The Equalizer 3 - The Final Chapter – Kritik
Kein Actionfilm, sondern eine Oper: The Equalizer 3 schickt seinen Helden als Todesengel in den Himmel und lässt ihn gegen den Teufel antreten – bevor er ihn auf grenzwahnsinnige Weise heiligspricht.

John Wick sei nicht der Boogeyman, sondern der, der losgeschickt wird, wenn der Boogeyman getötet werden soll – so wird es bei seinem ersten Kinoauftritt 2014 ehrfurchtsvoll festgestellt. In der Unterwelt trägt er den Beinamen Baba Yaga, weil er quasi weniger Mensch als mythischer Todesbringer sei. Unbestreitbar ist, dass er all seine Widersacher und deren unzählige Handlanger in inzwischen vier Filmen ins Grab gebracht hat. Da er sich aber Gegner für Gegner durch die Massen kämpfen muss, da er Wunden davonträgt und reichlich Mühe hat, wirkt er nie wie die übernatürliche, unantastbare Macht seines Rufs, sondern schlicht wie ein immer noch menschlicher Actionheld.
Robert McCall (Denzel Washington) brachte 2014 als The Equalizer seinen hilflosen Opfern Schmerz und Tod, ohne dass sie ihm etwas entgegensetzen konnten. Zumindest bis er auf halber Strecke einen ebenbürtigen Widersacher vor die Nase gesetzt bekam, sodass er sich beim Finale doch mühevoll im Dreck wälzen musste. Diese Anstrengung wie seine Verwundbarkeit gaben ihm Körperlich- und damit Menschlichkeit. Auch McCall musste ein Actionheld sein. Die weit weniger konzentrierte Fortsetzung von 2018 brachte ihm mehr Actionszenen und mehr Gegner auf Augenhöhe. Und doch war etwas anders. Den Endkampf im Taifun, das Aufeinandertreffen der Übermenschen meisterte er deutlich souveräner. Er wurde ungreifbarer, mythischer.
Keine Kämpfe, nur Terror und Tod

The Equalizer 3 beginnt nun mit einem Schlachtfeld und nicht mit der Schlacht. Ein Mafiaboss kehrt auf sein Gut zurück und findet auf dem langen Weg vom Hof in den Weinkeller Leiche um Leiche – die Kamera macht es zur genüsslichen Präsentation des Entsetzens. Wir wissen, was das Familienoberhaupt nicht weiß, dass auf ihn kein Einsatzkommando wartet, kein Monster, keine Naturkatastrophe – sondern Robert McCall, ein alter Mann mit weißen Haarstoppeln auf der Glatze, der eher unbeholfen aussieht, wenn er, wie später im Film, etwa Treppen hinaufrennt. Es ist der passende Auftakt für ein Werk, in dem es keine Kämpfe geben wird, in dem nur Terror und Tod gebracht werden. Denn Robert McCall ist in diesem dritten Teil kein Actionheld mehr, sondern ein Engel des Todes.
Nach den Opening Credits, nachdem er besagten Weinkeller verlässt, stirbt er. Weil er, der sonst alles einkalkuliert, der stets Kontrolle über die Situation besitzt, eine Option nicht mit einrechnet. Er erwacht daraufhin im Paradies. Nominell im Bett eines Arztes in einer kleinen sizilianischen Küstenstadt, wo er sich bald einzuleben beginnt. Doch wird kein Zweifel daran gelassen, dass es der Himmel ist, wo er gelandet ist. (Fast) überall finden sich nur charmante Menschen, die einander helfen. Holdseliger Italo-Pop läuft auf der Tonspur. Das einfache Leben herrscht, in dem man nichts zu tun hat als zu schlendern und sich ins Café zu setzen. In dem McCall auch mal seine Neurose und seine strenge Diät in Maßen hinter sich lassen darf. Die alte, verwinkelte Architektur macht aus dieser Stadt der Freunde eine sich umschmiegende, wunderschöne, exotische Antiquität.
In einer anderen Dimension bekommt McCall auch seine Ersatzfamilie beim CIA zurück, die ihm im vorherigen Teil genommen wurde. Hier wird eine Form von Harmonie geschaffen, wie sie früher die einstündigen Folgen von Ein Engel auf Erden bis Mord ist ihr Hobby bestimmt hat. Unser Todesengel ist nämlich auch derjenige, der nur wieder in ein weiteres Abenteuer stolpern und den Ausgebeuteten der Welt etwas Glück bringen darf. Der den Status quo einer heilen Welt mal wieder, ein ums andere Mal, wiederherstellen darf.
Protofaschistische Anordnung

Aber die beiden Träume von Seligkeit werden selbstredend – und nicht weniger klischeebeladen – bedroht. Der lokale Mafiaboss (Andrea Scarduzio) möchte die Einwohner der sizilianischen Stadt vertreiben, um seine Pläne einer Touristenattraktion mit Hotels und Casinos voranzutreiben. Das ist die dünne Erklärung, die pflichtschuldig eingebracht wird. Aber auch bei ihm wird kein Zweifel gelassen, dass er mehr ist, nämlich der Teufel persönlich. Er und seine schrankartigen Handlanger haben vor allem Lust an Gewalt. Während er seinem Bruder zurechtweist, dass der das Schutzgeld nicht ganz so auffällig eintreiben solle, lässt er einen alten, an den Rollstuhl gefesselten Mann aus dem Fenster werfen. In seinem Namen werden Kinder gequält, Polizisten schikaniert. Er finanziert internationalen Terrorismus und kennt keine Zurückhaltung in seinem Machtanspruch. Seine Sportwagensammlung offenbart seine nur nicht zu befriedigende, perverse Sucht nach Besitz. Und natürlich steht eine etwa zwei Meter große Mussolini-Büste in seinem Salon.
Am Rand dieses Aufeinandertreffens von Himmel und Hölle scheint Robert McCall von Gewissensbissen verfolgt, weil er ohne Unterlass tötet. In einen zerbrochenen, blutverschmierten Spiegel wird er schauen und das Grauen seiner Taten sehen. Doch wird alles dafür getan, dass sein moralischer Kompass nie bedroht ist. Hier der Himmel, dort der Teufel – und er kann endlich das sein, was er ist: der Schnitter – oder gleich die Chemotherapie einer krebsbefallenen Welt, die es zu retten gilt. Regisseur Antoine Fuqua ist sicherlich nicht für seine Dezenz und Umsicht bekannt. Diese simple, durchaus protofaschistische Anordnung versucht er auch erst gar nicht zu rechtfertigen, sie wird einfach durchgezogen – wie um sich in einer viel zu komplizierten Welt Einfachheit und Ruhe zu versichern. Der Heimatfilm der 1950er Jahre trug sehr oft einen Hauch von Irrsinn in sich, weil alles Ambivalente und Düstere möglichst fröhlich aus der Welt gekehrt wird. The Equalizer 3 landet bei einer ganz ähnlichen Form von Wahn, wenn er seiner Elegie auf die Zerstörung des Bösen völlig überzogen durchzieht.
Konfrontation mit Colonel Kurtz
Da ist das besagte Bild der Chemotherapie, das offen vom Film kommuniziert wird. McCall wird von den Bildern auf grenzwahnsinnige Weise heiliggesprochen – sein Morden gipfelt in einem buchstäblichen Feuerwerk, das links und rechts hinter einer zentral im Bild stehenden katholischen Heiligenstatue hervorschießt. Fuqua lässt es sich auch nicht nehmen, mehrmals Coppola zu zitieren, beispielsweise wenn Scarduzios Mafiaboss neben einer Blutlache aufwacht oder wenn Denzel Washington nur seitlich vom Kaminfeuer beleuchtet wird, mit der Hand über seine Glatze wischt und die Mafia mit seiner Version von Colonel Kurtz konfrontiert. Überhaupt ist die Inszenierung völlig stilsicher und sucht nicht den wilden Rausch der Gewalt, vielmehr wird uns die eruptive Brutalität bedächtig und genießerisch „geschenkt“.

Kurz: The Equalizer 3 ist kein Actionfilm, sondern eine Oper. Eine Oper, in der ein vormals weltlicher Held seine Apotheose erfährt – überzogener hätte das alles nur noch sein können, wenn ein Gangster von der Mussolini-Büste erschlagen worden wäre. Das Einzige, was ein wenig stört, ist, ironischerweise, die Musik. Vom Italo-Pop und einem ganz brauchbaren Terror-und-Stress-Thema abgesehen, ist die nämlich weder himmlisch noch teuflisch, sondern ziemlich lauwarm.
Neue Kritiken

One Battle After Another

Animale

Miroirs No. 3

Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes
Trailer zu „The Equalizer 3 - The Final Chapter“

Trailer ansehen (1)
Bilder




zur Galerie (11 Bilder)
Neue Trailer
Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.