Star Wars: Die letzten Jedi – Kritik
Den Jedi dämmert langsam, dass sie selbst die Geißel der Galaxis sein könnten. Star Wars: Episode VIII deutet ein Ende davon an – doch vorerst pusht die Macht noch einmal alles in einen ausschweifenden Recycling-Loop.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber, wie eine gallige Umkehrung der Redensart lautet, sie stirbt. Diese Aussicht besteht bei Star Wars kaum: Die Geschichte mag sich noch so oft als Farce wiederholen, there always will be a new hope. So wie sich aus den Trümmern des Imperiums eine noch operettenhaftere First Order emporhebt, so wird auch die Resistance sich bald schon wieder Rebellion nennen und in die rostigen X-Wing-Fighter klettern, um in einer immer schon nahezu dezimierten Flotte tapfer und listig Widerstand zu leisten. Und so wird es auch wieder einen oder eine letzte Jedi geben, auf dessen oder deren schmalen Schultern die Aufgabe ruht, den tödlichen Konflikt zu beenden. Bis zum nächsten Reboot: Auf irgendeinem Planeten schaut ein abenteuerhungriges Kind jetzt schon sehnsüchtig zu den Sternen und macht sich bereit.
Aufgeschobene Verweltlichung

Einer, der die Bürde des Neue-Hoffnung-Seins wie kein anderer kennt, der sich zum eremitenhaften Dahindämmern auf den am schwersten zugänglichen Planeten der Galaxis zurückgezogen hat, will all dem ein Ende machen. Wenn Luke Skywalker (Mark Hamill) sein altes Lichtschwert, das ihm Rey (Daisy Ridley) auf dem windigen Gipfel einer Felseninsel in die Hand drückt – Die letzten Jedi knüpft hier direkt an die Schlussszene des Vorgängers an –, mit verächtlicher Miene wegschleudert, ist das mehr als nur eine Absage, wie sie im Kino noch jeder alte Meister einer ausbildungswilligen Novizin erst mal erteilt. In den antiken Schriften, die er in seinen Katakomben hortet, hat Luke eine viel weiter reichende Option entdeckt: Es könnte ein Ende nehmen mit den Jedi, die, so der von Mark Hamill resigniert in den Bart gebrummelte Befund, der Galaxis nur Unglück gebracht hätten und im entscheidenden Moment stets versagt.

Dass die Säkularisierung vorerst nicht stattfindet, kann man wohl risikolos spoilern. Dem Mittelteil der neuen Trilogie muss wenigstens noch ein Film folgen, und ein Werk aus dem Hause Disney wird vorerst kein Star Wars Movie to end all Star Wars Movies. So stürzt sich auch Rian Johnson in seinem 150-Minuten-Marathon, und weitschweifiger denn je, ins Mythen-Recycling. Die Macht motzt er dabei zur alle raumzeitlichen Grenzen überwindenden Superheldenkraft auf, von der gerade Luke, trotz aller Skrupel, dann doch ausgiebig Gebrauch macht. Eine Überraschung dabei ist, dass der so oft als schauspielerisch limitiert bezeichnete Mark Hamill der jungen Generation hier mehr die Schau stiehlt als vormals Harrison Ford in Das Erwachen der Macht.
Erschöpfung der Aufmerksamkeit

Im Zentrum des Films steht die Konfrontation zwischen Rey und dem immer noch wild zerrissenen Vader-Enkel und Vatermörder Kylo Ren (Adam Driver), mit Luke und dem immer noch mehr grotesken als gruseligen CGI-Bösewicht Snoke als Mentoren. Flankiert wird sie von den Geschehnissen um die von Leias (Carrie Fisher) durchs All gejagte Raumflotte und um ein Guerilla-Kommando auf der Jagd nach einem Code, der den neuen Überlichtgeschwindigkeits-Tracker der Bösen sabotieren soll.

Ein in parallele Stränge gesplitteter Plot hat in Star Wars Tradition, und auf Synchronizität und Kohärenz durfte man dabei noch nie achten. Was aber etwa in Das Imperium schlägt zurück (1980) noch über Hyperraum- und Plotholes hinweg dramatischen Drive hatte, das ist in Die letzten Jedi derart mit Handlung und Figuren überfüllt, dass sich die Plotlinien trotz fluider Montage vor allem ins Gehege kommen. Speziell der Stoßtrupp-Strang um Ex-Stormtrooper Finn (John Boyega) und die neu eingeführte Rose (Kelly Marie Tran) – durch den sich bald noch ein unrasierter Benicio del Toro als Hacker und Söldner halunkt –, erschöpft auf einem schön zwielichtig illuminierten Spielcasino-Planeten vor allem die Aufmerksamkeitsreserven des Publikums.
Kleine Verschiebungen

Die letzten Jedi ist kein so direktes Remake von Imperium, wie sein Vorgänger eines von Eine neue Hoffnung (1977) war. Zugleich hat es vielleicht noch weniger Sinn, von einer linearen Fortsetzung zu sprechen. Die aus der Originaltrilogie vertrauten Szenarien sind in der neuen Reihe auf übers All verteilten Story-Arc-Inseln gestrandet, die sich immer wieder neu konfigurieren, die Parameter etwas verschieben, die Set Designs ein wenig ummodeln – visuell wirkt der Film übrigens viel düsterer, als er auf Handlungsebene ist –, die salbungsvollen Sätze etwas anders gewichten, die Gut-und-Böse-Rollen etwas anders aufstellen.

Die kleinen Verschiebungen in Die letzten Jedi gehen dabei größtenteils in eine interessante Richtung. Manche der im Vorgänger aufgebauten Mysterien hakt er mit einem trockenen Schulterzucken ab. Dafür setzt er den dort eingeschlagenen Weg zu mehr Diversity fort, es gibt einen deutlichen Zuwachs an weiblichen Figuren auf allen Hierarchieebenen, und Kooperation und Solidarität zwischen mit Makeln behafteten Menschen werden – ein Vorschein auf die Post-Jedi-Gesellschaft? – in vielen Szenen wichtiger denn je.
Ein Aufbruch zu neuen Ufern ist der Film aber sicher nicht. Ja, ein paar zentrale Charaktere treffen überraschende Entscheidungen. Aber die stets vom Bösen gefährdeten Guten, die aus bester Absicht das Schlimmste bewirken, gehören zur DNA der Saga, seit Luke in der Baumhöhle aus Episode V seinem bösen Ich begegnete. Ebenso die zwiegespaltenen Bösen, die im entscheidenden Moment ihre eigenen Verwandten dann doch nicht töten können. Und ob es wirklich eine Befreiung ist, wenn man nicht mal mehr Skywalker heißen muss, um auserwählt zu sein? Gerade Rey, der vielversprechendsten Figur aus Erwachen, wird in diesem Film – trotz ein paar beeindruckender Seelenklempner-Dialoge mit Kylo in einem auf furiose Weise Lichtjahre überbrückenden Schuss-Gegenschuss – im Ganzen zu oft die Luft abgeschnürt.

Loslassen und festhalten
Als früherer Fan ist man wahrscheinlich lebenslänglich korrumpiert – man sucht nach Möglichkeiten, das Gefühl der Ernüchterung als vom Film gewollt zu beschreiben. Und zugleich will man sich noch einmal einklinken in den immersiven Sog, der für Scharen von Zehnjährigen eine ebenso durchschüttelnde Ganzkörper- und Ganzseelenerfahrung werden wird wie seinerzeit für einen selbst. Natürlich gibt es mit physischer Wucht und auf den Punkt inszenierte Kampfszenen, und selbst das in seiner Selbstzweckhaftigkeit etwas nervige Comic-Relief (kurz gefasst: die Tribbles aus Star Trek heißen jetzt Porgs und machen Chewbacca zum Vegetarier) landet ein paar Treffer. Doch obwohl es nicht die feine filmkritische Art ist, die eigene Befindlichkeit an einen Film heranzutragen: Wenn etwa Snoke sagt, sein Schüler Kylo solle doch diese ridiculous mask endlich abnehmen, und es selbst Darth Vaders Enkel bei seinem mit ausgestreckter Hand vorgebrachten Angebot, „über die Galaxis zu herrschen“, vor allem ums Loslassen geht, dann bilde ich mir gerne ein, dass die Figuren etwas von meiner Müdigkeit teilen, dass etwas von Lukes Wunsch, den Überbau hinter sich zu lassen, ihre Stimmung ansteckt.
Wie schwer dagegen den Machern von Der letzten Jedi das Loslassen fällt, zeigt ihr Umgang mit dem Tod von Carrie Fisher: Eine Szene, die wie eine Weltraumbestattung beginnt und für ein paar Sekunden der traurigste und ergreifendste Moment des Films ist, wird zu einer Auferstehung, die sowohl dem Andenken der Schauspielerin wie der suspension of disbelief einen zwiespältigen Dienst erweist.
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