xXx 3 – Die Rückkehr des Xander Cage – Kritik
Vin Diesel als Zwölfjähriger im Action-Wunderland: xXx – Die Rückkehr des Xander Cage gibt sich als dritter Teil des Vin-Diesel-Franchises und verleugnet dabei seine wahren Vorgängerfilme.

Es ist ein zunächst verwirrendes, dann faszinierendes Schauspiel, wenn ein Fortsetzungsfilm sich darüber im Irrtum befindet, von welchem Film er eigentlich die Fortsetzung ist. So muss man etwa xXx – Die Rückkehr des Xander Cage schon eine ganze Weile lang über sich ergehen lassen, bis einem endlich ein Umstand klar wird, der dem bislang beinahe grenzenlosen Wirrwarr zumindest ein wenig Ordnung und Sinn verleiht: Xander Cage ist nicht, wie es auf den ersten Blick scheint, ein muskelbepackter Extremsportler, der im Auftrag der NSA sowohl äußere Feinde als auch die Bösewichte in den eigenen Reihen bekämpft. Er ist vielmehr – Vin Diesels Schauspiel lässt keinen anderen Schluss zu – ein zwölfjähriger Junge, der eines Tages als brutaler und zugleich sanftmütiger, dabei grenzenlos charmanter Actionheld aufgewacht ist und immer noch nicht wirklich glauben kann, wie ihm geschieht. Durch Diesels permanentes gleichermaßen erstauntes wie genüssliches Grinsen wird offenbar, dass die Vorgängerfilme, deren Thematik hier aufgegriffen und auf deren Handlungsmuster Bezug genommen wird, in Wahrheit nicht xXx – Triple X (2002) und xXx 2 – The Next Level (2005) heißen, sondern Big (1988) und 30 über Nacht (30 Going on 30, 2004).
Ein verdrängter Mangel

Die Art, wie die Rückkehr des Xander Cage das Verhalten seines Protagonisten und die Reaktionen darauf in Szene setzt, lässt sich nur ertragen, wenn man sich nicht verpflichtet fühlt, so zu tun, als nähme man das alles für bare Münze. Wenn man in der Lage ist, das Gezeigte als Ausdruck eines tief verborgenen und verdrängten Mangels aufzufassen – als die Fantasien eines Jugendlichen, dem ein Gefühl der Überlegenheit, ein Grundvertrauen in die eigene körperliche Ausstrahlung, und eine Sicherheit in der gedanklichen Auseinandersetzung mit der Welt gänzlich unzugänglich sind. Dann erscheint einem manches, was man zuvor nur als befremdlich oder abstoßend erlebt hat, plötzlich auf eigentümliche Art sympathisch, gar bewegend. Xander ist auf eine dümmliche Art grob, doch wird diese Grobheit von allen Anwesenden stets als locker ausgespielte Überlegenheit aufgefasst. Er ist auf eine verkrampfte Art körperlich zudringlich, doch jede Frau, der er über den Weg läuft, verhält sich, als übe er eine völlig unwiderstehliche animalische Anziehungskraft aus. Er berichtet in langen, emphatischen Sätzen von völlig offenkundigen Sachverhalten (wozu er wild mit einem Filzstift auf einem Monitor herummalt), doch alle Anwesenden reagieren mit grenzenlosem Stauen ob seiner meisterhaften Deduktionskunst.
Ein vollständig gelöstes Spiel

Doch auch die Deutung des permanenten Dominanzgehabes als Ausdruck von Hilflosigkeit wird irgendwann nur mehr mühsam, da D.J. Carusos Film die vordergründige Fantasie nie als solche anerkennt und somit auch nie reflektiert, sondern immer nur wieder und wieder bekräftigt. So wendet man sich auf der Suche nach etwas, das der Film sonst noch für einen tun könnte, zwangsläufig den Actionsequenzen zu, in der Hoffnung auf den Reiz der bloßen Kinetik. Doch in xXx – Die Rückkehr des Xander Cage erweist sich einmal mehr, dass das gängige Repertoire an Verfolgungsjagden, Schusswechseln und Faustkämpfen zunehmend wie ein vollständig gelöstes Spiel wirkt, in welchem alle Beteiligten in jeder erdenklichen Situation stets klar und deutlich wissen, welche Aktionen gesetzt werden müssen und zu welchem Ergebnis diese Aktionen zwangsläufig führen. Der entwaffnet und verwundet am Boden eines Flugzeugs liegende Sympathieträger hat gar keine andere Wahl, als mit letzter Kraft eine Laderampe zu öffnen, und die eben zum tödlichen Schuss ansetzende Widersacherin hat gar keine andere Wahl, als in die offenliegende Schlaufe einer schlecht vertäuten Kiste zu treten, um hinaus ins Freie und in den Tod gesaugt zu werden. Derart vollständig gelöste Spiele sind aber im eigentlichen Sinne nicht mehr spielbar: Der Beitrag der vermeintlich Spielenden ist gänzlich zur Fiktion geworden und in jeder äußerlichen Bewegung spürt man nur mehr den kalten Druck eines starren Musters – wie jeder weiß, der nach dem Kindesalter einmal versucht hat, Tic-Tac-Toe zu spielen.
Eine beinahe herzzerreißende Unbeholfenheit

Xander Cage jedoch ist augenscheinlich noch lange nicht an diesem Punkt angekommen. Mit strahlender Miene wirft er sich auch in die zigste Schlägerei, ein jauchzendes „Für so was lebe ich!“ auf den Lippen. Gemäß den unverrückbaren Regeln dieses Spiels zwängt er auch in die kürzesten Feuerpausen noch irgendein Witzchen oder lockeren Spruch – und vermittels des Schmerzes, den sie verursachen, sind diese Witze noch die verlässlichste Energiequelle des ganzen Films. Dabei rührt das Qualvolle nicht daher, dass sie billig und schlecht sind (ein Wortwitz, der nicht zumindest ein bisschen billig ist, verdient seinen Namen nicht), sondern daher, dass sie immer ein paar Sekunden zu spät kommen – immer gerade dann, wenn sie nicht mehr passen, wenn die Situation, die sie auf vermeintlich geistreiche Art zusammenfassen und kommentieren, schon längst wieder vorbei ist. Anstatt eine souveräne Distanz zu dem chaotischen Geschehen zu signalisieren, offenbaren all die kecken Kommentare doch nur eine nahezu vollkommene Unbeholfenheit.

Aber Xander scheint diese Wirkung gar nicht zu bemerken, dafür macht ihm das alles viel zu viel Spaß, und sein überbordender Enthusiasmus hat etwas Reines, fast Herzzerreißendes. Man langweilt sich angesichts all der kindischen Fantasien, aus denen sich xXx – Die Rückkehr des Xander Cage zusammensetzt, aber man hat auch Hemmungen, dieses Gefühl der Langeweile so einfach zuzulassen. Denn nichts zerstört ein Kinderspiel so gründlich wie das offen gezeigte Desinteresse der Erwachsenen, wie die sichtbare Bestätigung einer höheren Instanz, dass all das so lebhaft Vorgestellte in Wahrheit gar nicht wichtig ist. Und eigentlich will man am Schluss den kleinen Xander nur in seinen Fantasien in Ruhe lassen – der Junge wird es später im Leben noch schwer genug haben.
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