The Message – Kritik
Berlinale 2025 – Wettbewerb: Die kleine Anika kann womöglich telepathisch mit lebendigen und toten Tieren kommunizieren. Der argentinische Film The Message von Iván Fund macht aus dieser schönen Prämisse ein betont undramatisches slow-cinema-Drama.

Es muss ja nicht immer „a girl and a gun“ sein. Die Formel von Iván Funds Wettbewerbs-Beitrag The Message (El mensaje) lautet eher: „A girl and a hedgehog“. Auf dem Poster zum Film ist die etwa 10-jährige Anika (Anika Bootz) mit einem Igel zu sehen. Das erste Foto auf der Berlinale-Seite zum Film zeigt Anika wiederum mit einem Capybara – jenem Tier, das vor zehn Jahren noch niemand kannte, das seitdem aber on- und offline zum Meme- und Kultobjekt geworden ist. In den Szenen, wenn diese beiden Tiere im Film erscheinen, geht ein „Awwww“ durch den Kinosaal. Doch solche Höhepunkte sind rar in The Message – zudem hat das Wasserschwein erst nach etwa 65 Minuten seinen Auftritt, der Igel noch einen Tick später.
Im Schneckentempo durch die Pampa

Bis dahin mäandert das in Schwarz-Weiß gefilmte Road Movie im zweiten Gang durch’s argentinische Hinterland. Der Plot folgt an sich Anika und ihren zwei etwa 60-jährigen Begleitpersonen, die mit einem Van durch die Pampa fahren und für kleines Geld ihren Service anbieten. Der besteht darin, dass die möglicherweise übersinnlich begabte Anika mit lebenden Schildkröten, verstorbenen Hunden oder verärgerten Katzen kommuniziert – egal, ob sie dem jeweiligen Tier physisch begegnet oder sich ein per Mail zugesandtes Foto anschaut. Ihre Begleiterin Myriam (Mara Bestelli) schickt die – mitunter wirren – Nachrichten dann als Voice Message an die Kunden, ehe sich ihr Mann Roger (Marcelo Subiotto) um den Abrechnungsprozess kümmert.
Leider bekommen wir von all dem herzlich wenig zu sehen. Stattdessen blicken wir minutenlang auf am Straßenrand vorbeirauschende Bäume, auf wortlos herumsitzende Menschen oder – eines der größten Arthouse-Klischees – Personen, die minutenlang ausdruckslos ins Nichts starren. Dazu erklingt immer wieder dasselbe kontemplative Trompetensolo oder, alternativ, You were always on my mind von den Pet Shop Boys.
Wende nach einer Stunde Laufzeit

Süße Tiere und eine tolle Prämisse rund um Spezies-übergreifende, telepathische Kommunikation: The Message hat eigentlich alle Voraussetzungen für einen guten Film. Doch Iván Fund setzt alles daran, ja keinen dramatischen Bogen entstehen zu lassen oder gar das Publikum zu unterhalten. Stattdessen braucht er 60 Minuten, um den (weitgehend konfliktlos ausgetragenen) zentralen Konflikt halbwegs zu entwickeln. Zu diesem Zeitpunkt mag es einigen im Kinosaal längst egal sein, wie die Antworten auf die beiden Kernfragen des Films lauten: In welchem Verhältnis stehen Anika und ihre BegleiterInnen zueinander? Und kann das Mädchen wirklich mit Tieren kommunizieren – oder ist das alles nur eine Betrugsmasche, um in der (permanenten) argentinischen Wirtschaftskrise über die Runden zu kommen?
Wer bis dahin durchhält, wird allerdings im letzten Drittel belohnt. Ungefähr ab dem Auftritt des Capybaras beweist The Message, dass slow cinema keineswegs langatmig und affektfrei sein muss. Denn kaum ist der Konflikt endlich etabliert, entwickelt sich eine der Figuren entscheidend weiter und wirft einer anderen Person einen Blick zu, der Emotionen ins Gesicht des Gegenübers (und ins Publikum) spült. Und endlich macht sich auch das Schwarz-Weiß bezahlt, wenn wir auf einen Glühwürmchen-Schwarm blicken, der sich mit seinem Leuchten und seinem rasanten, chaotischen Flugverhalten vom starren, pechschwarzen Himmel absetzt. Diese narrativen und visuellen Ideen hätten einen schönen Kurzfilm ergeben können. Doch auf Spielfilmlänge gestreckt, ist das Ganze eher frustrierend karg und abweisend – gerade in einem Berlinale-Jahrgang, in dem ein anderer Wettbewerbs-Beitrag bereits gezeigt hat, wie aus einer Telepathie-Prämisse ein grandioser Film entstehen kann.
Neue Kritiken

The Smashing Machine

Trains

Nuestra Tierra

While The Green Grass Grows (Parts 1+6)
Trailer zu „The Message“

Trailer ansehen (1)
Bilder




zur Galerie (6 Bilder)
Neue Trailer
Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.