Das Hausmädchen – Kritik
Ein junges Mädchen wird von einem Mann aus der Oberschicht verführt und ins Unglück gestürzt. Ihre Rache ist fürchterlich.

Das Hausmädchen ist das Remake eines Klassikers der südkoreanischen Filmgeschichte, Kim Ki-youngs Hanyo von 1960 (man kann den Film dank der Bemühungen von Martin Scorseses World Cinema Foundation in sehr guter Qualität online sehen, bei Mubi, und zwar gratis: Es lohnt sich.). Im Zentrum beider Filme steht die in die Katastrophe führende Affäre eines Ehemannes mit dem Hausmädchen seiner Familie.
In der neuen Version, von Im San-soo in geschmackvollen Hochglanzbildern erzählt, läuft die Geschichte aber unter umgekehrten Vorzeichen ab: Das Mädchen Eun-yi (Jeon Do-youn), im Original eine diabolische, zutiefst destruktive Figur, ist nun passiv, fast masochistisch. Ihre sexuelle Energie ist transformiert in sexuelle Hörigkeit, in die freiwillige Einordnung in ein männlich-weibliches Beuteschema. Es ist der Mann, der sie verführt, nicht mehr umgekehrt, und Das Hausmädchen liefert dazu die entsprechenden Bilder: Upskirt, feuchte Haut, die Frau auf den Knien. Man muss schon fragen, wohin diese komplette Umbewertung führen soll. Die Wendung hin zum Diabolischen kommt dann gegen Ende ja doch, und zwar sehr radikal, in einer um das schreckhafte Aufstöhnen des Kinopublikums geradezu buhlenden Szene, aber auch arg plötzlich.

Ein weiterer Unterschied ist das soziale Milieu. Die Familie in Das Hausmädchen ist absurd reich, mit Kronleuchtern in gefährlicher Deckenhöhe und einem größenwahnsinnigen Kamin. Der Ehemann hat eine Vorliebe für teure Weine und ist in den meisten Szenen mit einem Glas zu sehen, das er auch dann nicht abstellt, wenn Eun-yi an ihm schlüpfrig inszenierte sexuelle Gefälligkeiten ausführt. Auf dem Filmplakat ist eine Weinflasche deutlich als Phallussymbol eingesetzt. „Die Männer in seiner Familie sind es gewohnt, immer alles zu kriegen, was sie wollen“, heißt es einmal über ihn.
Die hochschwangere Ehefrau ist eine verwöhnte, statusversessene Göre, die stets auf ihre manipulative Mutter hört. Ehemann und Ehefrau zusammen ergeben aber nicht viel mehr als den abgedroschenen Sinnspruch, dass Geld den Charakter verderbe. Oder geht es darum, die fast schon mythische Figur des sexuell verführerischen Hausmädchens, gegen dessen Ausstrahlung Hausherren aller Zeiten und Länder hilflos waren, fest in der sozialen Realität zu verankern und zu zeigen, wie die Machtverhältnisse zwischen Herr und Mädchen, zwischen Oberschicht und Unterklasse wirklich sind?

Von den kalten Analysen der Bourgeoisie eines Chabrol ist das jedenfalls weit entfernt. Und die Hitchcock-Referenzen erschöpfen sich in der Figur der älteren Hausdame, die die junge Eun-yi mit stoischer Kälte empfängt; eine schwache Reminiszenz an Mrs. Danvers aus Rebecca (1940).
Die atmosphärische Dichte des Originals von 1960 erreicht Das Hausmädchen an keiner Stelle, zu sehr ist der Film bemüht, das für die damalige Zeit Schockierende, Kontroverse in die Gegenwart zu übersetzen. In der ersten Hälfte konzentriert er sich deshalb auf recht deutliche Sexszenen und versucht sich am Genre des Erotik-Thrillers. In der zweiten Hälfte geht es dann um die Gemeinheiten, die die in ihrem Oberschicht-Dünkel zusammenhaltende Familie sich für die vom Hausherrn schwangere Eun-yi ausdenkt.

Ganz am Schluss, nach dem dramaturgischen Höhepunkt, und das ist dann doch überraschend, folgt noch eine tableauartige, sehr seltsame Szene, die wie ein surrealer Epilog daherkommt und tatsächlich als formale Modernisierung der arg didaktischen Traum-Auflösung im Original funktionieren könnte. Aber leider beginnt an dieser Stelle der Film nicht, sondern er endet.
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