des diesjährigen nationalen Wettbewerbs, Antje Heyns reduzierter Animationsfilm Lumo (Deutschland 2009) und Olaf Helds trendwidriges Familiendrama Vatertag (Deutschland 2009), zeigen deutlich, dass es des programmatischen „Welpenschutzes“ für den deutschen Kurz- und Animationsfilm nicht bedarf, denn die Qualität ist vorhanden – nur an der Dichte hapert es.

Filmfest Dresden

Dass dem Publikum regelmäßig mehr zuzutrauen ist, zeigte vor allem die Resonanz auf die vielfältigen Rahmen- und Sonderprogramme des Festivals: Außerhalb des Wettbewerbsprogramms konnten die Interessierten zwischen Experimentalfilmen, Genregrenzen überschreitenden Medienkunstprojekten, wie der Präsentation der Computer-Demo-Szene, einem schon Tradition gewordenen British Focus, einer Präsentationsplattform für kanadische Filme der Region Quebec, einem Kinder- und einem Jugendfilmprogramm, verschiedensten internationalen Kooperationsprojekten und vielem anderen mehr wählen. Und es kamen insgesamt 21.000 Besucher, eine – verglichen mit anderen Festivals wie dem Internationalen Kurzfilmfestival Interfilm Berlin (2009: 13.000 Besucher) oder den renommierten Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen (2009: 18.500 Besucher) sehr ordentliche Zahl.

Filmfest Dresden

Der 22. Jahrgang des Festivals stand zudem unter besonderer Beobachtung, war es doch die erste Saison in der Verantwortung der neuen Festivaldirektorin Annegret Richter. Die 35-jährige Filmwissenschaftlerin war zuletzt beim DOK Leipzig tätig und kam mit einem anspruchsvollen Ideenpaket an die Elbe. So gab es in Dresden erstmals ein Panorama-Programm, in dem sich Filme wiederfanden, die es – aus mehr oder minder unerklärlichen Gründen – nicht in den Wettbewerb schafften, wie beispielsweise Guy Maddins expressionistische Bild-Musik-Dichtung Night Mayor (Kanada 2009). Eine weitere Premiere hatte das dem animierten Dokumentarfilm gewidmete Sonderprogramm Animadok – ein Konzept, das Richter schon in Leipzig erfolgreich kuratierte.

Viele Pläne harren noch der Umsetzung, jedoch präsentiert sich dem Besucher in Dresden bereits jetzt ein klimatisch stimmiges und konkurrenzfähiges Festival mit erheblichem Potenzial, das mit langjährigen Mitveranstaltern wie dem Deutschen Institut für Animationsfilm DIAF, der AG Kurzfilm und vielen Förderern und Unterstützern sowie einem über die Jahre gewachsenen Publikum solide aufgestellt ist.

Filmfest Dresden

Wenn es den Veranstaltern gelingen sollte, dem Publikum noch mehr Qualitätsverständnis zuzutrauen, wenn sich statt Breite und Vielfalt weiterhin Profil gewinnen ließe, dann wäre dies für die deutsche Festivallandschaft eine willkommene Bereicherung.

22. Filmfest Dresden – International Short Film Festival
20.-25.April 2010


Preisträger 2010:

Internationaler Wettbewerb
Jury: Insa Wiese, Iva Švarcová, Christian DeVita

Goldener Reiter Animationsfilm (7.500 Euro):
Parade (Frankreich, Regie: Pierre Emmanuelle Lyet)

Goldener Reiter Kurzspielfilm (7.500 Euro):
Moja Biedna G?owa (My poor Head, Polen, Regie: Adrian Panek)

Goldener Reiter des Publikums (3.000 Euro), gestiftet von der Sächsischen Zeitung:
Crossing (Großbritannien/Italien, Regie: Silvana Aguirre Zegarra)

ARTE Kurzfilmpreis (6.000 Euro)
Crossing (Großbritannien/Italien, Regie: Silvana Aguirre Zegarra)


Nationaler Wettbewerb
Jury: Franz Winzentsen, Volker Schlecht, Andreas Gläßer

Goldener Reiter Animationsfilm (3.000 Euro), gestiftet vom Deutschen Institut fu?r Animationsfilm
Lumo (Regie: Antje Heyn)

Goldener Reiter Kurzspielfilm (3.000 Euro)
Vatertag (Regie: Olaf Held)

Filmförderpreis der Kunstministerin (20.000 Euro),
gestiftet vom Sächsischen Staatsministerium fu?r Wissenschaft und Kunst
Ich bin's, Helmut (Regie: Nicolas Steiner)

Goldener Reiter des Publikums (2.000 Euro), gestiftet vom Mitteldeutschen Rundfunk
Rummel (Regie: Benjamin Teske)

Drematrix-Förderpreis (2 Tage Motion Capturing im Wert von 1.000 Euro),
gestiftet von Organic Motion & Drematrix
Egodyston (Regie: Xenia Lesniewski)

 

Kurzfilmpreis der deutschen Filmkritik,
gestiftet vom Verband der deutschen Filmkritik
Jury: Bernd Zywietz, Cosima Lutz, Günter Minas

Heimspiel (Regie: Bogdana Vera Lorenz)

 

Nationaler und Internationaler Wettbewerb

Goldener Reiter KlangMusikPreis (3.000 Euro),
gestiftet vom Europäischen Zentrum der Künste Hellerau
Jury: Dieter Jaenicke, Julia Heimerdinger, Andreas Kersting

Tuesday (USA, Regie: Shirley Petchprapa – 1.500 Euro) sowie
Mr. Foley (Irland, Regie: D.A.D.D.Y. aka Mike Ahern & Enda Loughman - 1.500 Euro)

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