Vater Morgana – Kritik
Eine nette Grundidee und eine vielversprechende Besetzung sorgen letzten Endes doch nicht für den erhofften frischen Wind, sondern nur für lahmen Slapstick und gescheiterte Tiefgründigkeit.

Christian Ulmen ist Lutz, ein etwas trotteliger, aber sympathischer Angestellter einer Sicherheitsfirma. Michael Gwisdek ist sein Vater Walther und gar kein Freund von Sicherheit: Laut Lutz zeichnet er sich dadurch aus, in den unmöglichsten Momenten aufzutauchen und ebenso schnell wieder zu verschwinden. Zwar haben sich die beiden längst auseinandergelebt, aber pünktlich zum Einsatz der Filmhandlung taucht Papa wieder auf – und vermasselt dem Sohnemann durch sein plötzliches Auftauchen ordentlich die Show. Lutz wollte die alljährliche Betriebsfeier nämlich nutzen, um seine Beziehung zu Polizistin Annette (Felicitas Woll) mit einem romantischen Heiratsantrag endlich dingfest zu machen.

Doch damit nicht genug: Am nächsten Morgen überfällt der langsam senile, aber noch sehr rüstige Rentner einen Juwelentransport, bei dem zufällig auch Lutz mitfährt. Kurz vor der Flucht gibt sich Walther seinem Sohn zu erkennen und rät ihm, jede Mitwisserschaft abzustreiten. Dumm nur, dass eine Überwachungskamera das Gespräch der beiden festgehalten hat. Lutz gerät unter Verdacht, selbst in den Überfall verwickelt zu sein, und angesichts seiner kruden Behauptung, sein eigener Vater sei der Täter, verliert selbst Annette langsam den Glauben an ihren Freund – eine Situation, die sich ihr neuer Kollege Lothar (Marc Hosemann) zunutze macht. Dessen Priorität liegt zunehmend bei der Eroberung Annettes und nicht bei der Auflösung des Kriminalfalls. Schließlich kann noch nicht einmal der schnell ausfindig gemachte Walther seinen Sohn entlasten, weil der angehende Alzheimer-Patient sich weder an seinen ausgeklügelten Raubüberfall noch an den Aufenthaltsort der Beute so richtig erinnern kann.

Unschwer kann man in dieser Handlung einige altbekannte Motive wiederfinden: einen relativ klassischen Suspense-Plot, in dem unser unschuldiger Held unter Raubverdacht gerät, seine Unschuld aufgrund der absurden Umstände des Verbrechens aber nicht beweisen kann; dazu eine Romantic-Comedy-Variation, an deren Beginn kein Verlieben steht, sondern der verhinderte Höhepunkt einer bereits bestehenden Liebe und die darauf folgende Krise mitsamt Nebenbuhler; und nicht zuletzt die Andeutung eines Familiendramas, das auf dem schwierigen Verhältnis zwischen Vater und Sohn beruht – und das der Film im Gegensatz zu seinem vordergründigen Plot tatsächlich ernst nehmen will.
Theoretisch sind diese Motive nicht per se unvereinbar, praktisch ist Regisseur Till Endemann (Das Lächeln der Tiefseefische) aber an der Synthese gescheitert. Denn letztlich mag keines dieser drei Elemente von Vater Morgana überzeugen. Das liegt einerseits an ihren jeweils immanenten Problemen, andererseits daran, dass Endemann sie nicht kohärent zusammenbringt, sondern so hastig und unsicher zwischen ihnen springt, dass sie zu reinen Fluchtpunkten für die Handlung werden und sich gegenseitig eher widersprechen als ergänzen.

Endemann und sein Co-Autor Daniel Schwarz schicken die Figuren durch ein Netz von absurden Zufälligkeiten, wollen ihren Film aber nicht vollends an diese absurde Zufälligkeit verlieren. Das führt zu einer im wahrsten Sinne des Wortes ent-spannten Haltung, mit der man sich nicht ernsthaft auf die bemühte Geschichte einlassen, aber ebensowenig auf die nächsten grotesken Überraschungen des Drehbuchs freuen kann – weil dieses eben alles in allem doch sehr konventionell gestrickt und noch nicht einmal sonderlich komisch inszeniert ist. Sorgt der Crime-Plot aber wenigstens noch für ein paar unterhaltsame Momente, tendiert das romantische Element zur Katastrophe. Dass wir uns Lutz und Annette nur mit viel Fantasie als glückliches Paar vorstellen können, mag noch verziehen werden. Dass Annette im Laufe ihrer Entfremdung vom Hauptverdächtigen aber beinahe auf die Annäherungsversuche des widerlichen Macho-Cops Lothar hereinfällt, lässt die weibliche Hauptfigur zu einem hoffnungslosen und längst für überholt geglaubten Frauenklischee verkommen.

Vor dem Hintergrund dieser problematischen Mischung aus Krimi- und Liebeskomödie kann dann auch ein vermeintlich ernstes Familiendrama kaum mehr funktionieren. Spätestens mit der Schlussszene zeigt uns Endemann, wie er dieses Drama verstanden haben will, und weist überdeutlich auf seine Inspirationsquelle hin. Und tatsächlich: Tim Burtons Big Fish (2002) teilt mit Vater Morgana nicht nur das Sujet einer problematischen Vater-Sohn-Beziehung und das Motiv einer Vaterfigur mit Doppelleben, sondern auch den Ansatz, eine tragische Geschichte mit vorwiegend komischen Mitteln zu erzählen. Qualitativ vergleichbar sind die beiden Werke nicht annähernd. Zwar ist auch bei Burton das zerrüttete Verhältnis zwischen Vater und Sohn zunächst eine Unterstellung, sie wird jedoch im Laufe des Films erfahrbar gemacht: Der Rückblick auf das Leben des Vaters vermittelt die schließliche Versöhnung mit seinem Sohn.
In Vater Morgana bleibt uns dieser Rückblick verwehrt, und wir erfahren vom zerrütteten Verhältnis nur durch einen einführenden Monolog und einige wenige Andeutungen. Die Beziehung zwischen Lutz und Walter ordnet sich dem gezwungen originellen Plot unter und begräbt damit auch das dramatische Potenzial des Films. Während hinter Albert Finneys skurrilen Episoden in Big Fish noch das Festhalten seiner Figur an einer fantastische Wahrheit jenseits der schnöden Realität steckte, bleibt Walthers Charakter oberflächlich. Gwisdek verleiht ihm zumindest noch den anarchischen Charme eines Fleisch gewordenen Abe Simpson – aber auch seine amüsante Darstellung ist diesem insgesamt konfusen Film nur ein weiterer Fluchtpunkt und keine Rettung.
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