Verführung einer Fremden – Kritik

Ein Starvehikel aus Hollywood: Halle Berry jagt Bruce Willis in einem Neo-Noir der konventionelleren Sorte.

Verführung einer Fremden

Kurz nach einer Zufallsbegegnung mit ihrer alten Bekannten Grace Clayton (Nicki Aycox) erfährt Journalistin Rowena Price (Halle Berry) vom Tod derselben. Da Grace ihr während dieses Treffens von einer Affäre mit dem Werbemogul Harrison Hill (Bruce Willis) berichtet hatte, beschließt die ehrgeizige Reporterin, sich undercover in seine Firma einzuschleusen. Der Womanizer Harrison wird bald auf Rowena aufmerksam und bringt dadurch nicht nur sich selbst in Gefahr.

Als klassisches Starvehikel definiert sich Verführung einer Fremden (Perfect Stranger) vor allem über seine Besetzung. Halle Berrys Rowena scheint gleich mehrere auf den ersten Blick unvereinbare klassische Film-Noir Charaktere in sich zu vereinen: Den souveränen, leicht zynischen Ermittler, die psychisch labile Frau mit Vergangenheit und schließlich die gute alte Femme Fatale. Angesichts dieser Überdetermination der Rolle macht Berry ihre Sache durchaus gut, ihr unaufgeregtes Schauspiel ordnet sich stets den zahlreichen Wendungen des Plots unter, ohne - was angesichts des oft wirren Drehbuchs leicht möglich gewesen wäre - ins Lächerliche zu kippen.

Verführung einer Fremden

Auch ihr männlicher Gegenpart macht insgesamt eine ordentliche Figur. Zwar ist Willis mit seiner nicht allzu umfangreichen Rolle sichtbar unterfordert, Regisseur Foley gelingt es jedoch, ihn effektiv in Szene zu setzen. Den ersten Auftritt hat der Superstar auf dem Cover einer Zeitung, die erste direkte Begegnung der beiden Hauptdarsteller findet erst nach einer knappen halben Stunde statt und verleiht dem Film umgehend die Stringenz, welche ihm vorher abging. In der Tat sind die Auseinandersetzungen zwischen Berrys Rowena und Willis´ Harrison, die sich im Verlauf der Handlung auch in die virtuellen Welten des Internets ausbreiten, die eindeutigen Höhepunkte des Films.

In deutlichem Kontrast zu dem soliden Star-Acting der Hauptfiguren steht die Leistung einiger Nebendarsteller, allen voran des heftig chargierenden Giovanni Ribisi, der Berrys technikbesessenen Gehilfen Miles Haley spielt. Ribisis exaltiertes Auftreten verweist auf die großen Probleme des Films, die nicht in der Drehbuchkonzeption zu suchen sind, sondern in der wenig inspirierten filmischen Umsetzung. Logische Schwächen des Skripts haben im Verlauf der Filmgeschichte noch keinen (Neo-)Noir zu Fall gebracht, das Genre scheint sich ganz im Gegenteil durch eine deutliche Differenz zum unerbittlichen Ursache-Wirkung Prinzip des klassischen Erzählkinos zu definieren. So wäre man auch im Falle von Verführung einer Fremden geneigt, über die zunehmend chaotische, stellenweise auch trashige Narration hinwegzusehen – die Handlung gipfelt in dem obligatorischen, und in diesem Fall tatsächlich recht originellen Twist Ending –, wenn Foley denn eine interessantere Bildsprache für dieselbe finden würde.

Verführung einer Fremden

Foley ist ein alles andere als subtiler Regisseur und hat eine Vorliebe für wenig originelle bildliche Metaphern. Verführung einer Fremden möchte ein Film über Voyeurismus sein und macht dies bereits in der ersten Einstellung klar: der Leinwand-füllenden Detailaufnahme eines Auges. Der Streifen wird von obsessiven Blickstrukturen geprägt, jeder beobachtet jeden und zieht daraus meist doch die falschen Schlüsse. Damit auch wirklich jeder versteht, was Sache ist, tauchen irgendwann sogar noch vergiftete Augentropfen als Mordwaffe auf.

Trotz aller Bemühungen hat der Film letzten Endes keine klare Position zu seinem Thema. Dies liegt vor allem daran, dass die Kamera selbst in Verführung einer Fremden – im Gegensatz nicht nur zu den großen voyeuristischen Voyeurismusfilmen e ines Hitchcock oder De Palma, sondern auch zu einem Großteil des billigen Exploitationkinos – nicht aktiv in das Spiel der Blicke eingreift, sondern unentschlossen in schlechter Fernsehregie-Manier zwischen Blickobjekt und -subjekt hin und her schwenkt. Genauso wenig Risikobereitschaft zeigt Foleys Film bei der Wahl seines Settings, das sich, weniger lieblos als schlicht und einfach langweilig, irgendwo im stilistischen Niemandsland zwischen Neo-Noir-Romantik und TV-Serien-Realismus situiert.

So ist Verführung einer Fremden letzten Endes ein Film, der zwar wenig falsch macht, aber noch weniger richtig. Und vor allem ein Film, dem man einen mutigeren Regisseur gewünscht hätte.

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